(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 8. Jahrgang, Heft 1/2, 1958
Wenn man von Vöcklabruck d ie Atterseestraße ent lang fährt, fä llt einem eine Anlage auf, die zwischen großen, gepflegten Grünf lächen modern anmutende, überdachte Au toparkp lätze und eine wunderschöne Tennisanlage mit fünf Plätzen und einem großen Planschbecken enthält. Dies ist gewissermaßen die Vis itenkarten des großen Zellwolle- werkes in Lenzing, dessen mächtige Rohziegelbauten hinter der Sportanlage auftauchen. Der hohe Laugenturm ragt heraus, alles übertrifft aber de r 152,5 Meter hohe Schorn- 54 ste in, der höchste von Europa, der zu einem Wahrzeichen der Gegend wurde. Doch auch die Werksgebäude si nd immer wieder unterbro- chen durch Grünflächen und herrliche Blumenanlagen, in e inen Teich gibt es vier Arten se ltener Seerosen, und die vier Reihen Li nden, die die 11 Hauptstraße" umsäumen, la s- sen unsere Vorstellung von Fabrik sich zum Guten ändern. Hier wird von dem Ausgangsprodukt Zellulose eine Texti l- faser herges tellt, die nicht nur in Osterreich, sondern auf der ganzen Welt Verwendung und Anerkennung findet. Len- zing export iert in fast alle Länder Europas, nach Nord- und Südafr ika, nach Indien und Aust ralien, ja sogar in das Baumwollparadies Amer ika. Osterreichische Qua litätsware geht in die ganze We lt und bringt die so wichtigen Dev isen here in. Warum man so rie sige Anlagen zur Herstellung der ,,Len- zesa" genannten Spinnfaser benöt igt, sieht man bei einem Ru ndgang durch das Werk. Mehr als drei Tage dauert es, bis die Zellulose ze rri ssen, mit Natronlauge und Schwefel- koh lenstoff geknetet zur Viskose wird, dann im schwefe l- sauren Sp innbad durch Dü sen aus Platin oder Gold mit Tau- senden wi nziger Löcher (Durchmesser eines Loches sieb- zigtausendste ! Millimeter ) gewaschen, getrocknet und in Riesenba llen verpackt ist. Wir lassen uns aber auch über die Faser selbst was erzäh- len . Die feins te hier erzeugte ist so zart, daß 9000 Meter nur ein Gramm w iegen . Und würde man die an einem Tage in Lenzing gesponnenen Fäden aneinanderreihen, könnte man fast 2000mal die Entfernung von der Erde zum Mond bespannen. Daß man hier täglich fast 100 Waggon Kohle verheizt, gibt einen Begriff von der Kraft, die hier zusam- mengeba ll t ist .
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