(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 7. Jahrgang, Heft 1, 1957

Ansicht des Marktes und Schlosses Ried um 1830 schlimme Friede von Schönbrunn. Er enthielt im Artikel III die Abtretung des Inn- und H a usruckviertels an Frankreich (ur- sprünglich wa r es sogar a uf ganz Oberös terreich abgesehen ge- wesen). Die französ ische La ndesreg ierung erhielt ihren Sitz wiederum in Ried. Sie war außer der französischen Spitze des Intenda nten Camus de Martroy im übrigen mit d enj enigen österreichischen Beamten besetzt, die rechtzeitig zu den Fran- zosen übergeschwenkt waren, in einigen Füllen auch mit Ele- menten, die sich nachher auch sonst a ls zweifelhaft erwi esen. Ried erhielt ein halb französisches Gesicht oder, wie ein sitten- strenger Zeitgenosse schreibt, ,,es glich damals einem Sodoma" . In Ried erschien a b 1810 das „Rieder Regierungsblatt" als Amtsblatt der französischen p rovisorischen Landeskommi ssion. Es ist eine unerschöpfliche Beleuchtungsquelle für die damaligen Zuständ e, aber auch der Ablagerungsort eines speichell ecke- rischen Servilismus, der sich besonders in der Beschreibung des Namensfestes Napoleons am 15. August übers te igerte. Aber schon zwei Monate später mußte man e in zweites Mal das Namensfest des L a ndesherrn feiern, denn das Innviertel war dem rheinbund- treuen baye rischen König von Napoleons Gnaden Maximilian Joseph zurückgegeben worden. ,,Glücklicher Tag!", schreibt das Rieder R egierungsblatt, ,,Mehr denn 33 Jahre (seit 1779 !) floss en in den Strom der Zeiten, als a uf den mit Tränen genetzten Lippen d es Innviertels die la uten, herzl ichen \iVünsche für Bayerns Fürsten erstarben. J etz t erstrahlt die vaterländische Sonne wieder a uf unserem Gefilde." Sollte die Entwicklung noch einmal zu- rückgeschraubt werden? Ne in, sondern den endgültigen Schluß- strich zog in umgekehrter Ri ch tung der „Rieder Vertrag" vom 8. Oktober 1813. Schon waren wieder di e österreichischen und baye rischen H eere gegeneinander aufmarschiert, mit d en H aupt- qua rtieren in Lambach und Bra unau . Das Innvier tel drohte zu einem Nebenkriegsschaupl a tz zu werden in dem großen End- 46 kampf dieses J a hres . Ried im Niemandsland dazwischen wurde aber wiederum wie 1379 der Verhandlungsort und konnte zum letztenmal, und diesmal im nationalen Gesamtsinne gesprochen , positiv seine Grenzschicksalsrolle erproben . Bayern sprang im Rieder Vertrag aus dem Bündni s mit Napoleon aus und schloß sich, knapp noch vo r der Völkerschlacht bei L eipzig, der Öster- reich-preußisch-russischen Koali tion a n. In der Verfolgungs- schlacht von H a nau, in der der bayrische Unterhändler von Ri ed , Graf \ ,Vrede, schwerverwundet wurde, konn te Bayern seinen Gesinnungswechsel bewähren. D as Innviertel abe r kam im \ ,Viener Kongreß endg ültig zu Österreich. Merkwürdige rweise ging es bei di esem neuerlichen vaterländischen Sonnenaufgang wieder nicht ohne Exzesse gegen die von Ri ed a btretenden bayerischen Beamten und Farben ab . \1Venn man hier gleich die letzte kri egerische Eroberung Ri eds anschließen darf, die Besetzung durch amerikanische Truppen an j enem sc lmeestürmenden 3. Mai 1945 - a ls sich d ie ameri- kanischen Sehwarmlinien Ri ed näherten und es a n der Per i- pherie noch zu manchen sinnlosen Menschenverlusten kam, ha tte es ein paa r Stunden la ng ein e höchst kritische Lage gegeben, d enn die am Stadtpfarrturm bereits gehißte weiße Fahne wa r von unberufener H a nd heruntergeschossen worden, und schon standen di e amerikanischen Luftstaffeln bereit, um Ri ed zu bombardieren -, so h at dies freilich mit e inem „Grenzschicksal" nichts mehr zu tun. Um wieder zu rü ckzugreifen: Das ereignisarme österreichische Biedermeier war es auch in Ri ed . Doch schon vor 1848 hatte sich in Ri ed ein Kreis liberale r Männer zu einem unter wirt- schaftli cher Tarnung stehenden Verei n zusammengefunden, der da nn nach Ausbruch d er R evolution unter dem Namen „Verein zur \,Vahrung der poli tischen R ech te des Volkes" offen hervortra t. Das J a hr 1848 fand in der näc hsten Ri eder Zeitungsgründung,

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