(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 4. Jahrgang, Heft 1/2, 1954

ÄMILIAN KLOIBER UND FRIEDRICH HAMANN AUFNAHMEN: DR. A MI L I A N K L O I B ER an und • In den Stauseen der Enns Wer heute eine Wanderung unternimmt, eigenartigsten Reizen dieser durch den „gehoben" und begleiten wie einst den die ihn von der Mündung der Enns in die Menschen verwandelten Landschaft, die heute langsam dahinströmenden Fluß: das Donau gegenüber von Mauthausen in trotz der Technik -eine großartige Natur- Leberblümchen, das Lauchkraut, das Ma,i- beschaulichem Fußmarsch, in bequemen landschaft geblieben oder geworden ist und glöckchen, das Lungenkraut, die wilde Ra- Fahrradstunden oder mit dem Kraftwagen durch die Technik neue Aspekte gewonnen punze!, die Frühlingsplatterbse, der Bein- auf der linksufoigen Autostraße entlang des hat, daß wir nun von der Enns aus eben well u. a. m.3, alle geschützt von Hasel- Flusses nach Sü·den führt, muß folgendes zu den Felsbändern mit den schönen sträuchern und Kreuzdorn, die nun eben- feststellen: die Schmelzwasser des ab- Alpenblumen fahren können, die ehedem falls in der Höhe zu finden sind. Hier an schmelzenden Ennsgletschers haben seiner- auf steilen W,änden hoch über dem Tal den Enns-Stauseen finden wir auch von zeit große Schottermassen zwischen den wuchsen. Die geschilderten Pflanzen fallen Zeit zu Zeit die kleine Zwergtrappe, das heutigen Städten Steyr und Enns donau- vor allem im Frühling auf, wo wir uns „Hoadhendl", neben einer Anzahl von wärts aufgeschichtet und so einen Zustand außerdem hier an den üppigen Büscheln V ö g e 1 n, auf die Karl S t ein p a r z, A erzeugt. In diesem Teil der Traun-Enns- des duftenden Felsen-Schaumkrautes er- der unermüdliche Feldornithologe von platte hat sich die Ur-Enns eingegraben freuen können. - Im Sommer ist das ge- Steyr, erst jüngst in der Festschrift zur und so einen Zustand B erzeugt, den wir nannte Gelände eine jener wärmebegün- 2. Osterreichischen Naturschutztagung in heute noch an der Terrassenlandschaft der stigten Fe 1senste p p e n, in denen s,ich Gmunden hingewiesen hat. Enns sehen, wo sich über die niedrige Uferterrasse nach oben die Niederterrasse, die Mittelterrasse (auf der ,die Autostraße Enns-Linz führt) und d~e Hochterrasse aufbauen. Dieses Bild des natürlichen Ein- grabens der Ur-Enns bis zur Enns des Jah- res 1940 hat in den lotrechten Konglo- meratwänden gleichsam einen Kalender eingegraben, an dessen unterem Rande die Enns im genannten Jahre angelangt war. Durch den Bau der fünf Ennskraftwerke mit ihren Stauseen von Mühlrading, Sta- ning, Rosenau, Ternberg und Großraming hat nun der Mensch einen neuen Zustand erzeugt, in dem ein früheres Wasserniveau mit seinem Uferbild teilweise wiederher- gestellt worden ist. Die Enns in historischer Zeit ,ist ein gro- ße,s Wildwasser von seltener Unbändigkeit und bis 1940 für den Faltbootfahrer eine der Spitzenstrecken an Schönheit und Schwierigkeit gewesen. Mehr von der Schwierigkeit her gesehen, berichten uns darüber auch die letzten Ennsflößer. Die Enns hat mit dieser Art der Holzbringung zur Donau bis zum Ersten Weltkrieg viel geleistet. Die letzten Flöße fuhren knapp vor dem Zweiten Weltkrieg. .i\lter jedoch ist die Schiffahrt auf der Enns, nämlich der Eisen- und Getreidetransport. Durch den Bau der Talsperren hörte die Enns- flößerei, die ihrers~its die Schiffahrt über- dauert hatte, um 1940 auf. - Die alte Ennslandschaft auf oberösterreichischem Bo- den war die des wiLden und ernsten Ge- birgsflusses, wie sie durch die vorwiegend steile Uferführung und die zahlreichen Flußkrümmungen gekennzeichnet ist. Die jetzige Landschaft ist durch die Hebung des Wassers und die Auffüllung und Überflutung sowohl des tiefen V-Tales wie auch flacher Ufergebiete am Unterteil des Flusses gleichsam eindrucksvoller in der Wasserfläche und freundlicher dadurch ge- worden, ,daß die Uferwände nun wesent- lich niedriger und mehr belichtet sind. Aus der Zeit der alten Enns sind an den Wänden und an der Oberkante der Kon- glomeratfelsen, die ihrerseits unterwaschen werden und abbröckeln, aus der a l p i n e n und :s u b alpin •e n Pflanzen g es e 11- s c h a f t auf Felsbändern in Nischen übrig- geblieben: das Petergstamm, die Felsen- birne, der Mehlbeerbaum, der Wechsel - Steinbrech u. a. m. 1 - Es gehört zu den Staning. L inksufrige Zufahrtstraße zum Kraftwerk; der ländliche Charakter des Doifes wird nicht gestört eine Warm-Trocken-Flora zeigt, die ge- kennzeichnet ist durch den Liguster, die Berberitze, den Wirbeldost, die Pimper- nuß, die Kornelkirsche, die Fetthenne, den Berghaarstrang und die rheinische Flok- kenblume2. Die Gegend am Stausee von Staning, der als Repräsentant aller fünf Seen anzuspre- chen ist, da er sowohl Teile des alten Enns- grabens wie auch der flachen Ufer umfaßt, ist im allgemeinen mit B u c h e n - E i - c h e n - M .j s c h w a 1 d bestanden, ferner mit zum Teil urtümlichen, zum Teil vom Menschen eingebrachten Fichten. Die Uf.er- kante hoch über dem Fluß ist von Rot- föhren gekrönt, insbesondere beim Kraft- werk Staning selbst. Ferner haben sich die Pflanzen ,des Buchen-Eichen-Waldes am Rande der Enns aus der ehemaligen Tiefe bis in die heutige Wasserhöhe sozusagen Dort, wo die alte Talsohle flacher aus- läuft, sind ü b erst au u n gen entstan- den, die zwar eine breite Wasserfläche be- sitzen, aber auch za,hlreiche und vor allem ufernahe Untiefen aufweisen. Bis zum Jahre 1950 hat sich in dem langsam flie- senden Gewässer stellenweise eine reiche Wasserpflanzenflora mit ihren submers•en Be- ständen angesiedelt und hiebei e,ines Bodens bemächtigt, der bis zur Oberstauung ur- altes Gras- und Wiesenland war. Das Gras ist nun unter Was-ser durch mehrere Jahre erhalten geblieben, bis es dem grauen Schlammboden wich. Dauernd bringt näm- lich der Fluß feine und feinste Schweb- stoffe mit sich, die in den ,schnell fließen- den Stromteilen mitgerissen werden, im stagnierenden Wasser jedoch zu Boden rie- seln und hier eine bedeutende Schlamm- schichte (Gyttia) erzeugen, mit der die Enns- 61

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