(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 6. Jahrgang, Heft 1/2, 1956
IM SPIEGEL DER MEINUNG VON ENERGIEFACHLEUTEN DIE ATOMKRAFT IN DER ENERGIEVERSORGUNG In a llen Ländern n imm t de r Energiever - brauch stürmisch zu, so daß die verant- wortli chen K re ise von R egierung und Wirtschaft nach neuen Energ iequellen Aus- schau ha lten, zuma l d ie Bes tä nde an K ohle, E rdöl, E rdgas und Wasserkraft nur be- schrä nk t verfügbar sind. D ie Bedeu tung der K ernenergie fü r die künftige Energieversorgung d er Welt ersieh t man am besten aus fo lgendem Vergleich : Das Wärmeäquivalent der geschä tzte n Vor - räte an K ernspa ltmateria lien (Uran und T horium) übertrifft mehr a ls 20fach das der gesam ten Vorkommen d er E rde an K oh le, E rdöl und E rdgas . Zen trum und wichtigs ter Teil eines j eden Atomkraftwerkes (ri chtiger: K ernkraftwer - kes) ist d er Reak to r. In ihm wi rd di e K ern- stoffspa ltung d er eingebrac h ten Spa ltstoffe vorgenommen und die in g roßen M engen dabei fr ei werdende K ernenergie mi t den unvermeid lichen Umfo rmungsverlusten in eine für die Stromerzeugung verwendbare Form von \ i\lärmeenerg ie überführt . Um einen Begriff von der Größe der d abe i ent- stehenden Energ irmengen zu ge ben, se i er- wähn t, da ß I kg Uran 235 den gleichen Wä rmeinha lt wie 2 1/2 Mi ll ionen kg Stein- koh le hat. Es kos te t ca. 25. 000 Doll a r und ist im Ver hä ltnis zu amer ikani sc hen K ohlen- preisen keineswegs bill ig. Bisher wurden ca . 36 ve rschi edene R eaktor typen en twickelt, bei denen j eweils \i\lärmever brauch, Baukosten und Betri ebs- sicherheit, einschließlich Schutz der Men- schen vor Strah lungsschäden , ein unter- sch ied liches Gewicht haben. D ie E n twick- lung ist noch in voll em F luß . \,Vie we it ta tsächlich d ie A.tomenergie in der gegenwär tigen Energieversorgung bereits Eingang gefunden hat und wie ihre Ver - wendung in der näc hsten Zukunft beschaffen sein dür fte, soll d urch die nachstehenden Ausführ ungen deu tl ich werden . 4 kl einere K ernkraftwerke stehen in den USA, Großbri tannien und U dSSR , das erste bereits seit 195 1, in Betrieb . Es ist interessan t, d aß das kohlen re iche Engla nd , das durch seine stagn ierende K ohl enförd e- rung am meisten vom Bren nsto ffmangel bedroh t ist, ein umfang reiches Ausbaupro- g ramm aufste ll te und bis 1965 K ernkraft- werke mi t d er erheblichen Leistung von 1500- 2000 MW er r ichten wird (het1tige L ::: i- stung a ll er englischen Kraftwerke zusam - men : 20 .000 MW) . In den USA werden bis 1960 Atomgroßkraftvverke mit einer Gesamt- leistung von 750 bis 1000 Mv\l den Betri eb aufnehmen, di e einen I nves t·itionsaufwand von ca. 2.50 bis 350 M illi onen Doll ar er - fo rdern. D er Energ ieausschuß der OEEC schä tzt d en Anteil der Atomenergie an d er Versorgung v\les teu ropas im.Ja hre 1975 a uf ca . 