KURT WESSELY Österreich ist ein kohlenarmes Land. Trotz seines Reichtumes an Wasserkräften kann es aber nicht darauf verzichten, seine Kohlenvorräte zu erschließen. Denn der Ausbau der Wasserkräfte kostet erhebliche Geldmittel, so daß dadurch in den kommenden Jahren kaum mehr als die ständig zunehmende Strombedarfssteigerung gedeckt werden kann. Noch immer wird mehr als die Hälfte des Energiebedarfes (54 Prozent) aus Kohle gewonnen. Außerdem ist die Verwendung von Elektrizität für Wärmeerzeugung wenig wirtschaftlich, so daß dafür auch in Zukunft der Kohle ein gesicherter Absatz verbleiben wird. Nur die Beistellung von größeren Mengen Öl aus inländischer, preisgünstiger Förderung könnte den Absatz der Kohle schmälern, ohne sie aber zu verdrängen. Die Atomkraft wird wohl erst nach einigen Jahrzehnten wirtschaftlich bemerkbar werden. Die österreichischen KohlenbergbcJ.ue haben es nun mit großem Erfolg verstanden, ihre Förderung in den letzten Jahren zu steigern: von 3,47 Millionen Tonnen (1937) auf5,73 Millionen Tonnen im Jahre 1953. Sie hat 1954 die 6 Millionen-Tonnengrenze erreicht. An dieser Entwicklung hat der oberösterreichische Kohlenbergbau, namentlich seit der Erschließung des Salzachkohlenrevieres, hervorragenden Anteil. Denn die Kohlenförderung Oberösterreichs wurde nicht nur 1937/1953 von 597.500 Tonnen auf 1,175.400 Tonnen gesteigert, sondern es stieg auch Oberösterreichs Anteil an der gesamten Kohlenförderung Österreichs von 17,2 Prozent auf 20,5 Prozent, während der Anteil der übrigen Bundesländer, von Kärnten abgesehen, durchwegs sank. Dies war auch notwendig, beträgt doch der Braunkohlenbedarf Oberösterreichs jährlich 1, 1 bis 1,2 Millionen Tonnen, wovon nur knapp eine Million Tonnen aus dem Inland gedeckt werden. Die in Oberösterreich verbrauchten ausländischen Braunkohlen - im Jahre 1953 waren es 148.054 Tonnen - sind zu einem erheblichen Teil Braunkohlenbriketts. Davon wurden im Jahre 1953 in ganz Österreich 588.000 Tonnen im Werte von 195,9 Millionen Schilling eingeführt. Der Bezug der verhältnismäßig billigen inländischen Braunkohle hat sich für die oberösterreichische Industrie sehr förderlich, namentlich in Krisenzeiten, erwiesen, ja einzelne Werke wurden geradezu in H inblick auf das oberösterreichische Kohlenvorkommen errichtet, wie die kalorische Zentrale in Timelkam und die Zellin Oberos-l:erreich wollefabrik in Lenzing. Andere verwenden ausschließlich oder vorwiegend diese Kohle, wie die Salinen und die Papierfabriken, Ziegeleien, Brauereien usw. Denn 1 Million Kalorien Ruhrkohle (Stückkohle) kosten in Linz 82·47 S, Salzachkohle 73·78 S, Wolfseggerkohle 70·86 S. Nun sind aber die österreichischen Kohlenvorkommen beschränkt. Rechnet man doch damit, daß die bisher erforschten Vorräte bei den gegenwärtigen Abbauverhältnissen etwa 50 Jahre reichen werden, was weit hinter den Erwartungen von ganz Europa zurückbleibt. Davon macht auch Oberösterreich keine Ausnahme. Denn die abbauwürdigen Vorräte des Hausruckreviers werden auf etwa 50 Millionen Tonnen geschätzt (Förderung 920.000 Tonnen im Jahre 1953) und auf 21 Millionen Tonnen im Salzachkohlenrevier. (Planmäßige Sollförderung 360.000 Tonnen erstmals für 1954 erwartet.) Wenn auch noch immer neue Funde in Oberösterreich erhofft werden dürfen - beim Salzachkohlengebiet hat sich dies bereits im Sommer 1954 bewahrheitet, das Hausruckrevier verfügt noch über 120 Quadratkilometer noch nicht erforschte Freischurfgebiete, meist im Kobernaußerwald - , so ist es doch schon zweckmäßig geworden, mit