(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 4. Jahrgang, Heft 1/2, 1954

DIE NUTZBAREN GESTEINE OBERÖSTERREICHS VON ALOIS KIESLINGER Das Land Oberösterreich hat Anteil an drei großen geolo- gischen Einheiten: die erste ist die böhmische Masse, zu der das Mühlviertel sowie der Sauwald und der Kürnberg bei Linz gehören; die zweite Einheit ist die Kette der Alpen mit T eilen der nördlichen Kalkalpen und der San'dstein- oder Flyschzone; zwischen beiden dehnt sich die ebene Landschaft der Becken- füllung, die im Untergrunde von der sogenannten Molasse er- füllt und oberflächlich mit den Schottern und Lehmen der Eiszeit bedeckt ist. Alle drei Einheiten tragen zum Reichtum des Landes an nutzbaren Gesteinen bei, wenn auch eine große Steinindustrie nur im altkristallinen Land von Mühlviertel und Sauwald ihre Rohstoffe findet . Wenn auf älteren geologischen Karten des Landes die ga nze Fläche mit der roten Farbe granitähnlicher Urgesteine be- zeichnet ist, so stimmt dies nicht ganz mit der Wirklichkeit überein. Es sind Gneise und Glimmerschiefer, wohl vielfach mit granitischen Stoffen durchtränkt und teilweise aufgeschmol- zen, doch sind die richtigen, technisch verwendbaren Granite auf kleinere Stöcke (,,Plutone") beschränkt. In der Haupt- sache sind diese granitischen Massen in drei Schüben aus un- bekannter Tiefe eingedrungen. Der älteste von ihnen wird nach den großen Vorkommen im Weinsberger Forst a ls „Weins- berger Granit" bezeichnet, ein durch seine riesengroßen Feld- spate überaus schönes und bunt gemustertes Gestein . Gerade diese großen Feldspate aber mit ihrer guten, man könnte sagen a llzu guten Spaltbarkeit schränken die Verwendungsmöglich- keit dieses „Speckwurstgranites", wie er volkstümlich benannt wurde, ziemlich stark ein. ,Eine größere Gewinnung findet nur im Naarntale statt, und wi'r könne!). in Linz einige schöne Ar- beiten aus diesem Stein sehe~ (A~beiterkammer, Ärztehaus). Gelegentlich hat dieser Granit sich bei seinem Aufdringen mit anderen Gesteinen gemengt, und solche Mischgranite zeigen mit ihren rötlichen Feldspaten und rabenschwarzen Horn- blenden ein besonders buntes Bild. Etwa 200 solcher Quader von rötlichem Granit aus den Strombaubrüchen in Landshaag bei Aschach wurden bei der neuen Linzer Donaubrücke ver- wendet, und auch für den Sarkophag des Bundespräsidenten Dr. Renner auf dem Wiener Zentralfriedhof hat man diesen Stein genommen. Weitaus am wichtigsten ist der zweite Granittypus, den man nach einem weltbekannten Fundort a ls Mauthausener Granit bezeichnet. Zum Unterschied vom Weinsberger sind seine Mi- neralkörner nur etwa erbsengroß, und das Gestein hat meistens die bekannte graublaue Farbe, das typische ·,,Steingrau" des Granites, das die Steinmetzen „blau" nennen. Eine Karte der oberösterreichischen Granitbrüche würde zeigen, daß sich diese Steinbrüche immer in einzelnen Gruppen eng aneinander drängen, und daß dazwischen breite Landstriche ohne brauch- bares Gestein liegen. Wer den Bau des Landes kennt, wird )65 leicht feststellen, daß eben immer nur die einzelnen Granit- stöcke oder Plutone das wertvolle Gestein enthalten. So können wir geradezu von „Granitrevieren" sprechen, die sich um die Orte Mauthausen, Perg, Schwertberg und Aigen-Schlägl, um Freistadt, Helfenberg, St. Roman im Sauwald und um Schär- ding gruppieren, wozu noch viele kleinere kommen, etwa der von Sarmingstein a . d. Donau. Die ausgezeichnete Spaltbarkeit dieser Granite ermöglicht die verhältnismäßig billige Herstel- lung von Pflastersteinen. