(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 9. Jahrgang, Heft 1/2, 1959
zu gehen pfl egte, na hm sie den H eimkehre r bei der H a nd. Es konnte nu r so sein, da ß sie mi t ihm di esen Weg ging, um ein Letz- tes zu erfah ren. U nd es kam a lso: in der Weile, da sie mi t ihm zwischen d en O bst- bäumen, Beeten und Brombeerst rä uchern schri tt und er mit einer sonderba ren, fas t nicht zu ihm gehörenden Stimme meinte, daß sich auch hier wie in Hof und H aus ka um etwas veränder t habe, blickte Frau Agath das erste Mal a us gesammelten Augen zu ihm au f. U nd d a sie sein Ges ich t mit den Blicken umfa ßte, wußte sie, was sie von Anfang an gewußt hatte, a ls er vor sie h ingetreten war: sie wuß te, daß er nich t ihr Sohn war. Was ha lf es, daß er Crispin gli ch in Gestalt und Gebärde, und was tat es, daß die Leute, die ihn mit Daniele auf dem Wagen durch den O r t ha tten fahren gesehen, immer wi eder die K öpfe in d en Hof steckten! Frau Agne te Agath, die Mutter, wußte mehr : ihr Sohn Crispin war tot wie der Apfelbaum, vor dessen H ügel sie j etzt verhielt. Doch siehe, ehe sich ihr di e Wor te füg ten, dem Fremden zu be- deu ten, daß er nich t der sei, für den Da niele ihn ha lte, geschah es , daß er selber heraustrat aus dem ihn umgebenden Geheimnis. Er heiße nich t Crispin Agath, sagte er; er sei vielmehr gekommen , ein Versp rechen einzulösen, d as sie, Crispin und er , sich vor dem letzten Patrouillengang gegeben. Cri spin sei gefallen, er in Ge- fangensc haft gera ten. Und nun, den Dra htverhauen entflohen , sei sein erster vVeg hierher, da ß d es langen und endlosen Wartens 1 ~ ~-=-= i - ,, / I -- 1/ ' //:.::C- _- - ' /2 ein E nde sei. Denn da ß Da niele gewartet habe bis zu r Stunde, sei ihm bewußt geword en in der Weile des Willkomms a uf d em Felde. Er habe es n icht über sich b r ingen können, ihr d as unnenn- bare Glück durch eine Andeu tung oder gar durch eine ka lte Er- klä rung zu zerstören, und er bitte daher sie, di e Mut te r seines K ameraden, es Daniele anzuve rtrauen auf ihre Weise . Er selbst wo lle nicht dabei sein, denn er könne nicht nehmen, was er ein p aar H erzschläge lang zu geben di e Gnade gehabt. Frau Aga th schwieg eine la nge, la nge Weile und blickte, über d en kl ei nen H ügel hinweg, in eine Ferne, über der sich schon di e ers ten Sterne sammelten . Und a ls empfange sie aus dem R eich dort d ie Antwor t, di e den M enschen heraushebt aus der Stunde, nahm sie Spaten und R echen und begann d en kleinen Hügel, d er für sie e in Grab war , einzuebnen. „Ich ha be vom ersten Augenblick an gewußt, da ß du nicht Crispin bist" , sagte sie. ,, Ich habe aber auch gewußt, da ß du bis t . .. wie e r ." Damit strich sie mit der H and über die Erd e, wo der Apfelbaum vormals vor d em Leben gestanden, tat den Arm d ann um d ie Schulte r des Mannes m it dem D ri llichanzug und ging mit ihm wie eine Mutter m it ihrem Sohne ins H aus, ahnend, d a ß er es nie mehr verl assen werd e. Denn fü r sie war er an Crispins Sta t t heim- gekehr t in den Schoß einer Liebenden, daß wieder ein Baum ge- pfla nzt werde in das Leben. IL LUSTRAT I ON FR I TZ A IG NER 23
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