(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 6. Jahrgang, Heft 1/2, 1956
Indikationen und Kurmittel von Bad Ischl Von Med . - Rat Dr . Adolf ~Höchsmann Aus : Wiener klinische Wochenschrift Zu Anfang des 19. J a hrhunderts war die a usgezeichnete Wirkung der Seebäder an der Nordsee auf den kranken menschlichen Organismus bekannt geworden . Dies gab die Veran lassung, daß in verschiedenen deutschen Orten Badeanstal ten errichte t wurden , um in ihnen durch Zusatz erwärmter Kochsa lzsole a uf d en kranken Körper einzuwirken und dadurch auf di e möglichst bes te \t\leise Meerbäder zu ersetzen. Di es wa r der Gedankengang, der zur Einführung der Solbäder in die Therapie führte. Es war dadurc h die Möglic hkeit gegeben, eines tei ls durch g rößere Solezusä tze die Wirkung d er gewöhnlichen M eeresbäder beliebig zu verstär- ken, anderntei ls d ie Bäder unabhängig von der J ahresze it und der Witterung gebrauchen zu lassen. Durch dieses Beispiel in d en d eutschen Orten a ngeregt, un ter- nahmen nun eine Anzah l Wiener Ärzte vor mehr a ls hund ert Jahren, im J a hre 182 1, di e dama ls noch sehr beschwerliche R eise in das Salzkammergut, um zu studieren, ob nicht auch d ie Salz- so le d es Sa lzkammergutes sich zu Bädern verwenden ließe, und um dann den geeignetsten Ort für die Gründung eines Solbades auszuwähl en. Sie waren entzückt von der herrlichen Gegend , und die einla dende zentra le Lage von Isc hl mit der hi er vorhan- denen kräft igen Salzsole sc hi en ihnen zur Gründung eines Sol- bades a ls di e vorte ilhaft es te. Unter di esen Wiener Ärzten befand sich Dr. Ritter von \ ,V ir e r , der nun im Verein mit d em !schier Salinenarzt Dr. Götz und dem ! schier Bürger Tän z l a n die Errichtung des ersten Solbades in Österreich schritt . Im Jahre 1822 konnten bereits, von den \ 1 \li ener Ärzten geschickt, die ersten Kurgäste in Bad Ischl begrüßt werden. Auf die Anlage und das K lima Bad Isch ls übergehend, kann gesagt werden , daß d :e Stadt a ls klima tischer Kurort in thera- peutischer Beziehung von hervorragender Bedeutung ist. Viele Kurorte sind gezwungen große Parks und Promenaden anzu legen, um den Kurgäs ten einen halbwegs angenehmen Aufenthalt im Freien zu bieten. Bad Ischl, im Zentrum des Salzkammergutes, lieg t, kann man sagen, in einem ungeheu ren Naturpark , umrahmt von Bergen, di e vom Fuße bi s zur Vege- tationsgrenze dicht bewa lde t sind; über den Wäldern ze igen sich schön figuri erte Felsspitzen, gegen Süden der König Dachstein mit seinen herrlichen Gle tschern. ach a ll en Seiten führ en Täler , Flüssen entlang, zu neuen schönen Szenerien. In der nächsten Umgebung find e t sich eine g roße Anza hl der herrlichsten, größeren und kl eineren Gebirgsseen rund um Ischl vertei l t. Es genügt darauf hinzuweisen, daß nach d en reichen Erfahrungen, welche innerha lb vieler Dezennien hi er gesammel t werd en konnten , sich der milde, die Nerventätigkeit und den Stoffwec hse l nur leicht erregende Einfluß unseres K limas in besonders woh l- tuender \ 1 \l eise gel tend macht bei schwäch lichen, anämischen, und ersc höpften M enschen , di e in der R egel den stärkeren, eine größere v\liderstandsfähigkeit beanspruchenden R eiz d es Hoch - ge birges od er d es Meeresklimas nicht vertragen . v\las nun di e Kurmittel Isch ls selbst anbelangt, so ist di e Sole an erster Stelle zu nennen. Es steht die vollwertige Sole zur Verfügung, die durch Aus laugung der Salzberge gewonnen wird. Die !schier Sole enthäl t 31 % Sa lze, wovon 27 % reines Kochsalz sind. Infolge der sta rken Konzentration der ! sch ier Sole können Bäder in j eder gewünschten Stärke verabfolgt werden. Durch den durch Solbäder ausgelösten H autre iz wird der Stoff- wechse l a ngeregt, die Koh lensä ureausscheidung vermehrt , di e Sauerstoffzufuhr gesteigert. Es tritt ein vermehrtes Bedürfnis nac h Nahrungseinnahme a uf, was zur Erhöhung der Oxidation und Assimilation und zur H ebung der gesamten Konstitution führt. Solbäder kommen daher bei a llen Erkrankungen in Frage, bei welchen der Stoffwechsel darniederliegt und Neigung zu chroni schen Entzündungen und Exsudatbi ldungen bes teht. Di e Wirkung der So lbäd er hä ngt a b von der Menge d er beige- se tzte n Sol e, von der T emperatur und der Dauer des Bades. Die Dos ierbarkei t des Solbades ermögli cht jede in therapeutisc her Bez iehung wünschenswerte Konzentration , j e nachdem man nur eine anregende oder durch hochwertige Solbäder eine r esor- bierende v\lirkung anstrebt . Vollwert ige Solbäder können nur in Orten verabfolgt vverden, in welchen die Sole in die Bade- hä user se lbst geleitet werden kann, mithin in r eic her M enge zur Verfügung steht . Bäder von I bi s 3 % Solegeha lt sind a ls sc hwache, von 3 bis 6 % als mittelstarke und von 6 bis 12 % a ls starke Salzbäder zu beze ichnen. Es wurde n j edoc h auc h Salzbäder b is zu 25 % mit g utem Erfolg und ohne sc häd li che E inwirkung auf den Körper ve rabfol gt und wir möchten gerade di e ri chtige Anwendung hochkon zentri erter Sol e besonders in den Vordergrund stell en. Als weiteres Kurmittel ist der Salzbergsc hwefelsch lamm zu nennen. Es ist di es d er Schl amm, der nac h Aus laugung d es Sa lzberges im Berge zurü ckb leibt. D iese r bes teht aus schwer lös lichen Salze n und Erd en und wird ge trockne t und gema hl en den Solbädern in größeren Meng~n zugese tz t. Durch di ese Beimengung wird die sto ffwec hsel- und resorptionsfördernde Wirkung der Solbäder noch um bed eutendes gesteigert, d ie T empera tur dieser Bäder kann w ie bei den Schlammbädern im a llgemeinen erhöht werden, und es eignen sich daher di ese Schl ammbäder hauptsächlich d az u, sehr ha rtnäckige, chronisc he, gic htische, neura lg isc he und exs udative Prozesse zur H eilung zu bringen. W ie Fangoschl amm, d er Schlamm vo n Pistyan usw. , wird a uch der Bad-Ischl-Schwefel- schlamm zu loka len heiße n Einpackungen verwendet. Die Wir- kung der Bäder wird durch d iese loka len Applikationen noch gefördert und verme hr t. Zu erwähnen wäre noch di e l\!Iutterla uge; es ist di es j en e F lüs- sigkeit, die nach dem Verkoc hen der So le und dem Ausfall des K ochsalzes zurückbl eibt und hauptsächli ch d ie schwer löslichen Sa lz e enthä lt. Die Mutterl auge wird zu Umsc hl ägen nach Art Prießn itzer-\,Vicke l verwendet und wirkt a ußer durch di e dem Wickel gegebene T emperatur a uch durch di e im Umschlage enthal tenen Salze . Zu nennen sind noc h die Bad-Isc hl er Schwefelq uell en, welche es ermöglichen , in I schl auch Schwefelbäder mit den bekannten Indikati onen und Wirkungen bei Rheumat ismen und Gicht zu verabfolgen. v\lir kommen nun zu den zur Verfügung stehenden Trinkquell en, der M a ri a -Luisen-Quell e, der Schwefelqu ell en I , II und III und der Dr. -N usko-Quell e. Die Maria -Luisen-Quelle entspringt eine halbe Stu nde von I sc h l entfernt in Pfand! , und es dürfte dem Namen nach zuerst in di eser Gegend a us der Quell e Sa lz gewonnen worden sein. D ie v\lirkung der Kochsa lzwässer besteht in Anregung und Förderung dP.r Verdauung, Besch leuni- gung des gesamten Stoffwechse ls, ve rmehrtem Umsatz der stickstoffha lti gen Gewebselemen te und gesteigerter Ausscheidung, in rasc herer Aufnahme der a hrungss toffe in d en Kreisl auf und besc hleunig ter Anb ildung d er Gewebe. D ie Sole se lbst wird außer zu Bädern auc h noch zu Inha lationen verwendet, und es stehen zu di esem Zwecke Einzelkabinen und lnhalat ionssäle zur Verfügung. Di e Indika tionen für di e Inha- latione n sind di e Kata rrhe d er Luftwege in a ll en Stad ien , di e trockenen K atarr he wi e di e feuchten, di e Stau ungskatarrhe und ebenso a uch di e verschiedenen Affektionen der ase und des R achens. Durch die Soleinha lation wird der Schleim verflüss ig t, er kann leicht herausbefö rder t werden, die Sch leimhä ute sc hwell en a b, di e Atmung wird dadurch vert ieft und verlangsamt . Koni - fer enextrakte werden den Bädern zugese tzt und üben einen besonders nerve nberuhige nden Einfluß aus. Latschen- und Fichtennadelöl werden zu den Inha lat ionen verwende t, haupt- sächli ch um bei Kata rrhen mit ve rmehrter Schl eimsekretion eine Sekretionsve rminderung zu erzielen. Zur E ina tmung ve rdichteter Luft stehen drei große pneumatische K ammern zur Verfügung, di e hauptsäc hli ch bei Asthma, Em- physem , chronischer Bronchitis, Stauungskatarrhen usw. günstige v\l irkungen ausüben. Durch die Einatmung d er komprimi erten Luft während einiger Stunden d es Tages und durch längeren Gebrauch der pneumatisc hen Sitzungen tritt eine Abschwell ung und An ämi sierung der Bronchi en ein. Di e Atmung wird dadurch erl eich tert, verti eft und der Gasausta usch ausgiebiger. Das H erz wird weniger angestreng t und di e Atembeschwerden ve rschwinden. In den Bad- I sc hler Kuranstalten befinden sich noc h Abtei lungen 1ür K a ltwasserbehandlungen , Dampfkas tenbäder , elektrische Li ch tbäder und künstliche Höhensonn e. 50
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