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges wurden sie mit Hilfe einer eigenen Transportflotte in unge- [Jeol heuren Mengen nach Wien gebracht, etwa ein Drittel davon allein aus dem Raum von Mauthausen. Die neuere Zeit hat 1 R dem Granit als dem besten Pflastermaterial für a lle wirklich ; EN heiklen Straßenstellen, für starke Steigungen und Kurven, sein 40 Recht gelassen, wenn man auch seine Form geändert hat und zum Kleinpflaster übergegangen ist. Unabsehbar groß ist auch die Zahl der monumentalen Arbeiten. In den ersten Jahrzehn- ten des vorigen Jahrhunde~ts war der „blaue" Mauthausener Granit ein kostbarer Modestein geworden. Er hatte ja, mit den Augen dieser Zeit gesehen, die „Steinfarbe" schlechthin; a lle größeren Denkmäler des Vormärz, das Franzens- und Josefs- denkmal, das Collin-Denkmal in Wien, das Franzensdenkmal in Graz verwenden diesen schönen Stein. Eine Abart des Maut- hausener Granites ist der von Neuhaus-Plöcking, 33 km strom- aufwärts von Linz. In acht großen Steinbrüchen wird dort ein ganz heller, im rauh bearbeiteten Zustand fast weißer Granit gewonnen . Neben seiner lichten Farbe ist er besonders dadurch ausgezeichnet, daß man aus ihm fehlerlose Blöcke von fast be- liebiger Größe gewinnen kann. So ist er das gegebene Material für die riesigen Steinwalzen der Papierfabriken, für große Gruftdeckel und für ähnliche Arbeiten. Seine Verwendung kann auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken. Abgesehen von älteren Bauten, sind vor a llem die Architekturgliederungen der Stiftskirche von St. Florian daraus gefertigt, und in einem der Steinbrüche (dem Maria-Luisen-Bruch in Neuhaus) hat man noch Inschriften aus dieser Zeit, dem Ende des 17. Jahr- hunderts , gefunden. Ein Nachbarbruch erinnert durch seine Bezeichnung „Dombaubruch" daran, daß er die Steingliede- rungen für den Linzer Dom geliefert hat (der im übrigen aus einem F lyschsandstein der Gegend von Altlengbach errichtet ist). Eine besonders große Rolle spielte dieser Granit auch in der „Ringstraßenzeit" für Wien (Parlament, Börse, Rat- haus, Jubiläumskirche). Aus den letzten Jahrzehnten sind die Steinverkleidungen vieler Wasserkraftwerke, Brücken, Kanal- bauten usw. zu erwähnen, und die Verwendung reicht z.B. mit dem neuen Linzer Bahnhof bis in die unmittelbare Gegenwart. Der Schärdinger Granit, vom Mauthausener durch einen auf- fallenden Reichtum an dunklen Einschlüssen (,,Leberflecken") leicht zu unterscheiden, ist mit seinen rund 50 Steinbrüchen der Sitz einer besonders modern ausgebauten und rationalisier- ten Steinindustrie, die durch verbilligte Gewinnungsverfahren die Weiterverwendung des schönen Natursteines ermöglicht. Stellenweise nehmen die Einschlüsse (eingeschmolzene Schiefer- gesteine) derart überhand , daß man von einem Flasergranit (z. B. Wernstein) spricht. Er liefert u. a. einen geschätzten Bahnschotter. Die gleichen wertvollen Granitsorten werden an vielen Punkten des östlichen und westlichen Mühlviertels ge- wonnen. Leider haben viele dieser Brüche eine ziemlich un- günstige Verkehrslage, so daß sie nur hochwertige Steinarbeiten liefern, während der Schotter infolge der hohen Frachtbelastung schwer verkäuflich ist. Auch finden sich hier dunkle, diorit- ähnliche Mischgesteine (z. B. bei Julbach), das gegebene Material für schöne Grabsteine. Ein dritter, sehr grobkörniger Granittypus, gewöhnlich nach dem niederösterreichischen Vorkommen als Gmünder (manchmal auch als Eisgarner) Granit bezeichnet, wird im nördlichen Mühlviertel (z. B. Blochwald) gewonnen und ähn- lich wie die anderen verarbeitet. Zu den genannten Tiefengesteinen gehören auch Spalten- füllungen, sogenannte Ganggesteine, die gelegentlich wertvolle Mineralprodukte liefern. Die Pegmatitvorkommen im Naarn- tal (Gemeinde Königswiesen) liefern Quarz und Feldspat. Die vielen Quarzgänge waren in vergangenen Zeiten der Rohstoff für Glashütten des Waldlandes. Verschiedene, mehr oder min- der stark von granitischem Saft durchtränkte Gneise wurden besonders in früheren Zeiten viel für Mauersteine abgebaut, u. a. für die Maximilianischen Befestigungen von Linz.

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