(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 5. Jahrgang, Heft 1/2, 1955

Der Fremdenverkehr ist im Wirtschafts- und Kulturleben unseres Landes ein wich- tiger Faktor. Eine weitsichtige Planung muß in den internat,ionalen Fremdenver- kehrsorten jede Saison neu vo rbereiten; um unsere Leser einmal in die Werkstätte des Fremdenverkehrs blicken z,~ lassen, hat die Redaktion einen der bedeutendsten Fach- leute auf diesem Gebiet im Winter schon gebeten, seine Gedanken kurz zu skizzieren . So entstand dieser Artikel, der in die Re- daktionsstube kam, als der Frühling eben Einzug hielt. Wir teilen ihn in seiner Un- mittelbarkeit mit, um unseren Lesern, die bald schon die Freuden des Sommers ge- nießen können, z,~ zeigen, wie weit voraus der Fremdenverkehrsmann für ih r Vv'ohl sorgen ,md denken m11ß . KURDI REKTOR PRO F. WA LTER M INARZ Saison Lebendige Vergangenheit: Das Schubertdenkmal an der Gmundner Esplanade In der Bodenvase beim Sch leiß-Kachelofen sind vor wenigen T agen die Knospen der K astanienzweige a ufgebrochen . Draußen glänzt der Feuerkogel in der W'intersonne. Noch tummeln sich unsere winterlichen Stammgäste aus dem Norden, d ie Möven und Bleßhühn er , zwischen Schiffslände und R a thausplatz auf dem tiefgrünen Traunsee, aber sie scheinen von Unruhe erfüllt. Immer öfter ziehen Schwäne in rauschendem F lug über den See und setzen mit weit vorgestreckten Füßen wieder schwer ins Wasser. Der Frühling kann nicht mehr weit sein - ba ld wird drühen in ·weyer und Unterm Stein di e Kirschblüte das T raunseeufer in einen Zaubergarten verwandeln, a uf den nur noch hoch von den Bergen der Schnee herab leuchte t. Auf meinem Schreibtisch fü ll en sich Mappen für R eisegesell- schaften, für T agungen, für Veramtaltungen, schließen sich di e Lücken im Terminkalender. Schon rundet sich das Bild der kom- menden Sa ison . Längs t ist der genaue Werbeplan festgelegt, sind die neuen Bildprospekte versandt, tägli ch gehen sie an noch U n- bekannte, die unsere schöne Stadt nicht kennen , die vielleicht bald zur großen Gemeinschaft un serer Freunde zählen. Die hochentwickelte T echnik hat den Wirkungskreis der Frem- denverkehrsarhei t ungeahnt erweitert, das Arbeitstempo be- sch leunigt . Der Aufenthal t eines Gastes von ein paar Tagen wird oft mit einem Telephongespräch a us Paris oder Rom geregel t. Ein Blick zurück zeigt, wie sehr davon auch der Rhythmus des som- merlichen Lebens erfaß t wurde. Die Urlaubsreise ha t den som- merlichen Aufenthalt fast gänzlich abgelöst. Freilich sind viele Gäste ihrer Gewohnheit und ihrer Liebe zu Gmunden treu ge- blieben und verbringen viele Wochen in der bezaubernden Atmosphäre der stillen Vorstädte; aber im H erzen der Stadt pulsiert das Leben, reißt die Kette der Autos kaum ab . Hier ist der Wechsel das Beständige, hier kommen und gehen die Gäste aus aller Welt. J edem aus dieser wenig homogenen Schar der Gäste etwas nach seinem Geschmack zu bieten , ist di e Aufgabe 31 der Pl anung, die für den heurigen Sommer wieder Höhepunkte von besonderem Format aufweist. Die geänderten Voraussetzungen bedingen Veränderungen in vielen Einzelheiten. ·wenn früher Theater und Kurkapelle di e bevorzugten Treffpunkte der sonnenscheuen und sportfremden Kurgäste waren, findet man sich heute bei Wanderungen und Ausflügen , im Strandbad, auf dem Tennispl a tz oder auf der R eit- bahn. Die Promenadenkonzerte unserer heimischen K apell en in ihren schmucken Trachten haben die Konzerte der Kurkapelle abgelöst. Das abendliche Theater ist aber nicht zu missen. Man hofft, in absehbarer Zeit wieder zu einer ständigen Sommerbühne zu kommen , die eine reiche Tradi tion fortsetzen wird . Schon im Vmjahr war Gmunden der einzige Fremdenverkehrsort in Öster- r eich , der in der Hauptreisezeit ein ständiges Ensemble aufwies. Heuer wird man sich mit einer kurzen Spielzeit begnügen, um die Erfahrungen vergleichen und auswerten zu können. Das Ziel, ein kultiviertes Vergnügungstheater a ls Mittelpunkt des kultu- rell en Lebens der sommerli ch internationalen Stadt, scheint in greifba re Nähe gerückt. Ein K ranz erlesener musika lischer Ver - anstaltungen wird auch heu er wieder den Kenner entzücken - K langkörper von Weltgel tung, clas Ba ryll i-Quartett, die Bläser- vereinigung der Wiener Philha rmoniker, das Smetana-Qua rtett. Unvergeßlich die Serenaden im Arkadenhofe des Seesch losses Ort, für die schon der abend liche Weg über di e al te H olzbrücke einen berückenden Auftakt bildet ! Dieser Zweig der Kunstpflege treibt aus einer Vergangenheit, in der neben berühmten Di chtern und großen Schauspielern 1\/[eister wie Schubert, Brahms, Wolf, Goldmark für kürzere oder längere Zeit Heimstatt und Seelen- fri eden in der unwirklichen Schönheit der Traunseelandschaft suchten und fanden. Di e aus langer geschichtlicher Entwicklung gewordene Ver- pflichtung der Tra1mseestadt, nicht nur für eine nahe Umgebung, sondern für das ganze dem Salzwesen zugehörige K ammergut

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2