(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951

Heinrich von Fichtenau und seine bisherigen Arbeiten Heinrich v . Fichtenau ge- hört der jungen akademischen Lehrergeneration an. Als Jahr- gang 1912 wurde er in eine schwere Zeit hineingeboren. Ihre Drangsale verschonten ihn nicht. Der fürchterliche Krieg 1939-45 raubte ihm wertvolle Jahre der Arbeit und Entwicklung, die Nach- kriegsjahre mit ihren Ent- behrungen einer hungernden Großstadt forderten ein reich- lich Maß an Idealismus, um bei den Waffen des Geistes auszuharren, die ihren Trä- gern kaum das tägliche Brot erstreiten konnten. Für die Treue wurde aber schließlich doch der Lohn geschenkt. Heute zählt Heinrich v. Fich- tenau zu den namhaftesten österreichischen Historikern, seine Bücher interessieren nicht nur die engste Fachwelt, son- dern finden auch den Weg zum breiteren Lesepublikum. Oberösterreich hat alle Ur- sache, den Lebensweg des jun- gen Gelehrten mit Anteil- nahme zu verfolgen. Am 10. Dezember 1912 kam er m Linz zur Welt, verlebte in der bescheidenen Stadt an der Donau die Jugend- und Gym- nasialjahre, um allerdings dann nach Wien zu übersiedeln, wo er im Institut für öster- reichische Geschichtsforschung das solide Rüstzeug des For- schers erhielt. Nach anfäng- lichen quellenkritischen Un- tersuchungen und kleineren Abhandlungen aus der mittel- alterlichen Geschichte wagt sich Fichtenau bald an größere Themen, spürt tieferen geistes- geschichtlichen Zusammenhän- gen nach und verrät in jun- gen Jahren schon die Gabe der inneren Schau, der modernen Durchdringung des alten Stof- fes. An Büchern entstanden so : Mensch und Schrift im Mittelalter, Wien 1946, Uni- versum-Verlag. - Geschichte des Mittelalters, 2. Aufl., Wien 1948, Universum-Verlag. Askese und Laster in der An- schauung des Mittelalters, Wien 1948, Verlag Herder. - Das karolingische Imperium. So- ziale und geistige Problematik eines Großreiches, Zürich 1949, Fretz & Wasmuth-Verlag. Seine „Geschichte des Mit- telalters" war von ihm selbst nur als Lesebuch gedacht, " 'urde aber zu einem wahren Lehrbuch alter Art, zu einer Geschichtsdarstellung, die ein B i 1 d des Mittelalters geben konnte, die den Ablauf der äußeren Ereignisse unter histo- rische Leitlinien stellte und sehr moderne Anschauungen vermittelte. Ganz besonders wichtig ist dabei die Warte der Geschichtsschau, die vom Verfasser bezogen wurde. Es mag bei diesem Wort die Furcht aufsteigen, man wolle die Geschichte wieder unter Tendenzen und vorgefaßte Schemen niederdrücken, wie unter ein lästiges Joch. Die Freiheit des Erkennens darf nie mehr verlorengehen. Jede Zeit sieht aber in ihrer Art, wie jeder Mensch seinen Näch- sten anders und in eigener Färbung erblickt. Züge eines Zeitgeschehens, die einer Ge- neration nebensächlich erschei- nen, fallen einer nachkom- menden stärker auf, interes- sieren sie vordringlich und bedeuten für sie einen Mittel- punkt der Betrachtung. Jede andere Form der Geschichts- darstellung richtet sich selbst durch Farblosigkeit. Fichtenau fand nun eine sehr moderne Palette, eine sprühende Zeich- nung mit tiefen Perspektiven. Schon in der ersten Nach- kriegspublikation „Mensch und Sd1rift im Mittelalter" konnte dies auffallen, ebenso in der Abhandlung „Askese und La- ster". Daß Heinrich v. Fichtenau den Boden der exakten Wis- scnschaft nicht verlassen hat, beweist sein letztes Werk, das seinen Namen für immer in das Ehrenbuch der österreichi - schen Geschichtswissenschaft eingetragen hat. Gemeinsam mit seinem Wiener Kollegen Erich Zöllner und unterstützt von Mitarbeitern des Instituts für österreichische Geschichts- forschung übernahm er das wissenschaftliche Erbe des Alt- historikers Oskar Freiherrn von Mitis und brachte den ersten Band des „Urkunden- buches zur Geschichte der Babenberger in Osterreich" heraus (Die Siegelurkunde der Babenberger bis 1215). In je- der Beziehung ist dieses Buch eine Meisterleistung, vor allem aber überzeugt die Editions- technik, die eine letzte Ausfei- lung der „Wiener Schule" bringt. Der frühen Geschid1te unseres Landes ist damit ein festes Fundament gesetzt. o.w. -::::======== l ~ N euers-cheinuttqen 111 der Schrif tenreihe des Institutes für Landeskunde von Oberösterreich Heft 3 OTHMAR WESSELY Musik in Oberösterreich 48 Seiten, 21 Kunstdrucktafeln, brosch., S 28 .- Erstmali g wird die Musikgeschichte des Landes von der musikalischen Betätigung der römischen Zivilbevölkerung angefangen bi s zum gegen- wärtigen Schaffen Johann Nepomuk Davids dargestellt , wobei biographische Hinweise auf alle P ersönlichkeiten, di e für das oberösterrei - chisd1e Musikleben ~on Bedeutung wa ren, sehr willkommen sind . H eft 4 KURT HOLTER Altpernstein Geschid1te der Burg und Herrschaft Pernstein im Kremstal 64 Seiten, 7 Kunstdrucktafeln, brosch., S 17.- Beginnend von der Frühzeit der sagenhaften Pernsteiner bis hinauf zur Übernahme durch das Stift Kremsmünster und zur Grundablö- sung, die eine bewegte Herrsd1aftsgesd1id1te absd1 li eßt, bringt diese verdienstvolle Arbeit - aus Ardüven und alten Büd1ern sd1öpfend - eine wahrheitsgetreue und interessante Darstel- lung der Kultur-, Wirtschafts- und Rechtsge- sd1ichte , für den Historiker und für den heimatliebenden Laien von gleid1 großem Interesse. * Zur f rqä.ni: uttq sittd Heft 1 Beiträge :mr Gt>scbichte des Eisenweseo!'l in Oher·österreich 64 Seiten, 8 Kunstdrucktafeln, brosch., S 12.50 und Heft 2 NEUMÜLLER-HOLTER Die mittelalterlichen Bibliotheks- verzeichni~se des Stiftes Kremt-lmÜn~ter 72 Seiten, broschiert, S 12.50 ttoch e;eferbar ! OBER OSTE RREI CHISCH ER LAND ESVE RLACi 65

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