(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 8. Jahrgang, Heft 1/2, 1958

betritt, fesselt ihn zunächst der „Gosauzwang", di e kühne, sieben- pfeilcrige Brücke (43 m hoch, 133 m la ng), die im J ahre 1757 nach den Plänen eines schlichten Gosauer Holzknechtes namens J osefSpi elbüchler erbaut wurde und d ie Salzsolenleitung Hallstatt- I sch l-Ebensee überführt. VVo sich das Tal wei tet, ist bereits eine beträch tliche Steigung überwunden. Hier beginnt auch der Ort Gosau, dessen Häuser über d as ga nze Talbecken verst reut sind. Immer mehr entfaltet sich nun a ls gewaltiger Hintergrund, als himmelstrebende Kulisse die Felsenwelt des Gosaukammes . In verwirrender Schönheit z iehen K anten und Grate empor, st ehen mäc htige \!Vände und schlanke Türme. Gegen \ 1 Vesten schli eßen die Zwieselalm und der lange Zwieselbe rg an, und nach der Senke des Paß Gschütt (971 m ) beg renzt das R amsauer Gebirge (K ahn- berg) das Tal. Der Talgmnd dürfte ehemaliger Seeboden se in. Die Bes iedlungsgeschichte ist u ra lt. Der Name Gosau wird ver- schiedentl ich a bgelei tet, und zwar von Goten Aue (Gozzos Awe) oder Guß- bzw. Gießbach (goz ouwe). Einst zum Erzbistum Salz- burg gehörig, kam es spä ter zu St eiermark. Als man Salzlage r entdeckte und H erzog Albrecht von Österreich einen Stollen schlagen und Sudpfannen erri chte n ließ, kam es zu einem Streit mit dem E rzbischof Konrad von Sa lzburg, de r einen Rückgang der E inna hmen aus seiner H a lleiner Saline befürchtete. Es begann eine Fehde, und des Erzbischofs Soldaten zerstörten im J ahre 1295 alle Bergwerksanlagen im Gosauta l. H eute gewinnt ma n Schleif- steine und Kreide und be treibt in den weiten Bundesforsten \IVa ldarbeit, Almwirtschaft und V iehzucht . Die Gosauer sind zum Großte il Protestanten - zwe i Ki rchen thronen daher hoc h über der Talstra ße am Wes thang des Tales - und unterscheiden sich in Sprache, K leidung und Gebräuchen vo n der übrige n Bevöl- ke rung des Salzkammergutes. Dies hat die j a hrhundertelange Ab - geschlos,enheit im entlegenen Ta le bewi rk t. Ein feines Ohr wird den Untersc hi ed in der Munda r t sofo rt bemerken, wie m a n im Tonfall der Sprache z. B. auc h einen Ischle r von einem Ebensee r le icht unte rscheiden kann. Die häufigs te n Gosauer Personennamen sind Gamsjäge r, Spielbüchler und \ 1 Vallner. Die T a lst raße zieht am Gosaubac h entla ng weiter ins H intertal und zum Gosauschmied (766 m ) , einem bekannten und berühm- ten Alpengast hof, und von dort stark ansteigend durch das sich wieder ve rengende Tal zum Vorderen Gosa usee . Hier erleben wir einen Glanzpunkt der Alpen . In e iner mit grünen "Wäldern aus- gesc hlagene n Felsscha le lieg t die dunkle Me tallscheibe des Sees. Dahinte r bauen sich die schimme rnden Gle tscher und die Gipfel des Dachste instockes auf. \Ne nn der Abend kommt und die T iefe in grün-blauem Dämmerdunke! vers inkt, leuchten oben noc h la nge die E isfelder und Hochgipfel wi e von innerer Glut . Leider ha t die T echnik a uch das Gosauta l und seine Wasserkräfte nicht unberühr t gelassen. Der See ist oft t ie f abgesenkt und ve rliert dadurch a n se iner einma li ge n Schönhe it. Bei No rma lsta nd ist er 1520 Me te r lang und 450 Me ter breit. Bis hierher ve rkehren auc h (a b Bad I sc hl und