(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 6. Jahrgang, Heft 1/2, 1956

Flußkraftwerken, wie am Inn oder der Enns, ebenfalls eingehalten werden kann, während Wasserkraftb auten an der Dona u oder Speicherwerke eine noch längere Bauzeit haben. Daraus ergibt sich zwingend die Forderung nach ehes ter Bereit- stellung der für den weiteren Ausba u d er Elektrizitä tswerke erforderli chen Mittel. Da niema ls übersehen werden kann , was sich in einem einzelnen Betri ebe als Folge einer V erbrauchs- einschränkung ereignet, muß der Ausbau der Energiewirtschaft einer Entwicklu ng der stromverbrauchenden Industrie vorangehen. Wie groß di e Aufgabe ist, um die es sich hier handelt, möge da raus hervorgehen, da ß a ndere Lä nder etwa 3 Prozent d es gesamten Volkseinkommens a llj ährlich für den Ausbau neuer Stromve r- sorgungsa nl agen verwenden, um dem Anstiege d es Stromver- brauches gerech t zu we rden . Dies gilt für Länder, in denen ha up tsächlich Dampfkraftwerke zur Errichtung kommen. Wi r hier in Österreich, di e wir in erster Reihe das Naturvorkommen der v\/asserkräfte a usnützen und daher zu gleicher Leistungs- steigerung der Stromerzeugungsanl agen mehr Geld a ls andere Länder aufwenden müssen, werden vielleicht 4 Prozent des Volkseinkommens j ährlich dem Energieausba u zu widmen haben. Während a lso die Probleme, die die Errichtung neuer Kraftwerke dem Techniker stellen, ohne weiteres gelöst werden können , ha rrt d ie Frage, wi e di e Geldmittel für den Ausba u der Stromversor- gungsa nl agen beschafft werden, noch ihre r dringenden Lösung. Dir. Dipl.-Ing. K arl L a u sc h * Die statistische Vorausplanung der Vorsorgen für di e Deckung des S trombed a rfs liegt im wesentlichen in den H änden des Bundes- und der Landeslas tverteiler. Die globa le Erfahrung der letzten J ahrzehnte a us a llen Ländern ergibt, d aß sich im a llgemeinen der Stromverb ra uch in zehn J ahren verdoppelt, was einer j ährlichen Zuna hme von etwa 7 ½ % entspricht. Das bedeutet fü r Österre ich etwa, daß a llj ährlich ein Kraftwerk in der Größen- ordnung von J ochenstein neu in Betri eb genommen werden muß. D a heu te p raktisch di e Elektri zitä tswirtscha ft des ganzen Konti- nents gekoppelt ist, können vorübergehende örtliche Unterschiede durch Energieausta usch über die Grenzen ausgeglichen werden ; es wäre müßig, di e Ausbaudispositionen für ein kleines Gebiet, etwa fü r ein ös terreichisches Bundes land, a llein beurteilen zu wollen. Auffallenderweise gilt das obige Wachstumsgesetz unab- hängig d avon, ob ein Land in der Elektrizitä tsanwendung rück- ständig oder sehr weit for tgeschritten ist. Es gilt daher für di e Vereinigten Staaten und di e Schweiz gena u so wie für andere Länder. Allerdings ist die Zuwachsra te in Ländern , die einen großen Nachholbedarf haben , stä rker ; sie betrug in d en letzten J ahren in Ö sterreich und anderen europä ischen Ländern 12 %, j a sogar 16 %- Daß dieser Nachholbed a rf längere Zeit hindurch bes tehen bleiben wird, geht da raus hervor, daß dem amerika- nischen Arbeiter das D re ifache an elektr ischer Leistung und Arbeit zur Verfügung steht wie seinem mitteleu ropä ischen Kol- legen ; da her kann di e Produktivitä t und fol glich a uch das Real- einkommen des amerikanischen Ar beiters wesentlich höher sein. Fortschreitende und intensivere Elektrifi zierung ist da her wesent- lich für die H ebung des Lebenss tandards des Volkes und damit a uch für die Erha ltung des soz ia len Friedens. Sie ist da her nicht nur eine Frage d er Erwerbswirtschaft , sondern ein öffentliches Interesse ersten R a nges, obwohl sie leider noch ni cht a llgemein als solches erkannt wird. Man muß sich vor Augen ha lten , da ß vier J ahre ehe eine Werkzeugmaschine aufges tellt wird , mit dem Bau des Wasserkraftwerks begonnen werden muß, d as sie mit Strom versorgen soll. Eine Schwierigkeit liegt darin, da ß di e Wasserkrafta usbauten sehr kapitalintensiv sind. Dafü r sind sie praktisch risikolos, denn Verwendung für die gewonnene Kilowa ttstunde wird immer bes tehen. Das ha t sich z. B. wä hrend der großen amerikanischen Wirtschaftskri se der dreißiger J a hre gezeig t , in der selbst ein Zusammenbruch d er industriell en Beschäftigung auf 