(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 7. Jahrgang, Heft 1, 1957

Spita l a m Pyhrn über das Linzer H a us a uf der Wurze ralm (1400 m \ über d ie Seeleiten und den T oten Mann. Eine hervor- ragende und eindrucksvoll e Bergfahrt ist die K ammwanderung vom Wa rscheneck zum Hochmölbing oder a uch umgekehrt. Die 11\Tegfü hrung ist rot bezeichnet, von der Dümler- oder Zeller- hütte bis zur Liezener- oder Hochmölbinghütte, den Stütz- punkten in Osten und v\Testen, b enötigt man sieben bis acht Stunden Gegen Süden fällt der Blick in das steirische Ennstal, und im Nordwes ten stehen die mächtigen Felsgestalten der Priel- gruppe hoch über dem Stodertal. Die dem Gratzug im Norden vorgelage rte Hochstufe der Huttererböden mit ihren vielen Almen und Bergwä ldern sowie im Süden das Almenland und d as Kühfeld und Ste infeld schenken dem bescheideneren Bergwanderer za hlreiche 11\Tege und li.errliche Ausblicke a uf T ä ler und Gebirge. \ i\Tarscheneck (Ost- und Südabfall), Kupferspitze, Ramesch , Pyhrner K ampl-Nordwand und -Nordos tgrat sowie die Stubwies- wipA-Südwa nd bie ten auch dem Kl etterer einige Aufgaben Der Warsch.eneckstock hat ebenso als Skigebiet besondere Geltung . Die T alorte der \!Va rscheneckgruppe oberösterreichischerseits sind Vord erstoder, Windischgarsten mit Roßleithen und Spita l am Pyhrn. \t\Tindi schgarsten ist u ralter Siedlungsboden. Die K elten gaben einst d en Tälern, Bergen und Flüssen ihre Namen; Elm, Pyhrn, Steyr, Pyhrgas usw. sind Zeugnis dafür. Spä ter ging hier eine d er wichtigs ten H eerstraßen der Römer, von Wel s (Ovilava) kommend, über den Pyhrnpa ß nach Süden. Schon zu dieser Zeit bes ta nd im T ale von \i\Tindischgarsten ein römisches Standlager. Der Na me Ga rsten geht auf das slawische Hrwas tu zurü ck, was soviel wie Ges trüpp bedeutet . Man nimmt an , daß die Wend en , ein slawi scher Vo lkss tamm, di e spä ter in dieser Gegend. siede!ten, die im v\Tirbel der Völkerwanderung zerstörte römische Ansiedlung mit Gest rüpp ve rwachsen vo rfanden . Nach dem Abzug der Slawen wurde di e Gegend ein T eil d es Traungaues und damit den baieri schen H erzogen unter tan. In diese Zeit fällt die Germani- sierung und Christi a ni sierung di eses Landteiles, der in den Külturkrcis d es St iftes Kremsmünster (Gründung 777 ) einge- schlossen wurde. Spital am Pyhrn geht auf eine Gründung d es Bischofs Otto von Bamberg zurü ck, der dort 11 90 ein Hospiz für die Pilger nach Rom und Pa läs tina baute ; der Sinn und Zweck war der gleiche wie j ener der berühmten Hospize an den Hochpässen der Schweiz, die R eisenden bei ihrem \!Veg über das rauhe Gebirge zu be- herbergen und zu laben. Später wurde das H ospiz in ein Kloster umgewandel t ( 1805 aufgehoben) und zu Anfang d es 18. J a hr- hunderts di e wunderbare Barockkirche erbau t. Vorder- wie Hinterstode r sind Pfa rrgründungen des Stiftes Spital am Pyhrn. * Bald nach d er Pyhrnba hn-Sta tion St. Pankraz bekommt der R eisende den mäc htigen Kalkalpenstock des \i\Tarschenecks zu Ges icht. Vorerst a ber fesselt ihn, wenn sich der Blick ins Stoder- ta l auftut, das Prunkstück des Toten Gebirges, die Prielgruppe, die kühnen Felsgestalten der Spitzmauer und des Großen Pri el. So zog a uch die Prielgruppe alle Bergs teige r und Wanderer stets mehr a n, und die einsamen, lieblichen Schönheiten des War- scheneckstockes blieben abseits liegen. \,Veit lieg t das Becken von 1!\lindischgarsten vo r uns. Inmitten d er beka nnte Sommerfrischen- und \!Vintersportort, auf den das \IVa rscheneck und die H a llermauern mit dem Kleinen und Großen Pyhrgas wuchtig hereinsc hauen. Beim Verlassen des Zuges gehen wir einige Schrit te den Ba hndamm zurü ck und wandern da nn , di e Bahn überse tzend , oben im v\Ta lde um das Ga rstnereck in di e Gle inkerau. Im Frü hling stehen hi er di e Narzissen, und es ist oft so weiß , a ls sei ein neuer v\Tinter von den Bergen nieder- gest iegen. In wunderba rer Stille lieg t der Gleinkersee in den Berge n ; sie tauchen ihren Fuß in die Fluten , und der Wa ld steigt an ihren H ängen nieder bis zu se inen Ufern . Im hintersten \I\Tinkel stü rzt der Zika- oder Seegra ben von den Höhen der Zikaalm nieder. Leise murmelt un te r Büschen ein Bächlein aus d em See, der T eichl und Steyr zu. Unser Weg führt uns