(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 4. Jahrgang, Heft 1/2, 1954

GALLSPACH u N D ZEILEIS Gallspach, vier Kilometer südwestlich von Grieskirchen, war vor dem Ersten Welt- krieg ein abseits gelegener, freundlicher, aber durchaus stiller Ort, in der großen Welt völlig unbekannt. Das einzige be- merkenswerte alte Bauwerk, das in seinen Uranfängen auf das Jahr 1111 zurück- reichende Wasserschloß Gallspach, lag vernachlässigt und schier verödet am Ortsra nd. Nichts deutete darauf hin, daß es um Schloß und Ort einmal anders Valentin Zeileis, dem längst schon ein Ärzte- und Ordinationsschwesternstab zur Seite stand und der im Jahre 1924 a ls wertvollste Verstärkung seiner Arbeits- kraft den eigenen Sohn, den Arzt Dr. med. Fritz G. Zeileis, erhal ten hatte, mußte daran denken, die Frage der Ordinations- räume großzügig zu lösen. Nach vielen Überlegungen und nach einer ausgedehn- ten Studienreise, die Dr. Fritz G. Zeileis nach den USA unternahm, um sich dort über die Anlagen moderner Kliniken und -::i Spitäler zu informieren, faßte man den ~ endgültigen Entschluß, das heutige In- .;, stitut Zeileis zu bauen. ] Im Februar 1929 war Dr. Zeileis aus Ame- ~ rika zurückgekommen, und schon am 5. Mai des gleichen Jahres konnte der Grundstein zu dem neuen Institut gelegt werden.Valentin Zeileis' Lieblingswunsch, noch im gleichen Jahr in den neuen Räu- men ordinieren zu können, schien schier unerfüllbar. Aber dennoch : nach nicht ganz acht Monaten Bauzeit, am 23. De- zember 1929, konnte der Forscher zum erstenmal in dem neuen, repräsentativen Institutsbau die „Bürste" an den Patienten handhaben. Seit damals also steht das Institut, das J kürzlich seinen 25jährigen Bestand festlich 1V beging, der leidenden Menschheit zur Ver- c.:i fügung. In diesen 25 Jahren (gerechnet j bis Ende 1953) wurden 239 .557 Patienten behandelt, von denen 63 .260 aus dem Aus- ~ land stammten. In den Listen findet man werden sollte. Und dann aber wurde es dennoch anders: als im Jahre 1910 Valen- tin Zeileis das Schloß 4ls Sommersitz er- warb. Dieser weltbereiste Mann, der sich um die Jahrhundertwende in Wien niedergelassen hatte, widmete sein Leben der Erfor- schung der Strahlungseigenschaften hoch- gespannter Elektrizität und der Frage, ob solche Ströme und Strahlungen a ls Heil- faktoren in den Dienst der leidenden Menschheit, gestell t werden könnten. Da er auch während seines Sommeraufent- haltes in seinem behelfsmäßig eingerich- teten Gallspacher Laboratorium das For- schen nicht lassen konnte, sprach sich das a lsbald herum, und Zeileis sah sich von immer mehr Heilungsuchenden belagert. Gäste aus Albanien, aus der Türkei, aus Spanien, Finnland, Schweden, Norwegen usw. Es kamen Kranke aus Abessinien, aus China, Indien, Uruguay und Vene- zuela, aus den USA, Kanada - kurz und gut, von überall her. Zahlenmäßig ran- gieren freilich die eigenen Landsleute, dann die Deutschen und Schweizer an den vordersten Stellen. Natürlich hat sich auch der Ort selbst von a llem Anfang an gänzlich auf den Kur- Im Ersten Weltkrieg, a ls Valentin Zeileis den größten Teil dieser Jahre in Gallspach verbrachte, vervielfä ltigte sich die Zahl der Patienten, und gar erst wuchs sie, a ls Valentin Zeileis im April 1920 seinen § Wohnsitz und sein Wiener Laboratorium i, überhaupt nach Gallspach verlegte. An- " "<, fänglich behandelte er nur an Samstag- § vorrnittagen die Kranken, von denen er ~ kein Honorar nahm. Aber der Zustrom -::i war so groß, daß er bald täglich ordinie- ~ i--"', ren mußte, und daß sich auch die zur Ver- ~ fügung stehenden Räume alsbald als völlig .-S -;;; unzulänglich erwiesen. ..:; S, J: betrieb umges tellt, doch wickelt sich dieser gottlob noch immer nicht „mondän" ab, sondern freundlich und gesellig, denn nach Gallspach „geht" man nicht der Mode, sondern eines ernsten Leidens wegen, von dem durch die Zeileis'schen Bestrahlungen gehei lt zu werden man in- brünstig hofft. Im wesentlichen kommen in Gallspach folgende Krankheiten zur Behandlung: Organische Erkrankungen des Nerven- systems und des autonomen Systems, Er- krankungen der Drüsen innerer Sekretion, des Gefäßsystems, des Magen-Darm-Ka- nales, des Urogenitaltraktes, entzündliche und funktionelle Störungen des weiblichen Genitales, Stoffwechselerkrankungen und fast a lle iri das Gebiet des Rheumatismus gehörigen Fälle. Das Institut Zeileis unterhält ständigen Kontakt mit vielen wissenschaftlichen Forschungsstätten in aller Welt. Da neben der Heilbehandlung auch die Forschungs- arbeit unentwegt fortgesetzt wird, kann man aus Gallspach noch weitere, für die Leidenden segensreiche Entwicklungen erwarten. -r- 21

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