(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 7. Jahrgang, Heft 1, 1957

dem „Freimütigen Innviertler ", se inen Niederschl ag, und ma n muß schon sagen, er ist etwas sauberer als der der Franzosenzeit im Ried er R egieru ngs bla tt von 18 10. Franz Stelzhamer lebte damals in Ried und leitete den Abdruck der Verfassungsurkunde in Nr . 1 des „Freimü t igen Innviertlers" m it einem begeisterten Vorwort ein, in dem er sie mit einem schönen , i\lor t „einen ge- he ilig ten Trauschein zwisc hen Fürst u nd Volk" na nnte. Das Innvie rtel wä hlte auch seinen Abgeo rdneten ins Fr ankfurter Pa rlament, d en Ri eder Ma rktsyndikus Georg Achleitner, der in der Pa ulskirche sogar ein paarma l de n Mund a ufmachte. Im übrigen wa r die ka isertreue Gesinnung der Rieder über allen Zwe ifel erha ben und ma n sammelte fl eißig fü r das H eer R adetzkys in Ita lien, in d essen Lager nach Grillparzers Ausspruch Österreich war. In di esem J ahr wird auch d er erste V ersuch gemacht, die Stadterhebung Ri eds d urchzuse tzen . Er geh t im T rubel der nachfolgenden Ereignisse u nter. Gegen Ende des J a hres werden die Gesich te r der Ri eder Freiheitsmänner immer länger. D er Verein zu r , ,Vahrung d er politischen R echte w ird aufgelöst, der Fre imütige ( = freisinn ige) Innviertler mußte seinen Titelkopf in „Innviertler Co urier" a bändern. Immerhin war Ried auch in d er 48er-Bewegung im I nnvier tel füh rend gewesen. Es gehör t sicher zu den biographischen Zügen Rieds, da ß sich di e liberale Bewegung in der nachmaligen Stadt in einer auffa llend starken a ltka tholischen Bewegung fo r tsetzt, die sich sogar ein eigenes Got teshaus erbau te, zufällig gerade auf dem Pla tz, wo di e erste Kirche der 1364 ve rl assenen ä lte ren Ma rktanlage zu vermuten ist. Franz Stelzhamer, d er sicher des Wanderns müde und in reuiger R ückkeh r zur H eimat 1845 in Ried ni ederließ, um hier seiner neugegründeten Familie ein „grün und laubig umfriedetes Eigen tümchen " zu erwerben, vollendete hier sein H auptwerk „D ' Ahn!" und fand in de r vormärz lichen Intelligenzschichte Rieds einen K re is begeisterter Anhä nger. Aber er wurde bald wieder vo n der „Frau Not" a us seinem wa rmen Nest aufgestört, erlit t das U nglück , da ß ihm sein he ißgeliebtes Töc hte rchen sta rb , und sein ze hnj ä hriges, oft durch R e isen unterbrochenes Rieder Domizil endete mit einer dunklen K a tas trophe, di e auch seiner F rau das Leben kos tete. D as Gedicht „H eut rot, moring to t" ist der erschü tternd.e Ausdruck dieser seiner Rieder Erlebni sse. Soll m an nun von de r 185 7 endlich und wirklich erfo lgten Sta d t- erhebung eine Zäs ur in der Entwicklung Rieds ansetzen ? Das eine ist rich tig: ungefähr in diesem J ahre ging a uch das ös terrei- chi sche Biedermeier endgültig zu Ende, Österreich und mit ihm Ri ed fand Anschluß an die m odern en politisch en , wir tschaft- lichen und kulturellen Entwickl ungen, d ie de r neugebo renen Stadt einen zwa r nicht stürmischen , a ber stetigen Aufs ti eg sicherten, wie er sich in Einwohnerza hlen a usdr ück t: 1775 : 1562 E inwo hner ; 1810 : 1918; 185 7: 3761; 1890 : 4058; 19 10: 5950 ; 1934 : 698 1; 1951: 10.099. D a waren vor a llem die Eisenbahnbau ten: 1870 wurde di e Strecke Neumarkt -Bra unau , 1877 d ie Strecke At tnang - Schä r- ding eröffnet, und beide wurden dank den energisch en Bemü- hungen von Rieder Persönlichkeiten so angelegt, da ß sie sich in Ried kreuzen . D ami t wurde Ri ed mit seinem größten Bahnhof des Innviertels der Ums teig- und Umschlagplatz fü r den Inn- vie rtl er Binnenverkehr. Im 1949 eröffn eten Autobahnhof laufen radia l 19 Binnenstrecken zusammen und m ehrere Fernstrecken durch. Da nn die Entstehung des „Rieder Volksfest es" ! Ohne ein a us- wär tiges Vorbild, vielmehr organisch en twickel t a us einem der privilegierten J ahrmä rk te, dem spä tsommerli chen Ägydi-Ma rk t, bes teht seit 1867 di e nu r durch di e Weltkriegsze iten unterbrochene T radit ion eines j edes ungerade J a hr fallenden la ndwirtschaft- lichen und gewerbli chen Ausstellungsfes tes von ständig steigende r Frequenz. Das Rieder Volksfes t träg t se it 1955 R ang und Cha- rakter einer „Österre ichischen La ndwir tschaftsmesse" und ka nn heuer se in 90j ähriges Jubiläum fe iern . Dem Alterna tivangebot einer Garnison oder einer Iviittelschul e gegenüberges tellt, wählten di e Rieder Stad tväter di e huma ni sti- Ried von Süden / Lithographie v on B. W eimann um 1850 47

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