(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 9. Jahrgang, Heft 1/2, 1959

Der „freudenreiche" Kirchenraum der Stiftskirche Wilhering mit Blick auf Altar l\1oses, die vier Großen P ropheten, David und den heilige n J o- hannes den Täufer. Unterha lb dieser Gruppe folgt die Schar d er Apostel, ferner rechts di e heiligen M a rtyrer, r epräsentiert durch Fabian, Sebastian, La urentius, Stephanus, Florian, Georg u. a . Im untersten di e Gruppe der Bekenner bzw. Ordensgründer, Benedikt, Bernhard , l gna tius, J oha nnes von Tepomuk, Dominikus, Franziskus und Augustinus und der heili ge Antonius von Padua. Bei dieser Gruppe sehen wir a uch den he iligen Leopold , den Gründer der Klöster Klosterneuburg, H eiligenkreuz und Melk . Den auserwähltesten Pl atz g leich nebe n de r Gottesmu tter nehmen die heiligen Jungfr a uen ein. Auf einem Stuckbogen am oberen Rand des Freskos, gegen di e Choro rgel hin, lesen wir di e Signatur „B. Altomonte pinxit 1741 " . Der jüngere Altomonte ze ig t sich hi er a ls hervorragender M eister d er Kompos iti on und Farbgebung. Seine gründliche Ausbidung, die er in Itali en genoß, kam hi er zur g lä nzenden Geltung. * Zwischen Ammersee und d em H ohen Peißenberg, a uf der Straße von La ndsberg nac h ·w e ilhe im , war im 17. und 18. Jahr- hundert die Ortscha ft \ 1 Vessobrunn berühmt durch ihre Stukka- teure und M aurer. Mittenwa Ld erreichte in ähnlicher Weise Berühmtheit durch se ine Ge igenbauer und Oberammergau durch seine H errgo ttsschnitzer . Abt J oha nn es Bapti st Hinterhölz l ha tte ein offenes Auge und ein wachsames Ohr für das künstlerische Leben seiner Ze it. Er hörte vo n der Künstlersc haft zweier genialer M eister dieser Schule, von J ohann Geo rg Übelherr und Johann Michael Feichtmayr. Der kunstsinnige Ba uherr leg te d en größten \t\Tert darauf, diese mod ernen Künstler für di e Ausschmückung se iner Kirche zu gewi nnen . Mit einer wahren M eisterscha ft ver- standen es da nn di e \t\Tessobrunner, d as typisc h baye rische Rokoko mit dem bereits vorhandenen österreichischen Spätbarock und Rokoko zu ve rbind en, ohne einen Bruch im Dekorat ionsplan herbeizuführen. Johann Georg Ü belherr wurde am 21. 4 . 1700 in Wessobrunn geboren. In d en J ahren 1743 /49 wa r e r zusammen mit Johann Michael Feichtmayr für B. Neumann in der Abteikirche von Münsterschwa rzach tätig. Der Thronsaa l der für stlich en Abtei K empten im Allgäu er hi elt von ihm einen selten reichen Stuck.- schmuck. Er war auch M ita rbeiter von J oh. Bapt. Zimmermann bei der Ausschmückung d er „Reichen Zimmer" in d er Münchner Residenz. Mit J ohann Mi chael und Franz Xaver Feichtma yr stukkierte er di e Ki rc he und di e Sakri stei von Dießen am Ammer- see. Stilistische Hinweise bezeugen, d aß er a n der Ausschmückung der Kirche v~n Andechs weitgehend beteiligt ist. Fest steht vor a ll em auch seine Mitarbeit am Hocha ltar der Wieskirche, für di e er außerdem di e g roßa rtigen ko rinthi sc hen K apitelle sc huf. In Ettal erbaute d er \t\lessob runner Jose f Schmutzer den ha rmonisch geschlossenen R aum des Gotteshauses u nd Übelherr stukkierte und zie,·te ihn außergewöhnlich flü ssig und feingefühlt, wie wir es besonders a n der Orgelempore bewundern können. In Vierzehn- heiligen war Übelherr am Bau d es be rühmten Nothelferaltars beteilig t, indem er Modell e für di e H ei ligenfiguren h erstellte. Am 27. 4. 1763 starb Übe lherr zu Steinbach an der Ill er im La nd- kreis l\1emmingen. Im dorti gen Nekrolog ium wird er „vir vere pius et devo tus ergo B. V. M. (bea tam Virginem Mariam)" genannt. Sein ebenbürtiger Mitarbeiter wa1- J oha nn M ichael Feichtmayr, geboren zu H a id bei Wessobrunn . A ls se in Tauftag g ilt der 32 5. 