(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951
hineingezwängt wurde. Fase ungewollt wirkt diese Unord- nung symptomatisch. Viel- leiche hätte der eme Band ,,Dichtungen" besser genügt, das seltsame Phänomen Trakl in der literacurbeflissenen Of- fentlichkeit zu erhalten. Die- ser und die Bilder und Briefe sind jedenfalls das Beste des wenig geglückten Versuchs einer Gesamtausgabe. Nach Abschluß der übrigen Ausgaben wird eine gesonderte Würdigung erfolgen. Dr. K. V. Zur kulturellen Gegenwartsstruktur Österreichs Das Osterreich-Institut hat mit dem Lexikon „Osterrei- cher der Gegenwart" 1 ) sich eine ganz große Aufgabe gestellt. Diese bestand darin, zu dem jetzigen Zeitpunkt einen Quer- sdrnitt durch das geistige Le- ben Osterreichs auf allen mög- lichen Gebieten zu ziehen, eme Bestandsaufnahme der ge1st1gen Potenzen, die das Land besi tzt oder besessen hat, vorzunehmen. Es hieß also die schöpferischen und geistig schaffenden Persönlichkeiten Osterreichs zu erfassen, und zwar „all e im heutigen Osterreich Geborenen, weiters die dem Osterreich der alten Monarchie entstammenden, die in unserem Lande leben oder ihm emen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit widmeten, sie alle aber auch dann, wenn sie inzwischen eine andere Staats- bürgersd1aft erworben haben. Ausländer sind nur einbezo- gen, wenn sie österreichische Staatsbürger geworden sind, in Osterreich wirken oder - in besonderen Fällen - hier Aufstieg und Höhepunkt ihres Schaffens erlebt haben." Der Begriff „Osterreicher" ist damit in seinem weitesten Sinne gefaßt, wodurch die vielfältigen Beziehungen sicht- bar werden, die unser Land sowohl mit den Nachbarn als auch mit der ganzen Welt ver- binden. Das Ergebnis ist sehr eindrucksvoll und macht das Buch nicht nur als Nach- schlagewerk oder bibliographi- schen Behelf wertvoll. Die um- fassende Vielseitigkeit läßt kein Sad1gebiet außer acht, es verzeichnet Maler, Bild- hauer, Dichter und Schriftstel- ler, Künstler von Bühne und Film, Wirtschaftler, Politiker und Wissenschaftler aller er- denklichen Richtungen. Man findet hier knappe Lebens- umrisse und umfangreid1e W-erksverzeichnisse und, im ganzer: genommen, kann man 1 ) Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaf- fender Zeitgenossen. Wien, Staats- druckerei 1951. wohl sagen, dai1 es kaum ein Buch der letzten Jahre gibt, das bei aller Nüchternheit und Objektivität so scharf in un- sere Situation hineinleuchtet. Wenn man sich die Mühe nimmt, das Buch zu studieren, so wird man alle Probleme und Anliegen der Gegenwart in gedrängter Form, fast als statistisches Material präsen- tiert, vorfinden. Die Bedeutung des Buches ist damit angedeute t und kann als kaum überschätzbar be- zeichnet werden. Es ist außer- ordentlich gründlid1 erstellt, wofür die Person des Bearbei- ters, Hofrat Dr. Robert Teichl, eines erfahrenen Fachmannes auf bibliothekarischem Gebiet, die beste Gewähr bietet. Wenn man bedenkt, daß die vielen Tausende von Publikationen, die hier verzeichnet sind, - das Verzeichnis der sie en t- haltenden Zeitungen, Zeit- schriften und Sammelwerke zä hlt allein 1600 Nummern! - im einzelnen überprüft werden mußten, um Genauigkeit und Vollständigkeit sicherzustellen, dann bekommt man eine ge- wisse Vorstellung der hi er vor- gelegten Leistung und von dem \Y/ erc, den das Buch im In- und Ausland für Osterreich besitzt. Das Buch verzeichnet über 2600 Lebensläufe österreichi- scher Persönlichkeiten, von denen rund 1450 in Wien ansässig sind. Den zahlen- mäßig nächstgrößeren Beitrag stellt die Steiermark mit rund 220 Namen, dann folgt Tirol (vor allem Innsbruck) mit über 150, Oberösterreich mit rund 120 und Salzburg mit etwas mehr als 80 Namen. Die Aus- landsösterreicher sind mit 274 Namen vertreten. Schon diese überschlagsmäßigen Zahlen ge- ben einen gewissen Aufschluß darüber, welche Zäsur die Jahre 1938 und 1945 im gei- stigen Leben Osterreichs ver- ursacht haben, ohne daß darin die innerösterreichische Ost- West-Wanderung besonders / n Uorbereifunq: AUGUST KARL STÖGER Die Reise nach 1-Iallstatt Erzählung Ausgezeichnet mit dem Adalbert-Stifter- Literatu.r-Preis des Landes Oberösterreich 1951. Es ist kein Zufall, daß diese Erzählung mit dem höchsten Literaturpreis, den das Land Oberösterreich zu vergeben hat, ausgezeichnet worden ist. über dieser Dichtung schwebe in Sprache und Gesi~nung wahrhaftig der Geist Ada lberc Stifters. Das Thema ist einfach und schlicht. Ein be- rühmter Musiker führe sei ne Tochter, die im Flachland aufgewachsen ist, in die Bergheimat der früh verstorbenen Mutter zurück. Behut- sam und feinsinni g gehe der reife Künstler an dieses menschliche \Y/ erk, um sich und seinem Kinde eine sti lle. und .bescheidene, aber glück- liche Welt zu gewinnen. Die Voralpenstadt Gmunden ist die ers te Station. Das empfind- same Mädchen wird hi er zum erstenmal vom Atem der Berge berühre. In Bad Ischl erlebt es bereits das Näherrücken der Kämme und Gipfel. Endstat ion des Weges ist aber Hall- scatt, erfüllt von der Düsternis se iner sommer- iichen Bergwetter, erfüllt aber auch von der urgewaleigen Größe seiner landschaftlichen Lage. Wi lli g folge die Tochter dem Vater, staunend erl ebt sie das Wunder der Bergnatur, die letzte Einfü hlun g in diese herbe Welt schenkt ihr aber die Liebe zu einem jungen Halls tätter Lehrerssohn. Der dichterische Ge- winn dieser Erzählung liegt in der ei nmaligen Schild erung der österreichischen Alpenlandschafe unci in der überaus gepflegten Sprache. In der Komposition der Erzählung überrage Stöger sei n großes Vorbild Stifter, man darf dies ruhig behaupten. Stifters Novellen-Gestalten sind meist Idealwesen, nicht von dieser Welt, nicht für diese Welt. Die Menschen, die sich in Stögers Erzählung bewegen, sind aber Kin- der unserer Zeit, wie sie täglich unseren Weg kreuzen könnten. In der Wirklichkeitsnähe der Gestalten und des Inhaltes gibt uns August Karl Stöger in seiner Erzählung »Die Reise nach Hallstatt" das Geschenk eines wahren Dichters, der . uns Alltagsmenschen zeigt, wie ede l, schön und harmonisch das Leben sein kann. 0 BER OSTER REICH ISCH ER LAN DESVERLA(i 63
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