Oberösterreich, 4. Jahrgang, Heft 3/4, 1954

haltig aber die Wirkung der damaligen „englischen" Mode war und wie diese zeitweilig eine Erweckung feiert, kann man heute noch beim Besuch eines beliebigen Glaserladens feststellen! Eine weitere starke Konkurrenz erstand in dem Schnitt und Schliff nachahmenden Preßglas. Dieses wurde, von Amerika kommend, über England und Frankreich in großen Massen billig auf den Markt geworfen und trug viel dazu bei, den allgemeinen Geschmack zu vergröbern, ja ihn gänzlich abzutöten und für den „Kitsch" reif zu machen. Die Glaserzeugung und -veredelung kann auch in Oberösterreich auf eine alte Tradition zurückblicken, wenn sie auch - naturgemäß - neben der böhmischen ein Aschenbrödeldasein führte und es in der Folgezeit meist Nachbarn aus dem Böhmerlande waren, die sich hier häuslich niederließen, um ihr Gewerbe zu betreiben. Der Chronist weiß aus Hallstatt zu berichten, daß dort imJahre 950 v. Chr. schon farbige Glasperlen bekannt waren. Um 712 wird in den Hütten des Erzberges Glas gewonnen, und um die Wende des ersten Jahrtausends entstehen die ersten Glasmalereien unseres Landes. Daß der reiche heimische Adel mit der Mode Schritt hielt und mannigfaches, kostbares in- wie ausländisches Glasgerät besaß, ist gewiß anzunehmen. Um 1508 hielten sich in Linz wandernde Glasmacher auf, und 1537 arbeitete der weitberühmte ·wunderdoktor Paracelsus in der Linzer Hofapotheke an der Herstellung einer kaltflüssigen Glasmasse. Ende des 16. Jahrhunderts errichtete ein Starhemberg in Oberösterreich eine Glashütte, und am 17. Oktober 1791 schließen die oberösterreichischen Staatsgüter-Administration und der Glashüttenmeister des Stiftes Schlägl, Anton Hauer, einen Vertrag, wonach sich letzterer verpflichtet, zwischen Friedburg und Schneegattern eine Glashütte zu erbauen, wenn ihm jährlich 400 bis 500 Klafter weiche frische Brennseheiter aus dem Kobernaußerwald überlassen werden. Eine besondere Rolle spielte die von der Familie Schmaus aus St. Georgen im Attergau in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtete Glashütte in Freudenthal. Beide Hütten, Schneegattern und Freudenthal, befanden sich lange Zeit im Besitze der Familie Stimpfl. In Freudenthal entstanden die reizenden, bemalten, meist vierseitigen Branntweinflaschen, kleine Branntweingläser und andere Gefäße. Fast jedes oberösterreichische Heimathaus besitzt die Erzeugnisse dieser Hütte in Dutzenden Exemplaren, und es ist wahrscheinlich, daß Oberösterreich einmal mit ihnen geradezu überschwemmt wurde. Es handelt sich hier vorzüglich um Liebesgabengläser, ihre Bemalung zeigt vordersei tig eine Kostümfigur, die in der Hand ein Branntweinglas oder ein Herz hält. An der Vorderseite finden sich weiter Darstellungen der Pieta, des Gnadenstuhls, das Christus- oder Marienmonogramm, eine Kirche mit Taube usw. Auf der Rückseite sind gewöhnlich Aufschriften in weißer Farbe angebracht, die zwei Themen behandeln: den Alkoholgenuß und die Liebe. Einige dieser Sprüchlein seien hier angeführt: ,,Bruder kum herein zum brantewein", ,,Herr wird herein - hundsfoth schenk ein", ,,0 Jammer und noth, mein Schatz ist todt 1739". Hasen, Hirsche, Tauben mit Herz, Tulpen, Lebensbaummotive, Spiralen, Schlingen und Schleifen gehören zum weiteren farbenfreudigen Ornamentenschatz dieser Erzeugnisse. (Nach Walcher v. Moltheim.) Es ist schade, daß dieser liebliche Zweig volkstümlicher Glasveredelung vollkommen