(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 8. Jahrgang, Heft 1/2, 1958

nicht we it d avon die umzä un ten Weide- fl ächen de r Pferde und Schafe. Da und dor t rau chten di e Hirtenfeuer der Kna ben , di e die langsam da hinziehenden Kühe und Schafe und die grasenden Pfe rde hüteten . H elle Zu rufe tönten von G ruppe zu Gruppe. Auf dem Ackerstreifen zoge n j e zwei Jung- männer den einfachen H olzpflug durch die Stoppelkrume. Der erste zog a n einem Seil, d as über dem dreieckig zugeschnitzten Pflugholz befestigt war , wä hrend es der zwe ite mit den Sterzen tief in die Erde d rückte. M it Feldhacken aus H irschhorn und m it Grabstöcken ze rtrümmer ten an- dere d ie lehmigen Schollen . Auf einem Felde risse n Mäd chen Flachspfl a nzen a us, di e sie büschelwe ise in la ngen R eihen zur R öste auflegten. Kna ben schüttelten Äpfel, Birnen und Pflaumen von den Bä umen des R a ins und sammelten di e Früchte in großen Körben. Wi e glücklich lagen das Dorf und se ine Äcker zwischen See und Wald mit d en u ne rschöpflichen R eichtümern an F isch und W ild. Wie lagen hier a lle Lebens- möglichkeiten auf engem R aume bei- sammen. Ein ebenso fri edliches und glück- liches Bild boten die drei großen Dörfer am gegenüberliegenden U fer, di e den Abfluß d es Sees beherrschten und deren Äcker und Wiesen vor einem sanft a nsteigenden \ ,Valdgrund lage n. In we iter Ferne beschloß e in la nggestreckter \ ,Valdrücken das freund- liche Bild. Nac h beendeter R as t setzten di e J äge r ihren Weg fort, de r sie aus dem hoch- liegenden Laubwald über d as schmale Ackerland und durch den Auwa ld zur Landestelle ihres Bootes zurückführte . Der Einbaum sank fast bis zum R a nde ein, a ls sie ihn m it der schwere n J agd beute beluden und nac h H ause ruderten. Von a llen be- gegnenden Booten wurden sie m it freudigen Zurufen begrüßt . Der Wächter des See- to res schi ckte ihnen schon von weitem se inen H ornruf entgegen, und a ls sie durch das See tor einfuhren, sta nden auf a llen Vorplätzen und Stegen di e Männer und Frauen des Dorfes m it ihren Kindern u nd hießen di e erfolgreichen J äge r willkommen . I hr Boot überquer te den H afen und la ndet e am Aufs tieg vor dem H ause des H äuptlings . Hier stand Wida und empfi ng ihren Gatten mit dem jüngs ten Kinde auf dem Arme und winkte m it dem H ä ndc hen d es Kindes . Gro ß und schla nk, t rug sie ein la nges, weißes O berkleid aus Li nnen mit kurzen Ärmeln u nd einem gefl ochtenen Gür te l. Die blonden H aare wa ren durch einen Hornkamm aufgesteckt. An ihrer Seite sta nd Alor, das Mädchen. Aus der T ür des H auses bli ckte Ala n, die a lte Mutter. Der Kna be Luki sta nd schon bereit, das Boot am Aufstieg au fz ufa ngen und a nzu- b inden . Nun wuchteten di e J äge r den sc hwe ren Körper des \ ,Vildes au f den Vor - platz des H auses vor die Füße der Frau . Aki beugte sich und t rennte m it Stein- bei l u nd St einmesser Hirnscha le und Ge- weih vom H aupte des Tie res. Stolz über- reichte er das prächtige Stück der Gattin, d ie es von H and zu H a nd weiterreichte. Wie glücklich war sie.Jetzt gab es reichlich F leisch u nd I nneres fü r die Küche, eine p rächtige Decke für den Schlafraum und H orn, K nochen u nd Dä rme f ür di e H and- werker. Soba ld der Hi rsch ausgeweidet war , soll te j ede Familie des Dorfes ihren Anteil erha lten und durc h ein ausgiebiges Essen am Abend d as J agdglück fe iern . Vo rerst aber galt es, den Hunger der H eimge- keh rten zu st illen. Fladenfö rmige Bro te aus Gerstenschrot und ka lte Fleischstücke ta ten dies . Dann machten sich di e Männer über das Ausweiden und die Frauen gingen in di e Küche. Wi e a lle H äuser des Dorfes sta nd auch das H aus des Häupt lings auf einer eigenen Platt form, die a nnähernd ac htzehn Schritte lang und zehn Schri tte breit war. Sie ruhte auf über 250 a rmdicken, senkrechten Pfähl en, di e in de n weichen Seegrund Steinschmuck aus e inem Pfahlba ufund im Heimathaus Vöck