(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951

~ Oberösterreichs Fremdenuerkehrswirtschall ~D ~~ 1 r VON KURT WESSELY J 1rr1 Fremdenverkehr ist die Parole des Tages. Er ist ein wirt- schaftlicher Faktor geworden, der ebensosehr des eingehen- den Studiums, wie mancher Voraussetzungen räumlicher, landschaftlicher, hi.storischer Art und nicht zuletzt der Schulung und des Charakters der Bevölkerung bedarf. Wer g!aubt, man könne am Fremdenverkehr leicht und schnell verdienen, wird erkennen müssen, daß dies nicht der Fall ist. Aber bis es so weit ist, kann dieser Außenseiter viel von dem „Good Will " zerstört haben, dessen der Fremdenver- kehr besonders bedarf. Denn der Fremdenverkehr ist nicht die Sache eines einzelnen, nicht des Hotels, das dem Gast die Rechnung präsentiert, sondern aller, mit denen der Gast direkt oder indirekt in Berührung kommt. Dies gilt nun nicht nur dem Ausländer gegenüber, der die Devisen bringt und damit die Handelsbilanz verbessert, sondern auch für den Inlandsgast. Mag sein, daß dessen Brieftasche leichter ist , - übrigens könnte mancher von ihnen noch bei den Ausländern Lektionen über Sparsamkeit nehmen - , aber er hat eine nicht minder wichtige Funktion - nämlich die Verteilung des Sozialproduktes auf weitere Schichten des Landes, das sich sonst in den Städten zusam- menballt. Der Fremdenverkehr führt also zum Schließen einer Einkommensschere, die sich sonst zwischen Stadt und Land öffnen würde, er hat eine ausgleichende, wirt- schaftliche Funktion. Der Mangel einer österreichischen Steuerstatistik läßt dies leider nicht klar erkennen, aber wenn wir bedenken, daß in Oberösterreich nach Nieder- österreich die meisten Übernachtungen von Wienern im Sommerhalbjahr 1950 gezählt wurden - nämlich 878.000 oder die Hälfte der Inländer-Übernachtungen - , so dürfte dies deutlicher werden. Dies bedeutet, daß im Sommer jeder zweite Wiener eine Nacht „statistisch" in Oberösterreich verbringt. Unsere Statistiken versagen leider auch , wenn wir den umgekehrten Weg gehen und nicht nach den Fremden , sondern nach den im Lande vorhandenen Fremdenverkehrs- einrichtungen fragen. Die Handelskammer Oberösterreichs weist gegenwärtig in der Sektion Fremdenverkehr 6691 Mitglieder auf. Es dürfen aber nicht alle Sektionsmitglieder angeführt werden, weil organisatorisch zur Sektion Frem- denverkehr auch andere Betriebe, wie Theater, Kinos und sonstige Vergnügungsbetriebe kommen. Fassen wir also nur die eigentlichen Fremdenverkehrsbetriebe ins Auge, so haben wir nach der jüngsten Unterscheidung, wonach Ik- triebe mit mehr als 8 Betten zur Fachgrupp~Beherbergungs- betriebe gehören, 5001 Betriebe des Gast- und Schank- gewerbes , ferner 1049 Beherbergungsbetriebe, zusammen also 6050. Hinzuzurechnen sind weiter 82 Reisebüros, 15 Heilbäder- und Kuranstalten, sicher ein Teil der gewerblich betriebenen 70 Bäder, aus der allgemeinen Gruppe etwa 20 Berg- und Fremdenführer sowie die einzige Schischule am Feuerkogel. Etwa ein Zehntel aller oberösterreichischen Handels- und Gewerbetreibenden besitzt daher einen Frem- denverkehrsbetrieb und lebt mit Familienangehörigen und Personal vom Fremdenverkehr. Dabei ist es nicht uninter- essant festzustellen, daß sich dieses Verhältnis (12 Prozent) zur Gesamtheit aller Betriebe seit 1900 kaum geändert hat , während der Anteil des Gewerbes zurückging und jener des Handels stieg. Es ist selbstverständlich, daß sich unter diesen mehr als 6000 Betrieben manche befinden, die man kaum als Frem- denverkehrsbetriebe ansprechen kann, nämlich Land-Wirts- häuser, in die sich kaum ein Fremder verirrt, oder Werk- kantinen. Aber dies sind eben Unterschiede, die sich stati- stisch schwer erfassen lassen. Gewrsse Anhaltspunkte ergeben sich darfür aus der Zahl der in diesen Betrieben beschäftigten Personen. Dabei kommt man zur überraschenden Feststellung, daß die ver- sicherungspflichtigen Betriebe nur ein Fünftel der konzes- sionierten Fremdenverkehrsgewerbe darstellen. Der Grund mag zunächst darin gelegen sein, daß meist Familienange- hörige mitarbeiten, die nicht versichert sind. Andererseits sind sie gerade am Lande mit anderen GewerbC:!n verbunden - man denke an die Gasthäuser mit Fleischhauerei oder Okonomie -, wobei dann das Personal in einer anderen Sparte versicherungspflichtig und Aushilfspersonal selten meldepflichtig wird. Jedenfalls können wir annehmen, daß die von der Gebietskrankenkasse erfaßten Fremdenver- kehrsbetriebe - die Kantinen ausgenommen - fast durch- wegs echten Fremdenverkehr aufweisen. Damit sind aber sicher nicht alle in Betracht kommenden Betriebe erfaßt, von denen wir etwa über 1500 oder mehr verfügen dürften. Die Auszählung der bei der Gebietskrankenkasse Ober- österreichs mit Stand vom 1. Oktober 1949 gemeldeten Personen ergab in der Betriebsklasse 15 (Hotel-, Gast- und Schankgewerbe) folgende Ergebnisse: Zahl der Betriebe Be sohä!ftigte Hotel (Gasthof) 855 2701 Pension 58 176 Erholungsheim und Internat 31 166 Touristenbeherbergung 3 5 Schank- und Speisewirtschaft 82 354 Gemeinschaftsküche und Speisehaus 24 70 Kaffeehaus, Restaurant, Konditorei 76 456 Bar 2 14 Büfett 3 22 Zusammen 1134 3964 Nach dieser Auszählung fallen daher nur knapp 6 Pro- zent aller Betriebe unter die Sparte Fremdenverkehr und nur 2 Prozent des Beschäftigtenstandes waren in ihnen tätig. Man sieht also - so problematisch diese ganze Zurech- nung bleiben muß, auch hier sind mehrere Betriebe oft zu- ~ammengefaßt und daher nur einmal ausgewiesen -, daß verhältnismäßig nur wenig Personal beschäftigt wird. Denn nur 22 haben über 20 Arbeitskräfte, darunter bloß 2 mehr als 50. Zum besseren Vergleich mit den Angaben der Kam- mer sei nur noch erwähnt, daß bei anderen Rubriken 13

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