Eine Schiffahrtsszene sehen wir auch in emer anderen großen Krippe, die uns in ihren Volksszenen das Salzkammergut vor Augen führt. Es ist die sogenannte Kalßkrippe im Ischler Heimatmuseum. Wir lesen in der „Stadt Gottes", 77.Jahrgang (1953/54) S. 104 (Demel-Freischmied, Die Ischler Krippe), daß sie ihre Entstehung dem Gelöbnis eines Salinenarbeiters namens Franz Oberleitner verdankt, der in den Dreißigerjahren des neunzehnten Jahrhunderts den Grundstock zu ihr legte. Die Krippenfiguren bezog er anfangs aus Ebensee, die weiteren ließ er in Ischl anfertigen. In einem Tagebuch, von dem noch ein Bruchstück vorhanden ist, hat er das Werden der Krippe in recht origineller Weise festgehalten. Der Mann, der nicht mit Glücksgütern gesegnet war, . hat sich das Geld für den Ankauf der Figuren buchstäblich vom Munde abgespart. Zwei Jahre vor seinem Ableben - er starb am 29. Oktober 1892 im 89. Lebensjahre - verkaufte Oberleitner die Krippe an den Reiterndorfer Kaufmann Johann Kalß um 200 fl. Nach diesem Manne, der ein besonderer Krippenfreund war, trägt das Kunstwerk heute seinen Namen, denn durch ihn wurde es berühmt. Er machte die Figuren beweglich und stellte die Krippe in einem allgemein zugänglichen ebenerdigen Zimmer seines Hauses auf. Als Kalß starb, erbte sein Sohn Johann Kalß in Frankenburg sein „hölzernes Himmelreich". So kam die Krippe im Jahre 1918 nach Frankenburg. Nach dem Tode Johann Kalß' verkaufte sie seine Erbin, Frau Elise Ritter in Frankenburg, an den Ischler Heimatverein, und im Jahre 1952 kam sie wieder an den Ort ihrer Entstehung zurück. Im Heimatmuseum wurde sie vorläufig in einem hiefür sehr geeigneten Raum aufgestellt und soll wieder beweglich gemacht werden, wobei sie einen noch günstigeren Aufstellungsplatz in dem gleichen Raume erhalten wird. Neben zahlreichen Volksszenen und Handwerkern aus dem Salzkammergut sehen wir in dieser Krippe einen kleinen See dargestellt, und auf diesem fährt ein von zwei Männern gerudertes Schiff. Es ist zwar kurz wie ein Schupfer, aber aus der Art, wie es gerudert wird, sehen wir, daß es ein richtiges Seeplättel (ein Traunerl) vom Traunsee darstellt, wie sie heute schon selten geworden sind. Oder vielleicht ist es eine Fuhr vom Hallstätter See, jedenfalls ein Fahrzeug von einem dieser beiden Seen, denn es wird links gesteuert, nicht rechts, wie die Schiffe auf dem Attersee oder auf dem Mondsee. Die weißrote Bemalung, die das Fahrzeug zeigt, gibt es zwar in Wirklichkeit nicht; aber die Schiffe; die einst ober den Tischen der Schiffleute in den Wirtshäusern hingen, waren auch oft so bemalt. An dem kleinen See der Krippe steht auch ein prächtiger Fischer, der eben mit seiner Angel einen schönen Fisch gefangen hat und ihn in sein Netz befördert. * Leider suchen wir in anderen Krippen vergebens nach Schiffleuten oder Schiffen. Bis jetzt konnte ich keine entdecken. In der vom verstorbenen Pfarrer Feichtlbauer erworbenen Oberndorfer Krippe, die heute eine Zierde des Innviertler Volkskundehauses in Ried im Innkreis darstellt, jener Krippe, die einst Zeugin war, wie zum ersten Male das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht" erklang, wurden wohl Schiffleute vermutet. Die Schiffleute waren eben damals nicht viel anders gekleidet als die Hirten. Aber was sie in den Händen haben und was man für Ruder halten könnte, sind einwandfrei Hirtenstäbe. Auch in den zahlreichen Ebenseer und Hallstätter Krippen konnten die Herren Fachlehrer Koller und Regierungsrat Dr. Morton, die über meine Bitte in liebenswürdiger Weise darnach Umschau hielten, keine Schiffleute entdecken. So scheinen tatsächlich das Steyrer Kripperl und die Ischler Kalßkrippe die einzigen Krippen zu sein, in denen Schiffe und Schiffleute aus dem Raum der oberen Donau zu sehen sind und die uns an einen Beruf erinnern, der an der Enns schon längst ausgestorben ist und auch an den Salzkammergutseen immer mehr schwindet. Oben: Seeplätte, unten: Fischer aus der Ka!ßkrippe in Bad Ischl Photos: Lichtbildarchiv des oberösterreichischen Landesmuseums Linke Seite unten : Das Steyrer Kripperl mit · dem Schiffzug Photo:· Otto Kaiser Linz 25
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