(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 6. Jahrgang, Heft 1/2, 1956

zesse verlangen die Anwendung von Mate- rialien verhä ltnismäßig geringer Wärme- beständigkeit, da her sind die erzielbaren Temperaturen und Dampfdrücke niederer a ls sie heute in den vollkommensten brenn- stoffgeheizten Kraftwerken a ngewendet wer- den. Dies führ t dazu, daß vielfach gemischte vVerke erwogen werden, in denen die Atom- energie nur di e Verdampfung bewirkt, während Überhitzung und Zwischenüber- hi tzung des Dampfes in brennstoffbefeuer- ten Apparaten erfolgt . untergeordne te Rolle. Sowei t nicht der Strahlenschutz eine Mindestentfernung von dicht bewohn ten Gegenden notwendig macht, kann das Atomkraftwerk an belie- biger Stelle errichte t werden , weil Trans- portkosten des spaltbaren Materials keine R olle spi elen . Die R egelvorgänge, um di e Energieproduktion einer schwankenden Be- lastung anzupassen , sind beim Atomkraft- werk eher noch komplizierter a ls beim Dampfkraftwerk und wesentlich schwer- fälliger a ls bei Wasserkraftwerken. doch die Wasserkraft neben der Atomene r- gie ihre Existenzberechtigung beha lten . Das Zusammenwirken wird sich in Hin- kunft so ges talten, daß Atomkraftwerke den unveränderlichen durchlaufenden T ei l der Belastung decken , während di e Wasser- kraft den veränderlichen Teil des Ener- giebed arfes und die R egelvorgänge für di e Anpassung der Gesamterzeugung an den schwankenden Bedarf über- nimmt. In den J a hreszeiten reichlichen Wasse rdargebotes wird man auch die Atom- kraftwerke zeit- und turnusweise für Er- haltungs- und R eparaturarbeiten außer Betrieb nehmen können. Aus diesen G rün- den warnen auch a lle Fachleute der K ern- phys ik von R ang, wie Otto Hahn und Hans Thirring, die an \ ,Vasserkräften reichen Länder davor, etwa in Erwartung umstür - zender Erfolge der K ernenergiegewinnung d en Ausbau der unerschöpflichen Energie- quell e Wasserkraft zu vernachlässigen. In ihrer wirtschaftlichen Charakteristik ähneln die Atomkraftwerke den Wasser- kraftwerken . Sie erfordern sehr hohe An- lagekos ten , bedingt durch die Verwendung seltener und darum teurer Materialien, wie Zirkonium und Titan, ferner umfangreiche Vorkehrungen für den Strahlenschu tz der Umgebung und für die unschädliche Be- seitigung d er aktiven Rückstände. Dagegen spielen di e K osten des dem Verbrauch unterliegenden spa ltbaren Materials eine Alle diese Tatbestände führen dazu , daß nach heutigen Erkenntnissen die Be- ziehungen zwischen den Atomkraft- werken und den Kraftwerken herkömm- licher Bauformen , insbesondere den Wasser- kraftwerken, nicht m it einem „oder", son- dern nur mi t einem „und" gekennzeichnet werden können: vVenn man auch hofft , daß die Atomkraftwerke die voraussichtli ch in absehbarer Zeit zu Ende gehenden Brenn- stoffe a llmäh lich ersetzen werden, so wird Dr. I ng. Kurt Krauß STROMVERBRAUCH UND STROMERZEUGUNG In den J a hren seit 1947 ist d er Ausbau der Energieversorgungs- anlagen rascher vorangeschrit ten, a ls der Steigerung des Strom- verbrauches entsprochen hä tte. Dies wurde a llgemein erkennbar durch di e T a tsache, daß die berüchtigten Zusammenbrüche des Verbundnetzes a ufgehört haben und die vom Bundes lastverteiler verfügten Einschränkungen im Stromverbrauche von einem vVinter zum a nderen geringeres Ausmaß ha tten. Die vorhandenen Kraftwerke reichen derzeit, wenn nicht ganz unvorh ergesehene U mstände eintreten, für die Deckung des Bedarfes aus. Es sind aber keinerl ei R eserven vorhanden, was dadurch augenfällig wurde, daß di e ungewöhnlich lange Periode strengen Frostes im heurigen Februar nicht ganz ohne Einschränkungen überwunden werden konnte. Wenn man das Verhältnis von Stromverbrauch und Strom- erzeugung für die Zukunft untersuchen will, so kann man davon absehen , j edes einzelne Bundesland für sich zu betrachten, weil d as österreichische Verbundnetz im gegenwärtigen Ausbau- zustande ges tat tet, einen etwa örtlich auftretenden Mangel durch Stromzufuhr aus anderen Gebieten zu decken. Im übrigen kann gesagt werden, daß sich der Stromverbrauch in Oberösterreich in den letzten J a hren annä hernd gleichlaufend mit j