(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 5. Jahrgang, Heft 1/2, 1955

tmpfkraftwerk St. Wolfgang österreichischen Waffenfabrik, Dr.Johann Hochhauser, u. a . die aufsehenerregende Bemerkung: „Eine allgemeine Verbreitung d es elektrischen Lichtes ist erst möglich, wenn die billige Wasser- kraft herangezogen wird , und diese Anwendung wird in Steyr zu sehen sein, und hi er in liegt die ungeheure Bed eutung unserer nächstjährigen Aus- stellung. Steyr wird zeigen, wie di e Wasserkräfte auszunützen sind , und dieser Faktor erscheint von so kolossaler Bed eutung, daß die Welt mit ihm rechnen muß. Ich sage nicht zu viel , wenn ich der Hoffnung Raum gebe, daß erst von Steyr aus dieses neue Licht Gegenstand d es a llgemeinen Gebrauches wird." Josef Werndl betrieb die Vorarbeiten für die Elektrische Ausstellung mit Feuereifer. Am 3. .Jänner 1884 kündigte er im Steyrer „Alpenboten" die Veranstaltuug mit den Worten an: „Die Steyrer elektrische Ausstellung ist di e erste in ihrer Art auf dem ganzen Kontinent. Während bei den elektrischen Ausstellungen in Wien und anderwärts nur Dampfkräfte als Motoren in Ver- wendung kamen, soll en in Steyr die Wasserkräfte als Motoren benützt werden." In Wien lächelte man vorerst über Werndl und über das provinzlerische Steyr. Aber es wandelte sich das Lächeln zu maßlosem Staunen und zur Bewunderung, als die Ausstellung pünktlich am 1. August 1884 eröffnet wurde und nicht nur das Aus- stellungsgelände selbst, sondern auch wesentliche Teile der Stadt elektrisch be- leuchtet waren. Damit präsentierte sich Steyr, wenn auch nur auf die Dauer von kaum fünfzig Tagen, a ls erstes elektrisch beleuchtetes städtisches Gemeinwesen Europas. Kaiser FranzJoseph fuhr nach Steyr, Kron- prinz Rudolf mit seiner Gattin kam, viele Fachleute und sonstige Interessenten be- staunten das „technische Wunder" der Erzeugung schwankungsfreier elektrischer Krafl mit Hilfe von strömendem Wasser. Der Kaiser verlangte auch, in die „Was- serkraftzentrale" in der Heindlmühle ge- führt zu werden. Und dort ließ er sich durch nichts abhalten: er stieg in den Wasserraum zur Turbine hinunter und ließ sich alles eingehend erklären. Von diesem Wasserkraftwerk führte eme 1300 Meter lange „Fernleitung" zum Aus- stellungsplatz, wo „der Strom eine secun- däre Dynamo-Maschine in Bewegung setzte", die ihrerseits wieder „eine Ge- wehrmaschine, eine Kreissäge, zwei Ab- schleif- und eine Eisenbohrmaschine sowie einen Feindrahtstuhl in Betrieb hielt". Darüber hinaus wurde aus der „hydrau- lischen Zentrale" auch der elektrische Strom für die Beleuchtung des Ausstel- lungsgebäudes bezogen. In der Stadt se lbst hatte man vornehmlich den Stadt- platz, die Brücken und das Flußufer elek- trisch beieuch tet. Insgesamt brannten 122 Bogenlampen und mehr als tausend Glüh- lampen. Die Ausstellung h atte in den nicht ganz zwei Monaten ihres Bes tandes rund 200.000 Menschen nach Steyr gebracht. Nicht nur die einheimische und die Wiener Presse schrieb über sie Worte höchsten Lobes, sondern auch Münchener, Frankfurter und Berliner Blätter, ja sogar russische Zeitungen beschäftigten sich eingehend mit ihr. Die Mehrzahl der Be- sucher sah und erlebte zum erstenmal im Leben die Wunder des elektrischen Stro- mes. Bezeichnend ist ein Zeitungsbericht aus jenen Tagen, der da sagt: „Die lä ndliche Bevölkerung hört d en Erklärungen der Aufseher ungläubig zu und sieht in d em T ele- phon wohl noch immer ein en schä ndli ch en Betrug oder da reine Werk des Teufels." Werndl hatte noch viele „elektr ische Pläne" , er wollte in Steyr eine mächtige Elektroindustrie schaffen, doch er fand bei seinen Mitarbeitern nicht das nötige Verständnis, so daß man über die An- fänge nicht hinauskam. Der Tod vVerndls beschloß zugleich auch die „elektrische Epoche" der Steyrer Waffenfabrik. Im- merhin waren durch die Steyr-Werke ve rschiedene elektrische Kraftanlagen ge- baut worden, so auch die erste auf heuti- gem Linzer Stadtgebiet: in der Klein- münchner Spinnerei. Diese Anlage nahm anfangs 1885 den Betrieb auf. Auch in der Nähe Gmundens, in der Papierfabrik Steyrermühl, wurde schon 1885 die erste Wass erkra ft-Lichtanlage durch die Steyr- Werke eingerichtet. Man beleuchtete die Höfe und Holzabladeplätze, nicht aber die Innenräume. In Gmunden, dem späteren Hauptort der beginnenden oberösterreichischen Elektri - zitätswirtschaft, war um diese Zeit die Elektrizität nur in einem einzigen Falle in Gebrauch : im Hotel „Bellevue" hatte man 1884 ein „medizinisches elektrisches Bad" eingerichtet. Eine bescheidene Bat- Wasserkraftwerk Dittlbach im Jahre 1904 terie stand dort als Elektrizitätserzeuger und bescheiden war auch ihre Leistung. Die erste Erwähnung von Elektrizität und deren Gebrauch in Gmunden ist für das Jahr 1881 nachweisbar. Es produzierte sich damals beim Wald- und Wiesenfest am 29. August der Glasermeister Josef Bruner aus Hietzing-vVien bei elektrischer Beleuchtung a ls Seilkünstler und mit Reckübungen. Es konnte sich natürlich 72

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