(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 8. Jahrgang, Heft 1/2, 1958
Nac hw o rt: Zur vorstehenden Schilderung seien noch nachstehende T atsachen erwähnt: l . Die kleine H andlung ist fr ei erfund en . Ebenso sind di e Namen der Per sonen a us a lten Wurzelwörtern frei gebildet. 2. Als Ort der H and lung erschein t das Nordbecken des Attersees mit der Bucht von Kammer! und d em gegenüberli egenden Ufer von Seewalch en. In Kam- mer! und Seewalchen befanden sich n acho-ewiesener- maßen ri cht ige Pfablbaudörfer. Der P f;h lbau von Kammer! hatte mit größter Wahrscheinli chkeit auch di e Größe des geschilderten Dorfes. Das H eimathaus Vöckl abruck bes itzt 77 Fundstücke, di e von di ese r Stel le stammen . Es sind vor a ll em 4-8 Scherben mit Verzierungen. Auch zwei vollständi ge Gefäße sind vo rhanden. Daz u kommen noch zwe i Feuerstein- geräte, 7 Schlagste ine, 15 Flachbeil e, 2 Lochbeil e und ein Ti erzahn. Vor der Gründung des H eimat- hauses erhi elt schon d ie Sammlung M . Schmidt außer vielen Scherben noch ca. 50 Fundstücke, d a runter ein Bronzebe il , ein Hirschgeweihstück und ein gan- zes Gefäß von dieser Stelle. Hi er erri chte te auch der Verein Deutsche Heimat se ine a us 5 Hütten beste- hende Pfahlbaurekonstruktion, di e Baumei ster Lösch a us SchörA ing ausführ te und von 19 10 bi s 1922 bes tand. Das schöne \,\lerk sche iterte schli eßli ch an den hohen Erhaltungskosten , di e ni ch t mehr a ufge- bracht werden konnten. Di e Münchner Monumental- Filmgesell schaft kaufte den verfall enen Bau und li eß ihn am 12. Mai 1922 anzünden und filmte den Brand für einen Film, der unter dem Titel „Sterbend e Völker" heraus kam. Damit fand di ese Pfahlbau- rekonstruktion j enes Ende, das wahrsche inli ch a uch di e einstigen Pfahlbauten n a hmen , nämli ch den Unte rgang durch Brand. D ie dre i Dör fer a m gegen - überli egenden U fer von Seewalchen sind durch viele Hunderte von Funclstü cken bel egt. S ie zogen sich zw ischen einst iger Landungsstel le Seewalchen und V ill a \,\ 1 irnrner, zwischen Bad und Vi ll a Starl inger und entl ang des Schloßparku f'e rs hin . Di e Za hl der Funde und Pfäh le bestät igte die Annahme, daß es sich hi er um große Dörfer handelte. Di e angedeute- ten kleineren S ied lungen bei der Menschikvil la, in der Bucht von Litzlberg und am See-Lciteneck s ind ebenfalls durch einige Funclstücke belegt. Außer- dem gab es a m Attersee noch Pfah lba usiedlungen in \ ,Veyregg und Puschacher, in Attersee und Aufham und in Schwend und Mi sling. Linke Seile: Pfahlbautöpf e vom Att e rsee im Heimathaus Vöcklabruck Plahlboudorf-Modell im Heimathous Vöcklobruck, hergeste ll t on der Uni vers itä t Wien (Fo to Eiersebne r) 3. Als Zeit der Hand lung ist das J a hr 2000 v. Ch r . gewählt. Di eses J a hr fä llt in den Kulturabschn itt der j üngeren Ste inze it, d ie von etwa 6000 - 1800 vo r Chr istus gerechnet wird und s ich durch eine hohe techni sche Beha ndlung der \,\ 1 erkzeuge a us Ste in a us- ze ichnet. U m 2500 v. Chr. hatten sich di e vor- ill yr ischen Bewohner unserer Gegend mit einer ein- gewanderten, n ordisch-ge rmanischen Vo lksg ruppe verm ischt. Dah er hat eine große Zahl d er Fundstücke aus d em Attersee dieselben Formen , wie sie Fund - s tücke haben , di e in n ordischen Museen auf bewahrt werden. Di e Mi schkultur dieser be iden Gruppen spi egelt sich in unse ren Pfahlbauten und in d er vor- li egenden Schi ldenu1g eines Pfahlbauclorfes der Steinzeit wider. Um 1800 v. Chr. kam auch di e Bronze, eine l\l[i schung von Kupfer und Z iru1, in unsere Gegend. Die Bronzen aus den Pfahlba uten beweisen , daß di e Pfahlba uten nicht nur in d er Stein- ze it, sondern a uch noch in der früheren Bronzeze it nach 1800 v. Chr. we iter bestanden. Di e K enntni s d es ersten Me tall es bewirkte na tür lich eine Veränderung der gesamten da mali gen Lebenswe ise und die Schi l- derung eines P fahlbaudor fes der Bronzezeit müßte völli g Neues d arstell en . (Me tallbearbeitung, Block- hausba u u. a .) Di e vorli egende Schi ld er ung beschränkt sich da her aussc hl ießli ch a uf die Ste inzei t, und das Vorkommen von Bronze wurde abs ichtl ich nicht erwähnt. 