(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 6. Jahrgang, Heft 1/2, 1956

Petrus, die prächtige Ersc heinung mit dem grnubärtigen Antlitz, im .dunkelblauen Kleid und schweren, faltenreich geschürzten bronzefarbenen Überwurf zeigt mit der Rechten auf das leer e Grab, mit der Linken weist er aufwärts. Drei der Apostel sind in tiefster Ergriffenheit auf ihre Knie gesunken, der eine im ziegel - roten Kleid und dem weißen, tiefdunkel geknickten Überwurf mit gefalteten H änden, das Haupt tief zu Boden geneigt , wagt gar nicht aufzuschauen, so sehr hat das W'under seine Seele überwältigt. Der zweite, mit dem langen weißen Bart, öffnet zögernd seine erhobenen Hände, mit dem verkl ärten Blick des Alters schaut er in sti ll er Verzückung der entschwebenden Mutter seines Herrn nach, indes der dritte mit der ganzen Inbrunst se ines noch jugendlichen Temperamentes die krampfhaft inein- andergefalteten Hände flehend zur scheidenden Gottesmutter emporrichtet. Ein dunkelrotes Kleid umhüllt die zarte Gestalt des jugendlichen blondlockigen J ohannes mit d em seltsam durch- geistigten Antlitz. Ihm, dem bevorzugten Lieblingsjünger, er- schließt sich der tiefe Sinn des Geschehens. Rechts schauen zwei Jünger in ihren graublauen Kleidern in das leere Grab. Sie können das \i\lunderbare noch immer nicht fassen. Der greise Apostel rückwä rts, wie die beiden Männer rechts vor der mächtig auf- steigenden \!Volke, wissen es: Die Mutter unseres Jvle isters schwebt zu ihrem göttlichen Sohn, der zur Krönung sie erwartet. Während auf Erden sich fragendes Staunen mit heiliger Verwunderung mischt, schwebt Maria im weißen Kleid und fliegend gebausch ten blauen Mantel empor , das edle, jugendlich schöne Antlitz von blondem Haar umwallt, von Sternen umsäumt, den Blick ver - klärt nach oben gerich tet, zu den lichten Himmelshöhen. Aller- liebste blondlockige Himmelsboten heben ihre Königin empor, musizierende Engel geleiten sie. Zu Füßen der Himmelskönigin eilt ein a llerliebster pausbackiger Putto in fliegendem Kleider- fähnchen herbei und reicht ein riesiges, duftendes Blumengebinde von Rosen, Lilien und Tulpen a ls letzten Erdengruß. Ein gar niedliches , kleines, blondlockiges Englein kann sich nach Kinder- art gar nicht satt sehen an der zurückbleibenden Apostelschar, schnell klammert es sich noch an die himmelswärts wirbelnden \i\lolkenballen, aus denen vier echt barocke geflügelte Putten- köpfchen herniederblicken . Die staunend vor dem Grab ver- sammelten Jünger und frommen Frau en in der sommerlichen Schwüle, die Mutter des Erlösers, schon verklärt vom über- irdischen Lichtschein himmlischer Herrlichkeit, umrauscht von der freudig jubelnden Engelschar, di es ist der mit wahrhaft ein- malig dramatischer Barockpracht auf die Leinwand gezauberte Inhal t des groß angelegten Hauptgemäldes. Im Oberbild thront zur Rechten des allmächtigen Vaters Gott Sohn in verklärtem Leibe, strahlend in der ewigen Herrlichkeit des Auferstandenen. Nur um die Lenden mit dem zinnoberroten Überwurf bekleidet, erhebt sich der Erlöser mit ausgestreckten Armen, seine gel iebte Mutter zu begrüßen, auf die er voll Innig- keit niederblickt. Die Seligkeit des Wiedersehens in nie mehr endender Vereinigung sp iegelt sich in des Sohnes und der Mutter ausdrucksvoll en Zügen. Zwischen Vater und Sohn ergießt sich eine a ll es verklärende Lichtfülle, ausstrah lend von der hell leuch- tenden Taube des Heiligen Geistes. Reselfeld hat sich in den Hochaltarblättern von Seitenstetten als Meister der Komposition gezeigt. Werden einerseits Petrus auf Erden und Maria in der Himmelfahrtsgruppe bewußt hervor- gehoben, so erhöht Stellung, Ausdruck und Gruppierung der übrigen Gestalten die dramatische Gesamtwirkung. Die links oben nach dem Rahmen drängende Engelgruppe erhält in der aufsteigenden Wolke rechts ihr Gegengewicht. Der Blick des drei- einigen Gottes im Himmel , der frohen Engelscharen und der Apostel a uf Erden trifft sich im Angelpunkt der Darstellung: der voll seligen Entzückens empo rschwebenden Madonna. Reselfeld hat es herrlich verstanden, durch fein abgestimmte Steigerung und Aufhellung der Farbenskala von unten nach oben eine geradezu einz igartige \i\lirkung zu erz iel en . Erscheint di e Apostel- gruppe noch in gedämpften Erdfarben und braunroten Tönen , breitet sich über das \i\leiß der frommen Frauen bereits ein Schimmer des Lichtes, das Mariens strahlende Gestalt über- flutet und das seinen Höhepunkt in der Dreifaltigkeitsgruppe findet , wo der Künstler im „Dreiklang" der Farbe, dem Rot , Gelb und Blau wahre Triumphe feiert, wie ein halbes Jahrhundert später der letzte Altarbildmaler des Barocks: J ohann Martin Schmidt. Reselfeld erz ielt im Hauptgemälde durch den scharfen Kontrast der lichten