ausgestorben ist. Im kleinen Rahmen, als Liebesgaben- oder Andenkenfläschchen, könnte man diesem Genre eine Wiederbelebung nur wünschen! Die österreichischen Heimatwerke bemühen sich auch in dieser Richtung, vor allem, um dem Kitsch, den die Fremdenverkehrsindustrie in der Glasbemalung hervorbringt, ein wenig zu steuern. tung. Die großen Leistungen der böhmischen Glasveredelung wären ohne die tüchtige künstlerische und geschäftliche Leitung der Chefs des Hauses Lobmeyr kaum möglich gewesen. Die Firma versorgte nicht nur den habsburgischen Kaiserhof und die österreichische Aristokratie mit Lustern und Tafelgeräten, sie lieferte diese ebenfalls allen anderen europäischen Fürstenhöfen und arbeitete in der Folgezeit für fast alle Diadochen der untergegangenen Hierarchien. So hat sie bis in unsere Tage der heimischen und der mit ihr aufs engste verbundenen böhmischen Glaskunst die Bewunderung und Anerkennung der Welt errungen, und es ist zu wünschen, daß ihr dies auch weiterhin gelingen möge. Heute steht es nicht gerade günstig um die österreichische Glasveredelung. Die vergangenen Jahre sind auch an ihr nicht spurlos vorübergegangen, und später hat Die schönsten WEIHNACHTSGESCHENKE erhalten Sie im Spezialhaus für Volkskunst und Volkstracht, im DD. S5eimafroerf L i n z, M o z a r t s t r a ß e 22 Andere Glashütten befanden sich in Aigen, dem oberösterreichischen Anteil am Böhmerwalde, in der Gegend von Grein und im Innviertel. Eines gebürtigen Oberösterreichers, der mit seiner Familie auf die Glasindustrie und -veredelung Alt-Österreichs hervorragenden Einfluß genommen hat, sei hier besonders gedacht: Josef Lo bmeyr. Er wurde 1 792 in Grieskirchen als Sohn des Färbermeisters Matthias Lobmeyr geboren. In seinem Heimatorte erlernte er das Glasmacherhandwerk und war als Geselle in Lambach tätig. Seine Wanderschaft führte ihn bis Wien, wo er 1823 mit wenigen Ersparnissen einen kleinen Laden erwarb. Persönliche Tüchtigkeit und ein wenig Glück ließen ihn bald zum ersten Haus am Platz emporsteigen, und bei seinem Tode 1855 besaß er bereits einige Glasfabriken. Die von ihm begründete Firma sollte unter der Leitung seiner Söhne Josef und Ludwig zu wahrer Weltgeltung emporsteigen, und sie bewahrte sich trotz der schwierigen Verhältnisse nach zwei wirtschaftszerrüttenden Kriegen bis heute ihre internationale Bedeuman es versäumt, die böhmischen Fachkräfte in genügend großer Anzahl zu binden. In Tirol arbeiten zwar wieder e-inige Raffinerien, die voll beschäftigt sind und die es sich deshalb - nicht zuletzt über Anregung der österreichischen Heimatwerke - leisten können, auch geschliffene Gläser mit hübschem altem Dekor herzustellen. Die• Gebrauchsgläser mit eingravierten ornamentalen Verzierungen oder Jagdszenen in einfachen, dem Zeitgeschmacke angepaßten Formen erfreuen sich bereits steigender Beliebtheit in weiten Kreisen der Bevölkerung, und es scheint langsam wieder zum guten Ton zu gehören, Geschenke aus edlem heimischem Glas auf den Weihnachtstisch zu stellen, dem Freunde als Angebinde mit auf den Weg zu geben oder dem jungen Paare zur Hochzeit zu präsentieren. Erweist sich doch die Kunst im Glase so recht dem österreichischen Wesen zugehörig, und jedes Bundesland kann stolz darauf sein, wenn es noch so tüchtige Handwerker-Künstler besitzt, wie sie Oberösterreich in seinen Brüdern Karl und Adolf Biedermann sein eigen nennt. 43

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