8. 1709 oder der 25. 9. 1710. Seit 1740 war er in Augsburg tät ig. 1743 arbeitete er in d er Abteikirche zu Münsterschwarzach, 1752 /55 in Bruchsal im Schloß und in d er Peterskirche für Ba ltha - sar Neumann. Feichtmayr war auch Leiter d er Stuckarbeiten in der Benedik- tinerkirche von Zwiefalten in Oberschwaben. Fü r Ottobeuren bei Augsburg entwarf er das großartige Chorgestüh l, das eines der sc hönsten in ganz Deutschland ist. Hier ve rfer t igte er auch zahl- re iche lebens- und übe rl ebensgroße Alta r- und Engelsf iguren vo n ,,ausgelassener und fröhlicher Drast ik" . Ein st ilistischer Vergleich leg t uns di e Vermutung nahe, d a ß der Künstler auch den Entwurf für das kunstvolle Chorgestühl d er \1\/ilheringer Kirche a nfertigte. Ausgeführt wurde es vo n den beiden Laienbrüdern Eugen Dunge und Laurentius Zell , di e aus d er Rheinpfalz gebürtig waren. Beide waren ausgezeichnete Kunstschreiner. Zur Ausführung der Stuckarbe iten an der gro ßen Langhausdecke hatte der Abt zunächst den bedeutenden innerösterreichischen Stukkateur Fra nz J osef l gnat ius H o lzinge r berufen . Di eser zeichnete sich durch hervorrage nde Leistungen aus : 171 9 und 1922 wird er bei den Arbeiten für die Dreifalti gkeitskirche in Lambach genannt, zwischen 1720 und 1724 wa r e r im Kloster Me tten in iederbaye rn tätig, 1728 - 1733 schuf er die Stukkaturen der Klosterkirche Vornbac h am Inn, 1734 - 1735 war er im Kloster Altenburg in Niederöste r reich tä tig, und in den J a hren 1725 - 1750 verfertigte er di e reichen Stuckarbeiten in den Kai se rzimmern von St. Florian. Wir sehen, Hol zinger war kein Neuling, a ls er im Jahre 1739 begann, das \ ,Vilheringe r La nghaus mit Stuck- dekoration zu schmücken. Er ve rwendete e in reichbelebtes Ba nd- werk, das mit Vorliebe in Aka nthusranken endigt . Der Prunk, der in d er Wilheringer Kirche entfaltet wird, ist wohl re ich, aber nicht a ufdringlich oder überschä umend. \IVi e in einem herrl ichen Panoram a gleitet der Blick des Beschauers von e iner Schönheit zur anderen, vo n einer anmutig bewegten Figuren- g ruppe zur aufgelösten Stuckdekoration und vo n hier zu einem farbprächtigen Bild. Gewiß, di eses Gotteshaus imponie1-t nicht durch Größe, es reicht z. B. weit nicht heran an die Monumen- talität der Benedik tinerkirche vo n Ottobeu ren (90 x60 m ) , ni cht an Vierzehnheiligen bei Bamberg, a uch nicht a n das gleiche1-- maßen wuchtige und zierliche Zwiefalten, es hat nicht·s von der barocken Wucht d er Melker Stiftski rche. Architektonisch ze ig t es nicht den Pha ntasiereich tum, di e Kühnheit und Genialitä t der Wieskirche oder d eren Schwesterkirche vo n Steinhausen . In \IVilhering waren dem pla nenden Architekten feste Grenzen im Grundriß vorgezeichnet, da zum Teil das a lte Mauerwerk de r romanischen Kirche beim Neuba u m itbenützt werden so llte. Wo es möglich ist, bemühten sich Maler und Stukkateure, Bau- meister und Bildner den Zentralbaugedanken noch mitschwingen zu lassen. Chor raum und Seitensc hiffe wurden ha lbellipsenförmig erweitert, Piedesta l, Kapitelle, Stuckumrahmungen vo n Fresken wurden mit kurvigen Schwüngen ve rsehen, um di e kre isende Bewegung im Raum nac h Möglichkeit nac hzuholen. Dennoch w irken die Seitenschiffe fast wie e igene R äume. \,Vas nun die eigent li che Dekoration betrifft, so sind hie r in Wilhering Farbe und Stuck zu R epräsentanten einer prunkvoll en Ba ufreudigkeit ge- worden, die - wenigstens ni cht ohne Verletzung des guten Geschmacks - ni cht mehr überboten we rd en konnte. Vva r die Architektur in Schranken gewiesen, so trieben Farben und Stuck

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