zartfarbenen Gestalten der frommen Frauen gegenüber den Aposteln sowie durch die stumpfen dunkelbraunen Schatten in der Engelgruppe eine unerhörte Plastizität und Tiefräumigkeit , die uns auch in Linz , Kremsmünster und Steyr wie anderorts Reselfelds Bilder so österreichisch barock erscheinen läßt. Charak- teristisch für Reselfelds Bilder ist die starke Knitterung der Gewand- falten , besonders bei den fliegenden Kleidern der Engel und Putten. Interessant ist die emporweisende Geste der himmlischen Boten, wie wir sie in Seitenstetten, St. Pölten , Linz, Steyr u. a . studieren können. Sehr gern läßt der Meister über entbl ößte Arme und Füße Schatten verdunkelnd huschen und erzielt da- durch besondere Effekte. Linz, Garsten, Steyr , Kremsmümter und Seitenstetten geben Gelegenheit dies zu beobachten. Im folgenden J ahr erhält St. Peter in Salzburg die Entwurfsskizze für ein Altar- blatt „Unschuldige Kinder". Es sollte dies ein anderer ausfü hren. Ob diese von R eselfeld so sehr gerühmte Skizze gemalt wurde, ist nicht ers ichtlich, da die hierauf bezügliche Rechnung von 1710 ein en viel kleineren Posten a ls die verlangten 60 A. aufzeigt. 1709 malt der Künstler für den intimen Zentralbau Christkind l von Carlone und Prandtauer eines seiner reizendsten Bilder, ,,Die Geburt Christi". Die Mutter Gottes, durch den feinen Schwung ihrer ganzen Gestalt den Beschauer fesselnd, zeigt ihr freundlich lächelndes Kindlein, mit der fein gegliederten Hand das Linnen behutsam lüftend , den herbeigeeilten Hirten. In tiefster Andacht sind diese vor dem \ ,Ve!terlöser in die Knie ges unken und bringen ihre Gaben, meist niedliche Lämmlein, a ls Geschenke. Die Ma- donna in ihrer Lieblichkeit und Haltung noch ita li enisch an - mutend, in ihren fein geschnittenen ernsten Ges ichtszügen aber wohl von österreichi scher Prägung, ist eine der innigsten Barock- darstellungen, die j e ein österreichischer Künstler uns geschenkt. Der Blick der Mutter Gottes geht in weite Fernen, a ls würde das Auge schon a ll die Leiden schauen, die des zarten Gotteskindl eins harren. Ernste Mutterwürde, die sich ihrer Aufgabe bewußt ist, zeichnet dieses edle Antlitz. Hinter Maria steht im Halbdunkel meisterhaft in seiner schützenden Stellung charakter isiert der heilige Josef, an dessen Rechte sich der traditionsgebundene im Stall befindliche Ochs schmiegt. Erkennen wir nicht im freund- lichen Antlitz des heiligen Josef den Petrus von Seitenstetten und hat der im Vordergrund auf die Hände sich stützende Hirte sei n Gegenstück nicht im vordersten Apostel des Seitenstettner Hoch- a ltarbi ldes? Allerliebst gucken zwei kl eine Putten aus den Wolken hern ieder. Der Engel mit dem Weihrauchfaß begegnet uns in se ine r Schönheit wieder im Allerseelenbild zu Kremsmünster, das Reselfeld 1713 für die dortige Stiftskirche gemalt hat. \!\lie innig bittet doch auf letzterem die Himmelskönigin ihren göttlichen Sohn für die armen Seelen, die flehend ihre Hände erheben. Die innigen Beziehungen zwischen dem alles ergründenden Sohne Gottes und der fürbittenden Mutter finden in dieser Darstellung ihren ergreifenden Ausdruck. Bewundern wir nicht mit Recht die weitgespannte Gestaltungskraft Reselfelds, wenn wir die an- mutig italienische Madonna der „Epiphanie" in Steyr, die holde Mutter der „hei ligen Nacht" zu Christkindl, die strahlende, in den Himmel emporschwebende Gottesbraut zu Seitenstetten, und schließl ich die große Fürbitterin auf dem Allerseelenbild in Kremsmünster vergleichend betrachten? Aus dem gleichen J a hre stammen noch die drei Seitenaltarbilder der Karmelitenkirche in Linz: Der hl. Johann v. Kreuz, St. Libe- rius, und Simon empfängt das Skapulier. 1720 erhält St. Peter in Salzburg ein Madonnenbild 4 • Vier Jahre später ziert er die Margaretenkapelle in Steyr mit dem noch heute dort befindlichen Nothelferbild, wegen seiner Komposition interessant 5 • 1727 bekommt die Kirche in St. U lrich ihr neues Hochaltarbild ,, St. U lrich und St. Veit" . Von dem Hochaltarbild der Kloster- kirche der Annuntiaten in Steyr, darstellend die „Verkündigung Mariens ", ist zur Zeit nichts mehr zu erfahren. Entgegen den sonst guten, ja größtenteils vorzüglichen Leistungen Reselfelds lag ein fast tragisch anmutender Unstern über den drei Sonntagberg-Bildern, die der Künstler 1733 lieferte. Au f Grund des vorzüglichen H ochaltarbildes von 1706 hatte das Stift Se itenstetten mit dem Meister 1727 einen im Archiv erhaltenen Vertrag abgeschlossen, worin Reselfeld sich verpflichtet, ,,in die neu erpaute Kürchen am Sontagberg auf den Hochaltar, dann beede erstere Seittenaltär nach Formb und Vleiss der von j eeden gemachten Stiza (Skizze) drey Altarblätter, zu welchen selbigen

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2