(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 4. Jahrgang, Heft 1/2, 1954

lagen so eingehende Beschreibungen seiner seine Wirksamkeit bei ·Rheuma, Frauen- Eigenschaften und Reaktionen vor, daß auf leiden, Alters- und Verbrauchsschäden, chemischem Gebiete nicht mehr viel hin- insbesondere aber bei Störungen des Blut- zuzufügen war. Und doch wäre diese kreislaufes. Es war' jedoch erst der letzten Entdeckung für die Allgemeinheit ohne Zeit vorbehalten, den Mechanismus und Bedeutung geblieben, wenn nicht im Grad dieser Wirksamkeit näher zu er- Jahre 1820 der Genfer Arzt Jean Francois fassen. Wesentlichen Anteil an diesen Coindet dieses Element in die medizini- neuen Erkenntnissen hat das Paracel- sche Praxis eingeführt und damit eine sus-Institut Bad Hall, das 1951 vom Entwicklung eingeleitet hätte, die mit Lande Oberösterreich a ls Jodforschungs- einigen Ruhepunkten bis zum heutigen Institut ins Leben gerufen wurde. Seine Tage nicht stillgestanden ist! Seither hat vier wissenschaftlichen Abteilungen stehen die medizinische Forschung niemals auf- unter Leitung der Universitätsprofessoren gehört, sich mit der Bedeutung dieses Dr. Franz Brücke, Dr. Ernst Lauda, Elementes für die Physiologie des mensch- Dr. Hans Lieb und Dr. Arno ld Pillat. liehen Körpers und mit seiner Wirkung Damit wurde in einem österreichischen als Medikament zu beschäftigen. Fast un- Bundesland, das selbst keine Hohe Schule absehbar ist die Summe der Erkenntnisse, besitzt, in engster Verbindung mit den aber auch di e Summe iier Probleme, die zentralen Universitätsinstituten ein Zent- sich im Zusammenhang damit ergaben, rum wissenschaftlicher Forschungsarbeit so daß wir auch heute von der endgültigen geschaffen, das heute weit über Österreichs Klärung aller diesbezüglichen Fragen Grenzen hinaus als J odforschungsstätte noch weit entfernt sind. Jod hat sich seit- internationalen Ruf hat. her als allgegenwärtiges Element und a ls Die tieferen Ursachen für diese Entwick- Verkörperung jener geheimnisvollen lung liegen wohl darin, daß die erfolg- Macht erwiesen, die a lle Lebensprozesse reichste Anwendung des Heil- und Wirk- des Menschen und der höher organisierten stoffes Jod im bädermäßigen Gebrauch Tierwelt steuert. Wir wissen heute, daß natürlicher jodreicher Heilwasser gegeben Jod zum Aufbau des Schilddrüsenhor- ist, wie sie im oberösterreichischen Bad mones erforderlich ist, jenes Hormones, Hall aus acht Bohrbrunnen gefördert das die Funktion aller anderen Drüsen werden. innerer Sekretion regelt. Etwas Jod zuviel, Die Bäderbehandlung ist ihrer Natur nach und der Mensch wird nervös, erregbar, grundsätzlich eine den ganzen Menschen fahrig, er magert ab. Etwas Jod zu wenig, erfassende Therapie von überaus kom- und an Stelle eines regsamen Menschen plexem Wirkungsmechanismus. Als ganz- wird ein stupides Kretin, kaum fähig heitsgerichtete Kur steht sie im prinzi- irgendwelcher menschlicher Reaktionen. piellen Gegensatz zu den vielfach geübten Die Bedeutung des Jods liegt aber nicht Behandlungen mit symptomatischen Mit- allein darin, sie liegt in mindestens glei- teln. Sie bietet wie kaum eine andere Be- chern Ausmaß in seiner vielseitigen Rolle handlung die Möglichkeit, Lokalwirkun- als Therapeutikum. Schon in der ersten gen und Allgemeinwirkungen zu verbin- Hälfte des vergangenen Jahrhunderts war den. So übergreifen sich in der Jodbäder- es zum wertvollsten Helfer bei Bekämp- behandlung spezifische und unspezifische fung chronisch-entzündlicher Prozesse der Reize und führen, unterstützt durch Ruhe, verschiedensten Art geworden, schon seit Erholung, Ausspannung, Milieu- und mehr als hundert Jahren weiß man um Klimawechsel, zu einem vielfältigen und seine Desinfektionswirkung, aber auch um komplexen Wirkungsmechanismus. Laboratorium im Paracelsus-Institut Photo ÖVW Dazu kommt, daß die Heilwässer Bad Halls nicht allein Jod führen. Sie sind ihrer Natur nach echte, biogene Wässer, Abbauprodukte von Planktonorganismen des Tertiärmeeres mit a llen in diesen Or- ganismen vorhanden gewesenen Bio- elementen. Diese überaus kompliziert zu- sammengesetzten wässerigen Lösungen führen neben Jod und Kochsalz eine Reihe wesentlicher Aufbau- und Wirk- stoffe, z. B. Brom, Bor, Kalzium, Kalium, Magnesium, Eisen, neben Spuren der so- genannten anorganischen Vitamine Kup- fer und Zink. In diesen Quellen sind somtt alle jene Stoffe enthalten, welche die mo- derne pharmazeutische Chemie auf Grund neuester Erkenntnisse den künstlichenJod- präparaten zur Erhöhung, bzw. Kompen- sation des Effektes beizugeben gelernt hat. Bad Hall hat seit 1949 durch Verwirk- lichung eines großzügigen und weiträumig geplanten Bohrprogrammes seine Heil- wassergrundlage bedeutend erweitert. Seit diesem Jahr wurden fünf neue Tiefboh- rungen im Schutzgebiet niedergebracht und in Betrieb genommen. Es waren Boh- rungen, welche die bisher hochwertigsten Wässer des Gebietes mit Jodgehalten bis 58 mg/1 und Bromgehalten bis 153 mg/1 erschlossen und nutzbar machten. Darauf aufbauend, erfolgte ein Ausbau der Thera- pieanlagen, die Schaffung neuer Behand- lungsabteilungen, insbesondere für Kreis- laufschäden und Augenerkrankungen. Die Ergebnisse dieser Behandlungen zeigten Möglichkeiten auf, die ausgenutzt werden mußten. Darum entschloß sich das Land Oberösterreich zur Schaffung des Para- celsus-Institutes als modernstes und viel- seitigst arbeitendes Bäderforschungs-Insti- tut Österreichs. Ihm war die Aufgabe ge- stellt, die theoretischen und praktischen Grundlagen einer neuzeitlichen J odbäder- therapie zu erarbeiten. Bad Hall hat damit Neue Wandelhalle / Photo Kurkommission Bad Hall J?

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