Oberösterreich, 4. Jahrgang, Heft 3/4, 1954

bleibt dies im Bereich des Zuständigen, des Heimatgebundenen und will nicht Nachahmung des Burgtheaters oder der Philharmoniker sein. Wenn aber die Provinz Herkunft und Ziel ihrer Kulturleistung und Aufgabe vergißt, weil ein teuflischer Ehrgeiz sie fälschlich in die Kulturaufgabe der Großstadt hineinspielt - es ist nur ein Hineinspielen, kein Werk - dann entstehen die halben Dinge und Lächerlichkeiten, der Abklatsch einer Kultur, der mit dem häßlichen Wort des Provinzialismus sein Anathema findet. Da und dort gibt es leider Menschen, die aus falsch verstandenem Kulturwollen und unverdauter Bildung mit großem Eifer daran sind, der Provinz einen Abklatsch aufzudrängen oder nahezubringen. Gelänge ihnen ihr Vorhaben restlos, würden sie zu Totengräbern der heimatentwachsenen Volkskultur und in Folgewirkung damit unserer gesamten Kultur werden. Film und Radio sind leider starke Keimpilze der Zerstörung, bis jetzt. Einern Abbröckeln von eigenbeständigen Kulturdingen und -werten in der Provinz, die durch Abziehbilder ersetzt werden, muß Einhalt geboten werden. Wie schmerzlich ist z. B. der Einfluß einer kulturellen Nivellierung auf dem Gebiete des Sprachgutes zu spüren! Wie weit ist die vor vierzig Jahren noch lebendige und gesprochene Mundart in Gebrauch und Verstehen zurückgedrängt worden und hat an vielen Orten einem nachahmenden Dialekt Platz gemacht, der weder Mundart noch Schriftsprache ist. Hier ist der Niedergang schon bedeutend (den vermutlich die Vermengung von Mensch~n in den beiden Kriegen stark gefördert hat). Soll für den Scheingegensatz auch die Frage aufgeworfen werden, wo Kultur besser gedeiht, ob die Provinz oder Wien der bessere Nährboden ist, so seien die Kulturschaffenden selbst befragt. Ihre Antwort ist zwiespältig. Manche stellen die anregende Wirkung stark in den Vordergrund, die vom Kreis gleichgesinnter Schaffender in der Großstadt ausgehe und die so wenig zu missen sei, wie die besondere Lebensluft der Metropole. Andere hingegen loben die Zurückgezogenheit in der Provinz als die einzig mögliche Voraussetzung für ihr Schaffen. Das Kunstschaffen wird nach allgemeiner Auffassung begrenzt vom Anregen, das zur Bildung der Idee oder des Planes führt und also am Anfang des Kulturwerkes steht, und dem Abregen, in das die Arbeit am Werk ausklingt und das das Schaffen selbst bekleidet. Dazwischen liegen für die Arbeit fördernd oder hemmend - je nach Veranlagung und Umstand - Stauungen, die Kräfte binden und lösen. Wo die Voraussetzungen für diesen Kulturprozeß besser gegeben sind, dort ist der geeignetere Ort für .das Gedeihen kultureller Werte vom Künstlerischen her. Es wird wohl auch für diesen Bereich gelten, was sonst geläufig ist: Reifen kann das größte in der i:lL111t:::, zum .trnlmgen und :::itrahlen braucht es den vViderhall und Spiegel der großen Welt. Auch der Österreicher mit seiner Kultur ist erst in der 31

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