beim Thomerlba uern vo rbei gegen d en Präwa ld empor. Hier ist a uch eine Abzweigung zu dem bekannten Pießling-Ursprung, d er größten Qu elle der Ostalpen : Aus einem F elsento r stürzen di e dunkelgrünen, dann weißgischtenden v\ 1 asser des Pießlingbaches hervor, ein Naturschauspiel von seltener Schönheit und Großart igkeit. Im Präwald führt der Vleg in großen Schleifen zur Höhe der Thomerlalm. Nach dem Dunkel des Hochwaldes grüßt uns alsba ld goldiges Sonnenli cht , wir treten hinaus auf einen von Tannen und Lä rchen umsäumten lieblichen Almboden. E ine wetterbraune Hüt te mit einer Ba nk davor li eg t am 1t\Tege und ladet zur R as t , di e J agdhütte a uf der Thomerlalm. Doch wir steigen weiter, es öffnet sich der Wald, di e hellgrünen Lä rchen und dunkl en Fichten treten zurü ck, und rund umglute t von Alpenro en lieg t di e Dümlerhütte. Kaum viele Schutzhütten ha ben eine so hervor ragende Lage wie die letz tgenannte Hütte. Im Norden steht der Kleine Pri el, weiter draußen die Kremsma uer ; üb er d em weiten T a lkessel von Vorder- stoder und Windisc hgarsten steigen di e ka lkwe ißen Gipfel des Sengsengebirges auf, während über die Bärenwa nd der Große Pyhrgas hereinschaut. Eine Besteigung d es Wa rschenecks kann j eder einige rma ßen geübte Bergwanderer a usführen , der Aufsti eg beansprucht eine Zeit von drei bi s dreieinha lb Stunden. D er W eg führt über di e \I\Ta ldgrenze zum Lanafeld und an der Roten 1!\land vorbei zur Speikwiese. Nun geht es nach Querung einiger Geröllfelder über die Felsblöcke des „T o ten lVIann" auf die H ochfläche und weiter in sanfter Steigung zum 2386 m hohen Gipfel , auf dem im J ahre 195 1 ein sechs lVIeter hohes Gedenkkreuz errichtet wurde. D ie Aussicht reicht einerseits vom Gesäuse, Hochschwab und Ötscher bis weit über d en Glockner hin a us, a nderseits vom dunkl en Saum d es Böhmerwaldes bis weit hinunter in die grüne Ste ierma rk. Die Prachtbilder stellen die Prielgruppe und der Dachstein. Vom Gipfel aus ka nn nun di e große Gratwanderung zum Schrocken und Hochmölbing a nge tre ten werden. Ein ganz leichter Abstieg führt in einer Stunde zur Zellerhütte, von dort könn en di e Tal- orte Vorderstoder, R oßleithen, Windischga rsten oder Pi eßling in zwei bis drei Stunden erreicht werden . Von der R o ten 1!\land über den lieblichen Brunnste insee oder über den Halssa ttel führt der Weg zum Linzer H aus a uf der Wurzeralm und weiter nach Spital am Pyhrn. Die Flora d es Wa rscheneckstockes gilt als eine der reichhaltigs ten in den nördlichen K a lkalpen. Der Frühling häl t seinen Einzug mit leuchtenden Schneerosen und dem glühenden Bergheide- kraut. Zur selben Zeit sind die v\Tiesen der Ni ed erungen mit einem wogenden und duftenden Blütenmeer von Narz issen und Troll- blumen übersät . Der Sommer breitet seinen M antel aus d em Purpur der Alpenrosen über H änge und Steilhalden , und di e dunklen Enzia nglocken leuchten gleich geheimnisvollen Augen aus dem Grün d er Almböden . Wer a bseits von den üblichen \ ,Vegen geht , findet noch den seltenen Türkenbund, di e wundersame Orchideenblüte d es Frauenschuh, die dunkelroten , duftenden Kohlröserl , den Speik u. a Wir sehen gerade in diesem Gebiet, daß endlich e in aktive r Schutz dieser Alpenpfla nzen e insetzen muß , sollen sie nicht wirk! ich eines Tages gänzlich a usge rottet se in . Möge das neue La ndes-Na turschutz-Gesetz beit ragen , di esen Bergen ihre herrli chen Blumenkinder zu erhalten! Bi etet das sommerli che \IVa rsch eneckgebi et dem höhenfreudigen V\Ta nd erer schon sehr viel , so erschließt der Bergwin te r dem Ski- a lpinisten ein neues R eich und viele neue \!\lege . H at im Sommer die Dümlerhüt te wegen ihrer freien, hohen Lage ein en gewissen Vorzug, so im v\ 1 inter unbeding t das Linzer H aus auf der Wurzer- a ltn bei Spital am Pyhrn. Di e ·w a rscheneckgruppe wurde schon vor fünfzig J ahren als hervo rragendes Skigebie t entdeckt und er- kannt. Der „Linzer Ski- und R odelklub " richtete bereits vo r dem ersten Weltkrieg seine a lte Skihütte auf der \ 1 \Turzeralm ein und begann damit eine ungea hn te Entwicklung des tourist ischen LI N K E S lSITE OBE N : GLE l NKE R StE G E G E N PYHR GAS / UNTEN: ZELLER.HÜTTE MIT PRI E L GRUP PE 3]

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2