8%. Die Errichtungskoste n eines K ernkraft - werkes sind gegenwär tig ungefä hr zwe i- bis dreima l so hoch a ls d ie ein es Dampfkraft- werkes herkömmlicher Ar t. Atomkraftwerke sind d aher sehr kapita lintensiv und erreichen ihre größ te Wir tscha ft li chkeit d ann, wenn sie mit Voll as t ganzj ä hrig be trieben werden können . Sie sind d adurch am bes ten zur Deckung de r Grund las t geeignet . D ie Brennstoffkosten bei K ernkra ftwerken, das sind di e K os ten d es spa ltbaren M a te- ria ls, sind bei d en j etzt gepl a n ten Anlagen ungefähr g leich den K ohlenkos ten bei Dampfkraftwerken , we lche in Öster re ich im Durchschnitt ca . S 0. 16 p ro erzeug ter K ilowatts tunde betragen, in Amer ika mi t seinen niedrigen K ohlenpre isen a ber in ein - zelnen mod ernsten Anlagen nur S 0.07/k\ i\l h. M a n hofft , bei den K ernkraftwe rken im Zuge der En twicklung zu wesent lich gerin- geren Brennstoffkos ten, e twa S 0.03/kWh , zu gela ngen . In einem La nde wie Österreich, das noch reichliche una usgeni.i tz te \N asse rkräfte mit günstigen Ausbaukos ten besi tzt, w ird der Einsa tz der K ernkraft zum Zwecke der Energieversorgung wir tscha ft lich erst d ann ver tretba r sein, wenn der Groß teil de r Wasserkrä fte du rc h Ausbau · ben:i ts er- schlossen ist. Bei einem Vergleich vo n Wasse r- und K ernkraft d arf n ich t vergessen werden , daß das spc>. ltba re i\ila ter ia l bei u ns einge- fü hr t we rd en m uß , was unter U mstä nden zu gewissen Ze iten a us poli tisc h-militä r i- sc hen Gründen große Schwierigkeiten be- re iten kann . Auch ist zu erwägen, d a ß das spa ltbare Materi a l kostenmä ßig stets eine Roll e spielen wird und bei der Verwendung sich ganz ve rbraucht, wä hrend d as \!\lasser in seinem ewigen Kreisla uf immer erneut und umsonst zur Verfügung steht. \i\lenn auch bei uns d ie A t omkraft zum Zwecke der Energieversorgung in nächster Zeit kaum in Erscheinung treten wird, so ist es doch schon j etzt notwendig, a uf dem Gf' - biete der A tomwissensc ha ft und -forschung 1\ nsch luß an das fo r tgeschrittene Ausland zu gewinnen . Die eben gegründete S tudi en- gese ll schaft für Atomfo rschung wird neben der H eranbilclung eines entsprec hend ge- schu lten Fachpersona les a lle j ene wissen- sc ha ftlichen und technischen G rundlagen zu erarbeiten ha ben , a uf d eren Bas is spä ter zu gegebener Z<"i t d ie ri ch tigen E ntschlüsse für d ie Erzeugung u nd Verwendung der Atomenergie in Österreich gefaßt we rden können . Obers tl eutnan t a. D . .J. H a r t m a n n * N ac h d em heu tigen Stand der Ke rnph ysik ist es nur möglich , die bei K ernprozessen fr eiwerd ende Energie in d er Fo rm von \ !\lärme zu gewinnen. Di e di rek te Gewin- nung anderer , !eich ter zu hand ha bender Energieformen, z . B. der E lektriz itä t, a us K ernumwandl ungs prozessen ist zur Zeit ni cht möglich, und es ist auch nich t a bzu- sehen , ob und wann di es ge li ngen wi rd. Das Atomkraftwerk wird da her immer ein \i\l ä rmekraftwerk sein , und zwa r nac h heu- tiger Erkenn tnis ein ziemlich schlec h tes Wä rmekraftwerk. Denn d ie in den Atom- meil ern sich abspi elende n chemi schen Pro- Ausführung sämtlicher Licht-, Kraft- und Schwachstrom-Installationen ELEKTRO-BAU A.G. LINZ , KRAUSS-STRASSE 7, TELEFON 26321 u No 26391 SERIE
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