(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 5. Jahrgang, Heft 1/2, 1955
........ . . . . . . .. ......... . . ... .. . . . . .. . . . ... . . . ..... . .. . . .. . . . . .. . .. .. . . . . . . . . . . ... .. . . . .. . ... . . . .. . . ... ...... . . . ... . . .. . ... . .. . . ..... .......... ... . . .. .. . . . .. . .. . . . . ..... . .. ... . .............. . . . . . .. . .. .. .. . ... . . . ...... .. . ... . . ..... . . . . . ................. In allen lf re/ren qle1rh IJelie/Jf :tf f Itf f If;:,:=~:=~-.~.~~~ ········ .... ÖST.CRREICHISCHC TABAKREGIE GONTHER WAGNER, WIEN X l:rzeugnlsse der weltbekannten Oualllitsmarke !ll,lillan Tinte - schwarz und farbig / Perl- und Ausziehtusche schwarz und farbig/ Schul - und Künstler-Aquarellfarben In Knopfform/Plakat-Temperafarben In Tuben/ Studlen- Ollarben / Weiße und farbige Wandtafelkreide/ Naki- plast-Modelliermasse / Pelikanol /Büroleim/ Syndellkon Pelikan-Graphos-Federn / Pelikan-Füllhalter Pelikan-Radiergummi 1. G. Lettenmayr Das Kraftwerk Eines Tages waren sie da, die Ingenieure mit ihren Helfern! Ja, sie waren leibhaftig da, sie brachten Instrumente und Maßbänder und Setzstangen mit, weiß Gott was noch alles, und sie gingen durch das Dorf, grüßten und lächelten vergnügt. Beim Sonnen- wirt hatten sie Quartier genommen. Kaum daß sie sich einlogiert hatten, ging die Nachricht wie ein Lauffeuer von Hof zu Hof: Das Elektrizitätswerk wird also doch gebaut! Der Talschluß oben in der Einöd soll zum Stausee werden - die Almen dort müssen weg und höher gelegt werden, um rund hundert Meter! Dort aber sei der Boden nimmer so gut, das Gras wird längst nicht mehr so saftig wie im breiten Talgrund der Öd - nein, das dulde man nie und nimmer! Das sagten die Dörfler den Ingenieuren, als diese am Abend nach langer Vermessungsarbeit zurückkamen und beim Sonnenwirt zu Abend aßen. Sie sagten es nicht nur, sondern sie schrien es ihnen schließlich hin: Nein, das gebe es nicht, die guten Wiesengründe zu ver- derben und einen See dort im Talschluß aufzustauen. Woher sollte man dann das Futter nehmen? Und überhaupt: soll dort oben ein See werden, dann wird doch alles anders! Der Weg nach Fulln werde unter Wasser geraten, auch der nach Fermint. Soll man so mir nichts, dir nichts abgeschnitten werden von den Nachbarorten? ,,Nein", sagte der Oberingenieur, ,,das ist alles erwogen und be- rechnet, Ihr bekommt viel schönere und bessere Wege, aufdenen ihr sogar mit Wagen fahren könnt! Jetzt geht der Steig nach Fulln über den Roten Turm, wir planen ihn seitwärts vorbei, durchs Mandl-Kar. Da habt ihr statt zwei Stunden Gehzeit wie bisher, dann nur noch anderthalb. Und den Ferminter Steig legen wir euch, wenn es euch recht ist, über den Ferminter Sattel, das ist dann weniger steil und auch um mindest eine halbe Stunde kürzer als bisher. Ist dll.S nicht gut so?" ,,Ja, aber wenn - - !" Und die „Ja, aber wenn - !" wollten kein Ende nehmen. Stun- denlang wußten die Dörfler jede Antwort, jedes Zugeständnis, jeden Satz mit den Worten „Ja, aber wenn - !" einzuleiten und fortzusetzen. Das ging am ersten Abend so. Das war am nächsten nieht anders. Das dauerte wochenlang - Abend für Abend, und es schien kein Ende zu nehmen. Aber das Vieh werde sich ertränken, weil es den See nicht ge- wöhnt ist - aber das Wild würde aus dem Hochtal für immer verjagt werden, wenn oben gesprengt, gearbeitet und betoniert werde, - aber das Wasser werde für das Dorf zu wenig werden, - aber d;lS Wasser könnte für das Dorf auch zu viel werden, - aber die Staumauern könnten brechen und das Dorf samt allen Menschen und allem Vieh ersäufen, eine unverdiente Sint- flut wäre das, - aber die Alpenrosenhänge würden vernichtet werden, die sel- tenen Kohlröserl würden für immer im Stausee ersaufen und nie wieder würde man im ganzen Tal solche lieblichen Blumen finden, - aber es sei über alles hinaus noch ein besonderes Verbrechen, in die Natur einzugreifen, eine menschliche Hoffart sei es! Man habe jahrtausendelang den elektrischen Strom nicht gebraucht und hahe dennoch gelebt, von Geschlecht zu Geschlecht. Man könne gut auch weiter so leben, ohne Werk und ohne elektrischen Strom - aber, aber, aber - - tausende Aber! Und zum Schluß stets die Drohung, man werde gegen den Bau bei der Regierung protestieren, man werde fordern, daß das Tal unberührt bleibe, man werde das ganze Volk zu Hilfe rufen gegen den schändlichen Plan, dieses Werk zu bauen -, werde nötigenfalls jede Nacht das zerstören, was die Arbeiter bei Tag geschaffen haben - - ! Geduldig hörten das alles die Ingenieure, geduldig setzten sie den Menschen Abend für Abend auseinander, daß alles Leben lebt und fließt, daß sich alles ändere, täglich und stündlich, daß das Hochtal in der Einöd ein Kraftquell werden soll, der hundert-
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