Steeg-Gosau) die Pos tautos. In einer guten Stunde gela ng t ma n, a n der Gosaulacke vorbe i, zum H in te ren Gosausee. In wunderb a rer Ruhe und Unbe rührt- heit li egt er im F ri eden der Berge. Das Bild ist gewaltiger und ernster, d a ihn die Felswände des Dac hsteinstockes sc hon eng um- schließen. Di e milchigen Gletsc herwasser ergießen sich in seine Fluten , und desha lb wird der See auch „Kreidensee" genannt .Von den F elshäuptern der eigentlichen Dachsteingruppe ist nur mehr der Torste in, auf d em die dre i Lä nder Salzburg, Steie rmark und Oberösterreich aneinandergrenzen, zu sehen, und der \!Veg zur Adamek-Hütte am Großen Gosaugle tsc her läßt sich von hier in zwe ie inha lb Stunden bewält igen. D e r Gosau kamm De r Dac hstein (2996 m ), die gewa ltigs te Masse nerhebung der nörd lichen Ka lka lpen, entsende t nach Nordwesten ei nen scharfge- zackten Ausläufer, den sogena nnten Gosaukamm. E r beginnt, streng genommen, am R eißgangsattel ( 1945 m ), übe r den der ,, Linze r Weg" führt , und endet am Tö rlecksattel vor de r Zwiesel- a lmhöhe. In der nun fo lge nden Sch ilderung des K ammve rlau fes kö nnen bei der Fülle der Erhebunge n nur die bedeutendsten G ipfel ge na nnt werden. Nach dem R eißgangsattel ist noch ein Überga ng, der Löckgang ( 1787 m ), zu nennen. Über den Sammet- kopf (2058 m) und den Krame rsattel zieht der K amm zum Ste igl- kogel (2203 m) . Über den M itte rkoge l (2 125 m ) läuft eine Ve r- bindung gege n Norden zur Adelwand (2136 m ), Hinte rer (2102 m ) und Vorde rer Kopfwa nd (2072 m ) und zum Gabelkogel (1905 m ) . 28 Es fo lgt der Steiglpaß (20 12 m ), über den vom Vorderen Gosausee ein angelegter V"eg und eine Markierung zur H ofpürglhütte führt. Von der Armka rwand (2348 rn) strahlt e in bedeu te nder Seitengrat über den Sc hwingerzipf zur Großen (2455 m) und Kleinen Bischofsmütze (24-28 m ), zum 1\/Iosermandl, zur K antenbrunn- spitze und schließ.lieh zur Stuhllochspitze nach Süd en bzw. durch Verzweigung nach Südwesten und \I\Testen aus. Der H auptkamm ve rl ä uft aber zur mächtigen Großwand (24-13 m ) mit dem H ohen und Niederen Großwandeck und dem kühnen Däum.ling (2322 rn) . Es folgt der vVeitgrieskopf (2234 m ) . Nun senkt sich die Weit- griesscha rte ein und verbindet d as nördliche \!Ve itgries mit der \ J\Te iten Zahring. \ t\fasse rka rkogel (22 67 m ) und Zahringzähne (21 93 m ) se tzen den H auptkamm fort. Gegen Iorden li egt nun d as e insame, verborgene Wasserka r, umkrä nzt von Scha rwand- spitze (2170 m ), Scha rwa ndturm (ca. 2150m) und vVasserkar turm (2050 m ). Der Linze r Turm (1802 m ) schmiegt sich im Norden a n di eses M a,;s iv an. Nun se nkt sich wieder ein Scharte, und zwa r d ie Mandlscharte mit d em sagenhaften Schartenmandl, ein, die die nörd liche Wasserriese wieder mil der \ ,Veiten Zahring ve r- bindet. Es folg t der dreigipfelige Mandlkogel (2277 m ), der bed eu tendste Berg der sogenannten „Gams feldgruppe" . Südwest- lich flankieren dieses stolze Dreigestirn Geisterkogel (2245 m ) und Zahr ingkogel (2 125 m ) und nordöstli ch zur Gamsriese Schafkoge l ( 196 7 m ), und Steigkogel ( 1804 m ) . D en H auptkamm se tzen nun de r Saurücken (2 198 m ), die Flachkögel und der Angerstein (H auptgipfel 210 1 m ) fort, südlich steht de r Glatscherofenkogel (2078 m ), und nördli ch sinkt e in Seitengra t mit \ ,Veitkarturm, Gamsriesenturm ( 1960 rn) u nd Gredlkogel ( J 790 m ) ab . Gamsfeld - kogel, Gamsfeld, die Angersteintürme, d as Angersteinmand l, das \IVei tschartenma ndl (auch Stuhla lmtü r! oder „S tuhlzapfl ") und die \,Veitsch artenköpfe sollen in diesem Absc hnitt noch angeführt sein. Nördlich liegt nun d as mäc htige vVeitscha rtenkar, die \ 1 Veitscharte senkt sich ein und t rennt d ie Donnerkogelgrnppe vom Gamsfeld- stock. Die Strichkögel (höchster 2034 m ) mit dem Scha rlingkogel setzen d en K amm gegen Nordwesten fort. H och übe r d er Ste in- riese steht der Steinriesenkogel (2012 m ) . De r Große (2054 m) und d er Kleine Donnerkogel mit Freyaturm (199 1 m ) und Donner- mand l bilden d ie letzten ma rkanten Auslä ufer des Gosaukammes. Das grüne Alm- und Waldgelände der Zwi esela lm und des Zwie- selberges se tz ten we iter den Kamm bis zum Paß Gschütt fort. Der geologisc he Aufbau d es Gosaukamrnes ist ident mi t dem des zentralen D ac hste inst ockes . Der H auptteil d iese r Alpengruppe be- steht aus übereinanderl iegenden Schichten d er Tr iasperiod e (Un- terlagen: vVerfener Schichten, H auptdolorn.it , Muschelka lk, K o- rallenkalk und oben Dachsteinkalk) . U nter diesen Schichten tr itt an der Südseite auc h pa läozoische~ Ges tein hervor. Von de r Flora der Dac hsteingruppe behaupten die Bota nike r, daß noch Edelwe iß an schwerzugänglichen Stellen des Gosau- kammes vo rkommt . Diese Tatsache fand ich vo r etwa zwei Jahr- zehnten bei einer Bergfahrt im Geb ie t der Bisc hofsmütze (:r--.1oser- mandl und am Angerstein) durc h Funde bes tä tigt. Ob d iese stolze Pflanze auch d erzeit im Gosaukamm noch vo rkommt, kann ich nicht sagen, es dürfte abe r wahrscheinl ich sein. Der Gosaukamm bildet in seiner ganzen Länge d ie Landesgrenze gege n Salzburg. Da d ie stolze Bischofsmütze - wi e sc hon oben angeführt - durch einen Seitenast südli ch vo rgerückt ist, steht sie voll ständig auf Salzburger Boden . Der Name d ieses Gebirgs- zuges wa r lange so ve rworren, wie seine unzählige n Kare und Scharten, Gipfel und Ri esen einfach ve rwirrend sind. Es sind da- her auch d ie K a rten nicht immer ganz richtig. Im salzburgisc hen Lammertal, in Lungö tz, Ann aberg und Abtenau, kennt man nur das „Stuhlge birge" oder a uch aus Gründen d er Fremdenwerbung die „Salzburger Dolomiten", die Gosaue r hingegen bezeichnen oft die ganze Bergket te a ls Donnerkögel, Scharwände oder Gosauer Seespitze n. Verschieden werden oft auch ma nche Berggipfel be- na nnt, überhaupt dann, wenn sie von beiden T ä lern aus zu sehen sind. Erst Prof. Friedrich Simony schuf dLll'Ch seine grundlegenden Arbeite n allmä hli ch den festen Begriff „Gosaukamm", dies wenig- stens unter der Bergs teigerscha ft. D iese stolzen Bergges ta lten zogen a lsba ld die Aufmerksamkeit der :r--.1enschen auf sich, und sie kamen, um sie zu ersteigen und zu erforschen . Es würd e zu weit führen, und es wäre auch gar nicht möglich, d ie E rsc hli eßer des Gosaukammes hi er aufzuzählen. J edenfalls haben Linzer und Vhene r Bergsteiger den H au ptte il dieser Erschließung voll brach t. \ J\T ir finden zur Erinnerung ein Ni ede res Großwandeck mit Däumling ►

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