enem in ganz Österreich entwickelt hat. Man muß also die einschlägigen Unter- suchungen für d as ganze Bundesgebiet anstell en, was schon schwierig genug ist ; denn es ist keineswegs hinreichend, die zu erwartende Jahreserzeugung der Kraftwerke mit dem j ährl ichen Verbrauche zu vergleichen. Da der Stromverbrauch im v\ 1 inter am größten ist, zu di eser Zeit aber die Wasserführung und damit a uch die Stromerzeugung der Flußkraftwerke am kl einsten , kann man zu brauchbaren Ergebnissen nur kommen , wenn man Er- zeugung und Verbrauch für einzelne Monate des J a hres gegen - überstell t; auch dann wird dem Ergebnisse noch eine gewisse Unsicherheit anhaften, einerseits weil die Wasserführung von J ahr zu J ahr verschieden ist, andererseits a ber, weil man bei Beurteilung des Verbrauchszuwachses auf Schätzungen ange - wiesen ist . Daß es ni cht leicht ist, in der letzteren Hinsi ch t das Rich tige zu treffen, möge das Beispiel des Vorjahres zeigen . Im Jahre 1954 ist der Stromverbrauch gegenüber dem J ahre 1953 um 12,4 Pro- zent gestiegen, nachdem der Zuwachs von 1952 auf 1953 8,7 Pro- zen t betragen hat und von 195 1 auf 1952 noch etwas geringer gewesen war. Man führte den raschen Anstieg d es Verbrauches 1954 darauf zurück, daß in diesem Jahre die Voll beschäftigung der Industrie erreicht wurde, und es war vielfach die Ansicht verbreitet, daß di e Verbrauchssteigerung von 1954 auf 1955 73 wieder eine geringere sein würde. Tatsächlich aber war der Verbrauch des J ahres 1955 um 12,5 Prozent größer als j ener von 1954. Immerhin dürfte der starke Anstieg d es S tromverbrauches in den beiden letzten J a hren konjunkturell bedingt sein, und da her legt man einer Vorausberechnung des Stromverbrauches in der R egel di e Annahme zugrunde, daß sich der Verbrauch in zehn J a hren verdoppelt , was einer etwa 7prozentigen jährlichen Zu- nahme entspricht . Un ter dieser Annahme kommt man zu dem Ergebnis, daß die zur Zeit im Gange befindlichen Kraftwe rks- bauten gestatten werd en, noch im J a hre 1959 den Stromver- brauch zu decken. F ür die Zeit nachher muß durch d ie Inan- griffnahme neuer Bauten Vorsorge getroffen werden. Zwei Gründe sprechen dafür, daß sich unter den neuen Bauten auch Dampfkraftwerke befinden . Der eine liegt in der Beschränkung der zur Verfügung stehenden Geldmi tte l, da das Dampfkraftwerk zwar teurer im Betriebe ist, aber bei gleicher Leistung erheblich kl einere Ausbaukosten hat wi e ein Wasserkraftwerk, der andere darin, da ß sich di e Erzeugung eines Dampfkraftwerkes in wirt- schaftlicher Weise j enem Fehlbedarfe anpaßt, der gerade zu dem hier betrachteten Zeitpunkte nach 1959 zu erwa rten ist; denn es werden zu di eser Zeit durch drei bis vier Monate im J ahre noch Stromüberschüsse aus Wasserkraftwerken zur Verfügung stehen, während di e verfügbare Erzeugung durch etwa acht M ona te im J ahre, und das ziemlich gleichmäßig, zu gering sein wird . Daher wird j e tz t eine Vergrößerung d es Dampfkraftwerkes in St. Andrä in Kärnten eingeleitet, und überdies sind Bes trebungen im Gange, die Erdgasvorkommen in Niederösterrei ch zur Er- zeugung elektrischer Energie auszunützen. Damit wird aber das Bes treben , di e österreichischen Wasserkräfte auszuba uen, keines- wegs verlassen. In Österreich sind noch rund 30 Milliarden kWh j ährli ch an ausbauwürdigen Wasserkräften zur Verfügung, und somit wird das Ausbauprogramm fü r die Bedarfsdeckung ab 1959 auch Wasserkräfte enthalten. Es scheint bereits fes tzustehen , da ß in dieses Programm das Kraftwerk Edling an der Drau, di e Kraftwerke Losenstein und St. Pantaleon an der Enns und di e lnnstufe Schärding-Neuhaus fa llen werden, wovon di e drei letzteren für Oberösterreich bemerkenswert sind, da sie ganz oder teilweise im Lande liegen. Für spätere Ausbau ten, soweit Oberösterreich in Betracht kommt, werden das Speicherwerk Kastenreith an der Enns und di e Donaustufe Aschach vorbereitet. Der Beginn neuer Kraftwerksbauten ist aber dringend, da sich der Bau von neuen Dampfkraftwerken kaum in kürzerer Zeit a ls in drei J ahren bewerkstelligen läßt, eine Bauzeit, die bei

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