der Kohle nicht nur aus preislichen Gründen sparsam umzugehen. In rund 10 - 15 Jahren ist bereits mit der Auskohlung des Wolfsegger Ostrevieres zu rechnen. Mit der fortschreitenden Erschöpfung der bekannten Lagerstätten wird man auf weniger günstig gelagerte Flötze greifen müssen - die Flötzmächtigkeit ist im Hausruckrevier in den letzten hundert Jahren bereits um ein Drittel zurückgegangen. Die Förderung wird daher zusehends kostspieliger, woran auch die Mechanisierung nicht viel ändern kann. Die Forderung, die Zahlungsbilanz zu verbessern, die durch die Brennstoffeinfuhr arg belastet wird (1953: 2, 1 Milliarden Schilling), scheint heute nicht mehr so gebieterisch zu sein, wie früher. Es wäre aber verhängnisvoll, dort, wo dies geschehen kann, in der Förderung der Inlandsproduktion nachzulassen. Noch dazu, da beim Kohlenbergbau allein in Oberösterreich rund 4100 Personen beschäftigt werden und ein Nettoerlös von 175 Millionen Schilling erzielt wird. Somit stehen wir vor einer widerspruchsvoll len Aufgabe: Erhöhung der Inlandsproduktion aus Devisengründen und Sicherung ihres Absatzes - gleichzeitig aber auch Schonung der begrenzten Kohlenvorräte aus Verantwortung vor kommenden Geschlechtern. Zwangsläufig ergeben sich daraus Maßnahmen, die eine wirtschaftliche und rentable Verwendung der heimischen Kohle ermöglichen, wie dies für die Feinkohle im Dampfkraftwerk Timelkam bereits seit langem der Fall ist. Diese Maßnahmen beginnen beim Verbraucher, der entsprechend beraten werden muß. Im Rahmen einer derartigen Aktion der Kohlenholding (die Lenkungsaufgaben des verstaatlichten Bergbaues wahrnimmt) bemüht sich daher die Wolfsegg-Traunthaler Kohlenwerke-AG., heimische Betriebe zur Entwicklung von Heizanlagen zu bewegen, die den besonderen Anforderungen ihrer Kohle (hoher Gehalt an flüchtigen Bestandteilen) entsprechen. Dies gilt nicht nur für den Hausbrand, sondern ganz besonders für Industrie und Gewerbe. Hiezu hat sich ein Weiser Unternehmen (Reisner & Wolff) eingeschaltet, das durch Schräg- und Treppenroste auch kleineren und mittleren Betrieben die wirtschaftliche Verwendung der Braunkohle ermöglicht. Dank der billigeren Wärmeeinheitspreise gegenüber der Steinkohle bzw. der besseren Ausnützung der Braunkohle ergeben sich daraus erhebliche Betriebsersparnisse, so daß z. B. in einer Molkerei die Kosten der Umstellung bereits in eineinhalb Jahren hereingebracht werden. Nun sind aber der Verwendung der auch billigeren Braunkohle dadurch Grenzen gesetzt, da ja bei der Beförderung der Kohle die Fracht für Wasser und Asche, kurz der Ballast für unbrennbare Stoffe, mitgezahlt werden muß. Man hat sich daher auch in Österreich bemüht, die Kohle zu veredeln, indem man sie von diesem Ballast befreit und damit den Umkreis ihrer Absatzgebiete erweitert. Dies ist nicht nur geographisch aufzufassen, sondern gilt auch für die Verwendung in Heizanlagen üblicher Art. Es fehlt in Österreich nicht an Vorschlägen, die Frachtbelastung und die geringe Heizkraft der Braunkohlen dadurch radikal zu umgehen, daß die Kohle im Revier vergast und durch Fernleitungen an die Verbrauchszentren geschafft werden soll. Der ungeheure Investitionsaufwand, der für diese Gasleitungen selbst bei Benützung der Autobahntrassen notwendig wäre, und die geringe Dichte der Verbrauchszentren in Österreich machen aber derartige Projekte unwirtschaftlich. Es wäre aber immerhin an eine regionale Gruppengasversorgung zu denken, die angesichts der 45
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