4. Als grundlegende Quell e benützte der Verfasser selbstverständ lich di e Sa mmlung der Pfahlbaufunde a us dem Attersee im H eimathause Vöck labruck und seine 1938 darüber erschienene Veröffentl ichung ,,Das Vöcklabrucker Heima thaus und se ine Samm- lungen". Di e vo rhandenen 750 Fundstücke wurden vom Verfasser se it 1927 für das H eimathaus gesam- melt. Sie bi lden b is heute die größte Sammlung von Attersee fund cn in Ö sterreich. Die 4000 Funde um- fassende Sammlung M. Schmidt befand sich in Un - garn und g ing hi er durch die Kri egse reign isse bis a ur einen kle inen R est, der an das Landesmuseum in Linz kam, z ugrunde. Kleinere Sammlungen sind a uf viel e Museen zerst reut. Leider s ind a ll e d iese Fundenichtclas Ergebnis einer systemati schen , wissen- schaftli chen Bergung, sondern sie wurden größtente il s von dem ve rsto rbenen Sandfischer T heodor \ ,\fang aus Seewalchen ha lb zurä llig, ha lb gewoll t mit einer langgest ielten H a ue a us dem Seeschl amm herausge- fis cht. Di ese Me thod e ergab selbstverständlich keine Aufschlüsse übe r di e Hausformen und übe r Gegen- stände a us ve rgängl ichen Stoffen. Di e se inerzc iti ge R ekonstrukt ion entsprach daher auch nur einer a llge- me inen Vorstel lung von Pfahlbauten , war aber wei thin bekann t und berühmt. 5. Als weitere Quellen mußten daher di e Ergebn isse der großen w issensch aftli chen Grabungen , wie sie in Süddeutschl and am Bodensee und am Federsee und in der Schwe iz am Egolzwilersee durchgeführt , veröffentlicht und a usgestell t wurden, benützt wer- den . Diese sorgfälti gen , systematischen Grabungen anerkannter Forsche r erzielten neben einer großen Zahl von Funde!'., wie sie a uch am Attersee vo rkamen . a uch solche von Holz, Bast, Gesp inst, Geweben und Sämereien. Durch genaue Bodenuntersuchungen und Pollenanalysen wurden ni cht nur Klima und Vege- tat ion der einzelnen Zeiträ ume erforsch t, sondern es wurde a uch fes tges tell t, daß sich di e Sees pi egel in dem feuchteren K lima d er späteren Zeit rä ume geho- ben hatten und d a ß d a her d ie Pfahlba uten ur- sprüngli ch keine v\lasserbauten, sond ern U ferbauten waren. Es wurden a ber a uch gan ze Fußböden, große Wand- und Dacl'. teile sowie Holzve rbindungen ge- funden , so daß es mögli ch war, ganze Häuser und ihre Einri chtungen zu rekons trui eren . Eine solche R ekon- struktion besteht zur Zeit in Unteruh ldi11gen am Bodensee und umfaßt ein Pfah lbauclorf der Steinze it und e ines der Bronzeze it, di e mit einem Pfahlbau- museurn in Verbindung stehen. Der Erbauer und Leiter dieses einzigen Freilichtmuseums Deutsch- lands ist Professor Dr. Hans R einerth. Ihm verdan kt der Ver fasse r mündl iche und schriftli che Auskünfte. Der mehrmalige Aufenthalt in diesem Museum ve r- vollständigte das Bild, das sich der Verfasser von den Pfahlbauten machte. Ein Großteil gleicher Funde . die gleiche geograph ische Lage und di e Zugehöri g- keit zum gleichen Kulturkreis lassen daher den Schluß zu, daß auch unsere Pfahlbauten b is auf un- wesentli che Einzelheiten das gleich e Bild darbo ten w ie di e von Süddeutschland und der Sch weiz. Der Verfasser hat daher den Versuch unternommen , di eses Bild in e i11 er eingehenden Schild erung darzu- stell en. Vielleicht g ibt er damit der wei te ren Pla hl - bauforschung am Attersee einen neuen Antri eb. Als Quellenwe rke wurden fo lgende Bücher von Prof. Dr. Hans R eine r th verwendet: „Di e Pfahlbauten a m Bodensee", l955. - ,,Das Federseemoor a ls S ied lungsland des Vo rze itmen - schen", 1936. - ,, Die jünge re Steinze it der Schweiz" 1926. - Einzelne Anregungen verdan kt der Verfas- ser a uch eiern Buche „Di e Inselleute vorn Bod ensee" von K . Kell er, 1954. 61
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