(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 6. Jahrgang, Heft 1/2, 1956

WORT IN DER ZEIT • ÖSTERREICHISCHE LITERATURZEITSCHRIFT ÜNSERE MONATSSCHRIFT WILL ALLEIN DER DICHTUNG widmen werden, wobei es für uns gleichgültig ist, ob das echte Talent dienen und nicht einer literarischen Gruppe oder Richtung. Wenn wir noch dazu die österreichische Dichtung voranstellen, dann mag unser Vorhaben noch kühner erscheinen. Dennoch empfinden wohl mit uns alle · am Sch~ifttum interessierten Kreise den Mangel eines Organs, das,_über reine Buchbesprechung hinaus, die Dichtung in Österreich wertet ·und einordnet, soweit dies für Zeitgenossen möglich ist. WENN WIR ABER IN UNSERER ZEITSCHRIFT ÖSTERREICH IN den Vordergrund stellen, dann wollen wir nns damit weder einengen noch absondern. Wenn wir Österreich sagen, dann denken wir geistig Europa mit, so wie wir es seit Jahrhunderten gewohnt sind. Wir wollen auch in dieser Monatsschrift die Tür weit offen halten und alles Gute einlassen, aber es wäre ~innlo~ und überflüssig, aus der österreichischen Dich- tung nur herauszustellen, was einem verwaschenen Allerweltsgeschmack entspricht. DASS WIR IN „WORT IN DER ZEIT" SOWOHL bei den Gesamtdarstellungen einzelner Autoren als auch im kritischen Teil vor allem j enen Werkf'n nachspüren werden, in denen unsere Zeit Gestalt und Form wird , ist genau ·so selbstverständlich, wie, daß wir dem lite- rarischen Nachwuchs unsere besondere Aufmerksamkeit ALFRED KUBIN UNVERÖFFENTLICHTE BRIEFE aus dieser oder jener Gruppe kommt. WIR HOFFEN, DASS UNSERE LITERATURZEITSCHRIFT VORUR- teile zerstreut und Urteile festigt, daß sie dem österreichischen Leser ein klares Bild seines literarischen Besitztums zeigt, den ausländischen Be- trachter aber mit den Werten und Zielen jener gegenwärtigen österreichi- schen Dichtung bekanntmacht, von der wir glauben, daß es nicht unwichtig sei, von ihr zu wissen, Aus dem Vorwort des Herausgebers Prof. Dr. Rudolf Henz ,--~·--::- . / ,...~ ,,;: __ , . . .. . / --- .· .". .... --- -- ._ , Zwickledt 7. VII 55 Lit'ber alter Freund Hofmann gerade in diesen Tagen da mir ganz unerwartet Anerkennung von w~iter Seite zukam gedenke ich unserer alten Freundschaft und der vielen Jahre die sie bestanden - Auf anderer Seite und manchmal wie bis ins Mark verspüre ich den „Zahn der Zeit" bei seinem nie „gemütlichen" Wirken. - - Mir kamen - auch von Übersee wo ich gar nicht dran gedacht habe - Anerkennungen zu - die mich mit Befriedigung erfüllen. - - Doch diese Freude dämpft nicht jene Traurigkeit üher das Hinwegschwinden so vieler begabtester Collegen und liebenswerter Freunde. Wie überschwemmt erscheint man sich da von Trauer. Es will mir scheinen daß da auch die Inkonsequenz des Witterungs-charakters teil hat - Wir als Menschen hängen eben doch von den astralen Strömen irgendwie ab welche uns von draußen und drinnen - also von allen Sehen berühren - arbeitend geht es langsam - schon infolge meiner Jahre - und immer glänzt eine Art „Sirius" mit kaltem Licht auch hinein. - - Vor kurzem und nach 50 Jahren suchte ich den Schau- platz meiner Kindheit (Zell am See) auf und noch gab es einiges alte - (Menschen und Winkel). - ALFRED KUBIN „Selbstbildnis" Text und Illustration aus „WORT IN DER ZEIT", 2. Ja.hrgang, Heft 4 JOSEF NADLER DAS BUCH UND DIE JUGEND Was ist das Buch? Man kann es mit zwei Worten sagen. Das Buch ist das Instrument des Intellekts, um das Wort raum- und zeitfest zu machen, Es sind die technischen Erfinder gewesen, die der Geistesgeschichte durch den technischen Wandel des Buches ihre großen Einschnitte eingekerbt haben. Diese gewaltigen Erfindungen sind die Schrift, der Buchdruck, die Rotationspresse, die Setzmaschine, der Fotofilm, das Tonband. Am Fortschritt dieser Erfindun!!:en können wir den Rhythmus der weltbewegen- den Umwälzungen und Fortschritte ablesen. Die größte Erfindung, ·eine · reine Erfindung des Intellekts, war die Schrift. Eine einzige Handbewegung - und das Wort, da~ der Wind vom Munde verweht, war Herr über Raum und Zeit, grenzenlos und unsterblich. Das Buch als Handschrift tritt seine Herrschaft an und trägt die geistige wie soziale Ordnung der Menschheit. Der Buchdruck ist die mächtigste geschichtliche Cäsur, die wir kennen. Was hinter ihni liegt, ist graues Altertum; was vor ihm liegt, ist im wahrsten Sinne. den es gehen kann, neue Zeit. Die beweglichen Lettern und die Handpresse machen aus dem lndivides gl'schriebenen die gleichgeartete Gattung des gedruckten Buches, bei dem das einzelne Stück, das Indivi- duum, nicht mehr zählt. Textprobe aus „WORT IN DER ZEIT", 1. Jahrgung, Heft 1 „WORT IN DER ZEIT" erscheint monatlich, Heftpreis ·s 8.-, Jahresabonnement S 75.-. Die Zeitschrift ist in allen Buchhandlungen erhältlich STIASNY-VERLAG, GES. M.B.H., GRAZ, ANNENSTRASSE 65 112

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