Trinks vom Kammergute: ,,Seine Erträgnisse haben zum guten Teil die österreichische Politik des 16., 17. und 18. Jahrhunderts finanziert." Ganz abgesehen von der hervorragenden Bedeutung dieser Salzkolonie für den Staatshaushalt, wurden durch die Verhältnisse im Kammergute die sozialen Verhältnisse der Bevölkerung geprägt. Neben den allmächtigen Beamten, die eine Kaste für sich bildeten, neben den Salzfertigern, die zwar nicht beamtet, aber doch „koaserisch" in ihrer Blütezeit standesmäßig stark hervortraten, neben den privilegierten Eisenhäuern, deren Amt ursprünglich vererbt wurde, stand das große Heer der zwar schlecht bezahlten und oft Not leidenden, aber dafür in anderer Beziehung wieder bevorrechteten Arbeiter, die mit allen nur möglichen Mitteln in der Traunlandschaft festgehalten wurden. So heißt es 1524 im ersten Reformationslibell bei den Anweisungen über Verabreichung eines Heiratsgutes: „Jedoch daß sie versprechen, nach Empfang der Heiratssteuer nicht wegzutun, sondern der Arbeit beim Sieden ihr Leben und Tag getreulich zu warten." Dies alles führte einerseits zu starken und ausgeprägten sozialen Schichtungen, andererseits aber zu einer gewissen Weltfremdheit. Die hohen Berge engten die Sicht gar zu sehr ein und verbargen alles, was hinter ihnen sein mochte. Das Jahr 1848 riß die erste große Bresche. Die Salzfertiger verschwanden. Der kaiserliche Hof in Ischl zog viele bedeutende Persönlichkeiten ins Land. Künstler, Maler, Musiker, Schriftsteller beteiligten sich an der Entdeckung des Salzkammergutes. Der Geologe Simony erschloß das Dachsteingebirge. Seine zwei Nächte auf dem Gipfel des Dreitausenders, sein Feuerwerk auf der sturmumbrausten Höhe sind aus der Geschichte des Kammergutes nicht wegzudenken. Die kommenden Jahrzehnte ließen bereits jene Hast ahnen, die unserer Zeit eigen ist. Die Bahn kam; sie brachte die Salzschiffahrt auf der Traun, die Traunreiter und die Gilde der Zillenmacher zum Absterben. Privilegien fielen. Die Sudhütten wurden neu gestaltet. Die technischen Errungenschaften kamen beim Sud ebenso wie beim Abbau zur Anwendung. Die Hallstätter Sudhütte blieb in dankenswerter Würdigung der Notlage im innersten Salzkammergute erhalten. Mit der Beförderung ihres Salzes auf dem Landwege zur Bahn versank die letzte „Flotte" der Salinen im Schoße der Vergangenheit. In Ebensee entstanden die Solvay-Werke, die Großabnehmer von Sole wurden und einen bedeutenden Arbeiterstand aufweisen. Am Ausseer Salzberg und in Hallstatt wurden Erbstollen in Talhöhe angeschlagen. Die Einnahmen aus dem Salzregal sind nicht wegzudenken. Zahlreiche Familien im Kammergute sind auch heute noch dem Salze verbunden. Die Macht des weißen Bergschatzes ist ungebrochen. ·wohl ist daneben der Fremdenverkehr zu einem Strome geworden, dessen Fluten die Traunlandschaft befruchten. Der Ruhm des Salzes aber ist daneben nicht verblaßt. Es ist eine der Säulen, auf denen die Staatskassa ruht. PRÄSIDENT JOHANN BLtJCHL Oberösterreichs Landwirtschaft Im Katastrophenjahr 1945 raffte sich eine Gruppe von lebensbejahenden Menschen zusammen und legte in dem Schutt von Trümmern aus Menschen, Maschinen und Mauern die ersten Grundsteine zur Wirtschaft, die unserem Volke jetzt Brot, Kleidung und Wohnung beschafft. Der Hunger war das brennendste Bedürfnis, das gestillt werden mußte. Wer erinnert sich noch der Rationsmindestsätze, welche in jenen Tagen nicht einmal befriedigt werden konnten? Die Landwirtschaft deckte kaum zu vierzig Prozent den Mindestnahrungsbedarf des Volkes. Schiffsladungen mit Nahrungsmitteln mußten ins Land gebracht werden, um den Hungertod zu besiegen. Es fehlte an Kunstdünger, an Saatgut, an Treibstoff und Vieh, also an den wichtigsten Produktionsmitteln. Dann kam die Trockenkatastrophe von 1947 mit ihrer großen Futternot im Gefolge. Kaum war diese Katastrophe vorüber, da brach die Maul- und Klauenseuche mit verheerender Auswirkung ins Land. Wertvolle Viehbestände mußten während der Seuche und noch viele Monate nach dem Erlöschen derselben geopfert werden. Aber wieder ging es ein Stück aufwärts. Die Rationierung war nach einer allmählichen Lockerung seit 1950 praktisch verschwunden. Der Käufer entschied wieder am Markt. Seit 1953 deckt Österreichs Landwirtschaft bereits zu vierundachtzig Prozent den Lebensmittelbedarf des Volkes, der nach Freigabe der Rationierung verständlicherweise bereits weitaus höher als in der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit war. Der einst als utopisch betrachtete Gedanke, die österreichische landwirtschaftliche Erzeugung so weit vorantreiben zu können, daß sie den Lebensmittelbedarf des Volkes nahezu zu decken imstande sei, wird binnen kurzem Wirklichkeit werden. An diesem Erfolg beteiligt sich der fleißige Bauer mit seiner unermüdlichen Arbeitskraft, der erfindungsreiche Techniker, der es verstand, neuzeitliche, arbeitssparende Maschinen und Geräte für die Landarbeit zur Verfügung zu stellen, der Chemiker, der wirkungsvollere Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel erfand, der Saatzüchter, der leistungsfähigeres Saatgut schuf, sowie der Förderungs-, Beratungs- und Schuldienst, der alle diese Erfahrungen in Eile von der Wissenschaft zur Praxis trug. Aber alle diese Mühe wäre umsonst gewesen, wenn nicht die natürlichen Erzeugungsbedingungen, wie Klima und Boden, diesen Aufstieg begünstigt hätten. Boden und Klima Oberösterreich liegt nicht nur geographisch in der Mitte des Bundesgebietes, sondern es ist auch hinsichtlich seiner Landwirtschaft ein Übergang zwischen den östlichen und westlichen Teilen des Staates festzustellen. Ebene, Hügelland, Mittel- und Hochgebirge schaffen verschiedene Voraussetzungen für die landwirtschaftliche Erzeugung. Wogende Weizenfelder und ertragreiche Zuckerrübenschläge liegen oft nur wenige Kilometer von mageren Hutweiden und armen Bergbauern entfernt. Der Teil nördlich der Donau, Mühlviertel genannt, der Vorraum des böhmischen Massivs, wird von einem fleißigen, bescheidenen und arbeitsamen Volke bewohnt, das vorwiegend Kartoffel-, Hafer- und Roggenbau, Waldwirtschaft und in den letzten Jahrzehnten mit Erfolg auch Viehwirtschaft betreibt. Der Teil südlich der Donau, mit dem fruchtbaren Linzer und Eferdinger Becken und dem produktionsstarken Innviertel, reicht bis in das Hochgebirge des Dachsteins der nördlichen Kalkalpen. In der Ebene mußte im Raum von Steyr, vVels und Linz die Landwirtschaft sehr oft der indu53
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