30 % des früheren Höchststandes nur einen Einna hmeausfall der Elektri- zitä tswerke von 6 % zur Folge ha tte. Da in d er modernen Gesell- scha ft die K apitalbildung und K apitalanl age dem Grundsa tz der Freiwilligkeit fol g t, wird es wohl begründet sein , wenn di e Öffentlichkeit den an sie gerichteten Appell en der Elektrizitä ts- wirtscha ft um die Beistellung weiterer Kapitali en für den Wasser- kraftausba u Folge leistet. Infolge der weiträumigen K oppelung von Energieerzeugung und -beda rf ist es unwesentlich , wo Neubauten errichtet werden. Es ist daher ri chtig, bei diesbezüg- lichen Entscheidungen pa rtikula ri stische Erwägungen zurückzu- stell en und eine Zersplit terung der verfügba ren knappen Mittel a uf den Bau mehrerer kl einer Anl agen von nur örtlicher Bedeutung zu vermeiden , um im Geiste eines wirklichen Födera lismus die a uf j eden Fa ll knappen Mittel auf den Bau wirksamer Groß- a nl agen zu konzentrieren. Das Schlagwort vom „weißen Gold" das die Wasserkraft da rstellt, tri fft nicht zu. Soll die Wirtschaft befruchtet werden, so muß die Wasserkrafterzeugung auf über- höhte Gewinne verzichten. Die Wasserkräfte bilden daher nicht, wie man öfters meint, die Goldgrube, wohl aber die absolut sichere Spa rbüchse der Volkswi r tschaft. Dr.-Ing. Kurt Kr a uß KRAFTWERKSBAU UND NATURSCHUTZ Zu den vielen neuen Wörtern, die die jüngere Zeit gepräg t ha t, zählt d as Wort Wasserhausha lt. Man versteht da runter die Ver teilung und Ausnützung der vorhan- denen Gewässer für die Zwecke der Wirt- schaft. Ein großer T eil der zivilisierten Menschheit is t heu te gewohnt, den Wasser- leitungsha hn au fz udrehen und die no twen- dige Menge Frischwasser ohne Umstände zu entnehmen. Obwohl etwa zwei D rit tel der Erdoberfl äche aus Wasse r besteht, ist die Wasse rwirtschaft erst in einem solchen Umfang geregelt, d aß bislang nur ein geringer T eil der Menschheit solche An- nehmlichkeit genießen kann. Weite Gebiete der Erde sind durch na türliche Einflüsse oder durch Ma ßna hmen des ·Menschen ve rödet, wo er lange Zeit hindurch den Kreislauf der Natur unterbrochen oder ges tört ha t (Versandung, Versteppung, Ver- ka rstung), anderen ha t dasWasser durch An- schwemmungen zur Entwicklung höchster Kulturen verholfen (Nil , Ganges, Po) . Die moderne Zivilisation ha t es mit sich gebracht, d aß sich die Menschheit zur Lösung und Bewä ltigung der ihr laufend ges tellten Probleme in immer größerem Maße der Maschinen bedienen muß . Als deren bes tes Antriebsmit tel gil t im a llge- meinen d er elektrische Strom, der in immer größerer Menge gebraucht wird. Die aus der Wasserkraft der ganzen Erde gewonne- nen Energien betrugen im Jahr 1900 900 Millionen kWh, im J a hre 1950 720 Mil- lia rden kWh. Wegen des ste tig steigenden Strombeda rfes ist ein ständiger Ausbau von v\/asserkraftanlagen erforderlich , der in den einzelnen Ländern durch die zur Verfügung stehenden Arbeitskrä fte oder das bereitges tellte Kapita l begrenzt wird. Ob- wohl di e Amortisation d es in Wasserkraft- anlagen inves tierten K a pita les a ls langfri stig bezeichnet werden muß, ist nicht zu be- fürchten , da ß diese Werke durch Atom- kraftwerke wertlos oder verdräng t werden würden, weil eine ra tionelle Wasserwirt- schaft immer die Voraussetzung einer rationellen Landwirtschaft bleiben wird. Die Staubecken der Wasserkraftwerke er- setzen wasserwirtschaftlich die in früheren Zeiten zu hunderttausenden vorhanden gewesenen Weiher , Teiche und Fluder kl einer Mühlen und Hammerwerke. Durch Sta ubecken wird der Grundwasserstand gehoben und die Ufer werden weithin durchfeuch te t. Da die Pflanzen 95 Prozent ihrer Substanz aus Wasser und Luft auf- bauen, ergibt sich aus der stä rkeren Durch- feuchtung d es Bodens ein üppigerer Pflan- zenwuchs, eine vermehrte Verdunstung und damit eine günstige Beeinflussung des örtlichen Klimas nach der milden Seite hin. Was der Stausee der Landwirtschaft an Fläche wegnimmt, erse tzt er somit durch erhöhte Fruch tba rkeit. Diese Auswirkungen sind in ausgesprochen fl achen L ändern bedeutend stärker a ls in bergigen Gebie ten , da dort bei gleicher Stau- höhe die Stauseen eine weit größere Aus- 74

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