(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 5. Jahrgang, Heft 1/2, 1955

Wir tahren in den Hallsta tt ist eine Ortsbezeichnung von i 1 \Teltbedeutung . Die Ortsbewohner wissen dies vielleicht wenig zu schätzen; sie kennen ihre Heimat im wahrsten Sinne des Wortes mehr von der „Scha ttenseite" . Durch ii\Tochen erreicht sie kein Strahl Sonne. U nd viel e Tage im J ahr verbringen sie in Sorge, wenn di e Lawinen donnern und Steinrutschen den i 1 \Teg nach außen verl egen. Der Sommer blüht nur kurz und mischt sich mit viel R egen. Ba ld zieht wieder der Winter ins Tal und regiert a ls strenger T yrann. Was weiß a ber der Fremde von diesen Sorgen ! Er genießt mit vollen Zügen in der schönen Jahreszei t die herbe Lieblichkeit di eses Ortes, seine einzigar tige Lage am fj ordartigen See, am Fuße mächtiger Berge. Schon in der Schule hörte er den Namen der Si edlung. Sein Lehrer erzählte ihm, daß man nach H a ll sta tt eine Periode der europä ischen M enschheitsgeschichte, die frühe Eisenzeit (900-400 v. Chr. ), benenn t. Spä ter, als Jüngling, zog ihn die wunderbare Bergwelt des Dachsteinmassivs an. Er fühlt e sich auf den Spuren Friedrich Simonys, eines Pioniers der deutschen Alpinistik, und er wurde nicht müde, das herrliche Bild des Berges zu schauen. Viele unver- geßliche Bergfahrten nahmen für ihn in H a llsta tt Anfang oder Ende. Spä ter , a ls reifer Mann, lernt er di e Schönheit des T a les schä tzen. Versonnen rudert er a uf den See hina us und versinkt in den Anblick des Ortsbildes, wie es sich an die Berglehne schmieg t, ein einzigartiges Dokument europäischer Land- schaftskultur , Verbindung von Menschenwerk und Na tur, unbeschreiblich in seiner H armonie. Er find et nun auch den i ,Veg in das a lte H eimathaus und zur Pfarrkirche, wo ihm eifrig der gotische Flügelaltar gezeigt wird. Er sinnt j etzt tiefer eiern Geheimnis di eser Si edlung nach , wie es fas t nicht zu begreifen ist, da ß sich an solch en tlegenem und unwirtlichem Pla tz eine H erzkammer abendländischer Geschichte entwickeln konnte. Gerne rudert er auch weiter in den See hina us, Obertraun zu , und über der Silhouette des Ortes mit den kulissenartig gestaffel ten H äusern und den beiden Kirchen öffnet sich plötzlich und unerwa rtet der Blick in ein H ochta l. Als unterer Eckpfeiler des- selben wacht ein Bauwerk von M enschenhand, der sogenannte Rudolfsturm, gegen den Himmel begrenzt es eine eindrucksvolle Berggesta lt, der Plassen , ein Vorberg des Dachsteinmassivs. Dazwischen, zwischen Wa ld und Felsgeröll , sind die H ä user gereiht, Berg- werkshäuser, Stoll eneinfahrten - wir sehen in den Salzberg und haben eine der ältes ten nachgewiesenen europäischen Ansiedlungen vor uns. Beinahe vergißt man im Trubel des modernen Fremdenverkehrs auf den H a llstätter Sa lzberg und damit auch auf ein Erl ebnis, das sich keiner entgehen lassen sollte, der im Sa lzkammergut einkehrt. Der Bergmann ha t seit langem schon eiern Urlauber aus aller Welt die Möglichkeit bereitet, einen genauen und interessanten Blick in seine Arbeitswelt zu werfen. Bis heuer mußte man di e kleine Mühe eines Berg- anstieges a uf sich n ehmen, um zur Einfahrt hoch

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2