(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 4. Jahrgang, Heft 1/2, 1954
Während a lso das Mühlviertel ungewöhnlich reich an besonders wertvollen und schönen Granitarten ist, hat ihm die Natur andere Gesteine, die sich im benachba rten niederösterreichischen Waldviertel so reich finden, fast vollkommen versagt . So fehlen ihm praktisch die grobkörnigen, hochkristallinen Marmore und die Serpentine. Nun zu den Alpen. Die nördlichen Kalkalpen bestehen fast aus- schließlich aus Kalksteinen und anderen Karbonatgesteinen, den Dolo- miten. Die gewöhnlich nicht ganz richtig a ls „ dicht" bezeichneten · Kalksteine lassen sich meistens schleifen und polieren. Dabei ergeben sich oft sehr schöne Farbzeichnungen und diese Gesteine werden vom Handwerker a ls „Marmor" bezeichnet (während die Wissenschaft diesen Namen den grobkristallinen Kalksteinen vorbehält). Ober- österreich mit seinem großen Antei l an den nördlichen Kalkalpen ist begreiflicherweise überaus reich an solchen Steinen, die sich a ls Marmor verwenden lassen und auch früher tatsächlich in großem Maß- stabe für monumentale Zwecke, vor a llem für Türgewände, Altäre, Säulen und sonstigen architektonischen Schmuck, verwendet worden sind. Die heutige Gewinnung gibt keine richtige Vorstellung mehr von dem vorhandenen Reichtum, und zwar aus dem Grunde, weil sich in dem eng benachbarten Salzburg amUntersbergundineinigen Dutzenden von Steinbrüchen rund um das „Marmordorf " Adnet seit dem An- fang . des 13. Jahrhunderts eine hochentwickelte und leistungsfähige Steinindustrie entwickelt hat. Dazu kommt noch ein zweiter für seinerzeitige Verhältnisse schwer ins Gewicht fallender Umstand: der leichte und billige Wasserweg über Salzach, Inn und besonders der über die Donau, das stets hochgerühmte „beneficium Danubii", ge- stattete eine verhältnismäßig billige Zufuhr der Steine von Adnet und vom Untersberg, mit der die mühsame Wagenfracht auf schlechten Straßen nicht Schritt halten konnte. So finden wir die altbayerische und österreichische Grabmaiplastik praktisch zur Gänze in rotem Adneter Marmor entwickelt, zu dem sich seit der Barockzeit der gelbe Untersberger gesellt. Wir müssen uns aber vor dem Vorurteil hüten, jeden roten Marmor als Adneter anzuspre- chen. Auch O berösterreich hatte seine großen Stein- brüche auf roten Marmor: südlich vom Wolfgangsee bei Zinkenbach und nördlich von ihm am Schwarzen- see wurde ebenso roter Marmor gewonnen wie am Traunsee (,,Traunsteinmarmor") und bei Spital am Pyhrn, nicht minde der rotviolette „Grünauer", auch „Kasberger Marmor", mit schönen Arbeiten im Stift Kremsmünster. Die österreichischen Barock- Lager .fertiger Schleifsteine. R essenalpe ober Gosau. Photo Rö <l Kontrolle der fertigen Pflasterst, Granit VJ/l Schärding Links unten: Granitsteinbruch Hammer/eilen bei Perg stifte waren a lle bemüht, eigene Steinbrüche auf farbige und bunte Marmore anzulegen. D er Schwarzensee-Marmor hat für das Stift Mond- see geliefert. Das Stift Spital a. P. hatte eigene Brüche auf roten und schwarzen Marmor und besonders auf eine überaus bunte, rot und weiß gescheckte Marmorbreccie, d ie wir immer wieder an barocken Marmor- altären im ganzen Donauösterreich finden . Man hat der erfolgreichen Suche nach schönen Marmoren einen solchen Wert beigelegt, daß z. B. in Spital a . P. der Grabstein des Steinmetzen Provin ( 1645) ausdrücklich davon erzählt, er sei es gewesen, der „den schönen Mar- borstein erhebt" habe. Die Stifte im F lachland draußenkonntennatürlich keine eigenen Brüche haben und so wundert es uns nicht, daß etwa Reichersberg am Inn ausschließlich den Adneter Stein verwendet hat, Die meisten dieser Steinbrüche sind längst vergessen. Die vom Schwarzen- see haben wir erst vor einigen]ahren aus ihrem Dornröschenschlaf wie- der erweckt, und das neue Kammergebäude in Linz zeigt zur Genüge, 41
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