lab ruck (Foto Eiersebner) gesc hlagen wa ren und m it ihren gabeligen Enden noch mannshoch über das Wasser rag ten. In d en Gabeln lage n Längss tangen und auf ihnen wieder Querstangen. Ü ber di esen R ost war schließlich eine spannen- dicke Lehmschicht ges tampft worden, so da ß eine wasserdi chte Plattform vorhanden wa r. Ein Drittel der Plattform blieb als Vorplatz frei, wä hrend die übrigen zwei Drittel das H aus einnahm. Seine Eck- und F irs tpfost en stiegen vom Seeboden au f, hoch über die Plattform empor und trugen oben in Zapfen di e waagrechten Wand- pfette n und den F irstbaum. M it di esem fest ve rschnürt verliefen d ie schiefen Quer- spa rren und auch d ie waagrechten Latten waren durch Schnüre ausRindenbast aufden Spa rren fes tgebunden . Dicke Lagen von Schilfbündeln , auf di e Latten aufgebunden , ergaben das Dac h . Die Wände wa ren zwischen den Wa ndpfoste n mit \ ,Veiden- gefl echt ausgefüllt und außen und innen di ck mit Lehm ve rschmier t . Die Türen bestanden aus einem einzige n sehr dicken Brett und einem senkrechten Angelbaum. An der Vorder- und Hinterwand des H auses befand sich j e ein kleines, mit einer d ünnen, durchscheinenden Lammhaut überzogenes Fenster. Für den R auchabzug und Licht- einla ß war nur der Gi ebel über der Ein- gangstür offengelassen. Während die J äge r auf dem Vorplat z a rbei- teten, ha ntier ten die F rauen in d er geräu- migen Küche . In der rechten inneren Ecke wa r der Backofen aufgebaut, etwa zwei Schrit te lang und einen Schri tt bre it und hoch. Die Backfl äche aus fl achen Steinen lag di rekt au f dem Lehmboden auf. Da rüber wölbte sich e ine außen und innen di ck mit Lehm ve rstrichene F lech twand . Ü ber dem O fen wa r ein Gest ä nge angebracht, auf dem Ke tten vo n Äpfel- und Birnenschnitten und Bündel von H olunderbeeren, Mohnka pseln u nd H eilkräutern zum T rocknen aufgehä ng t waren. J et zt räumte die Hausfra u di e Glut aus dem Backofen, der durch mehrere Stunden angeheizt worden wa r. Sie legte di e ungesäuerten Fladenbrote auf Bretter in mehreren Lagen in den Backofen ein und verschloß ihn, indem sie eine dünne Steinplatte vor die Öffnung lehnte und di e Fugen mit Lehm ve rstrich. D ann nahm sie \ ,Veizenmehl aus einem der Vorra ts - töpfe, wie sie auf einer neben d em O fen stehenden Borde in mehreren R eihen auf- gestellt wa ren. I n einem H olztrog machte sie Teig an und formt e ihn zu kleinen F laden . Nac h einiger Zei t roll te sie einen kugelförmigen Stein aus der offenen Feuer - stelle neben dem Backofen u nd drückte den frischen T eig über den heißen Stein, so d a ß hohle Brote entstanden, die im Ge- gensat z zu d en harten Vorratsfl ad en frisch und knusprig schmeckten . War der K ugel- stein erkaltet, rollte sie einen zweiten aus der Glut und se tzte das Backen fo r t, bis eine große Schüssel mit Frischbroten gefüllt war. Das Mädchen Alor kau erte unterdessen a uf der Türschwelle und warf mit einem schild- förmigen Wurfbrett, der Worfelschüssel, den ausgedroschenen Weizen in die Luft, blies die Spelzen a us den nied erfall enden Körnern und fing diese wieder geschickt auf. So säuber te sie rasc h eine H olzschüssel voll Weizenkörner. M it ihnen ging sie zur H a ndmühle, die in der linken H ä lfte der Küche aufgestellt wa r. Sie legte die Körner auf die große, schon fl ach ausgehöhlte R eib- platte aus Granit und begann sie kni end mit einem länglichen Mahlstein zu zerqu etschen u nd zu zerreiben, bis sie ein grobes Mehl erhielt, das sie in einen Vorratstopf schüt- tet e und der M utter übergab. Dann ordnete sie H andmühle und \Norfelschüssel wieder zu d em a n d er Wand stehenden H olzpflug, lehnte die Feldhacken aus Hirschhorn in die Ecke und beschäftigte sich mit dem Vorbe- reiten der hölzernen Flachsbreche!. Draußen auf dem Vorplatz war unterdessen di e Arbeit der J äge r beendet . In großen H olzschüsseln trugen die F rau en der Dorf- 57

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