(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951
gen handgeschriebener und gedruckter Mirakelbücher, in denen, wie der Name sagt, die wundertätigen Heilungen ver- ze ichnet sind, eine Fundgrube für den Kulturhistoriker und Volkskundler. Der heima tver- bundene Oberösterreicher wird da schmerzlich gewahr, was hier nur eine seiner Wall- fahrtskirchen an historisch be- deutsamen Reid1tümern barg, so wenn wir von einer großen gemalten Votivtafel mit der Darstellung der Schlad1t bei I'rag (1620) und der Belage- rung von Neuhäusl (1621) hö- ren. Ein mirakulöses Sonder- heilmittel Adlwangs war der rote Seidenfaden, mit dem man das erkrankte Organ um- wand. Volkskundlich besonders be- merkenswert sind u. a. die Er- wähnung eines Adlwanger „Stablkirchtags" und emes jährlichen Huhnopfers. Die oberösterreichische Volkskunde - und nid1t nur sie - hat eme Einzeldarstellung über se111 religiöses Brauchtum sd10n lange vermißt. An dieser in seiner Beschei- denheit glänzenden Veröffent- lichung wird man nicht mehr vorbeikommen. -pp. Verlegerische Bemühungen um das Gesomt- we1k österreichischer Dichter der jüngsten Ve1gangenheit. Heimische und ausländische Verleger haben sid1 nach dem zwe iten Weltkrieg in vielver- sprechenden Ansätzen um das Gesamtwerk österreichischer Dichter bemüht, die zwischen den beiden Weltkriegen ge- storben sind, oder deren Werk - wie im Falle der Handel- Mazzetti - als abgeschlossen betrachtet werden kann. In ihrem Schaffen ist das gegenwärtige literarische Leben bereits Geschichte geworden, d. h. sie lassen sich bedenken- los und mühelos übersehen, ab- wägen und vielleicht auch ein- ordnen, sie lassen sid1 schon auf ihren Zeit-, Landschafts- und Persönlichkeitsstil hin untersud1en und werten. Wenn Literaturgeschichten ihren Be- handlungsraum bis auf die Gegenwart erstrecken, dann dürften sie nur solche zeit- genössische Dichter, deren Werk wirklich abgeschlossen vor- liegt, einbeziehen. Der oft ge- übte Brauch, noch Schaffende, noch (bis ins hohe Alter) in der Entwicklung Stehende mit zu würdigen, ist vom ernsten wissenschaftlichen Standpunkt aus schärfstens abzulehnen. Der Wiener Donau-Verlag brachte 1948 Karl Schön - herrs (1867-1943) Ge- sammelte Werke in zwei Dünndruckbänden heraus (Hg. Vinzenz Chiavacci) und im gleichen Jahr der Innsbrucker Tyrolia-Verlag den ersten und vorläufig einzigen Band der Gesammelten Werke von Hein- rich S u s o - W a I d e c k (Ps. für Augustin Popp, 1873- 1943), besorgt von Franz Ser. Brenner. Seit 1947 beginnt im Rex-Verlag (Schweizer Volks- Buchgemeinde), Luzern, eine Gesamtausgabe der Romane der Enrica v. H an de 1- Mazzetti (geb. 1871) zu erscheinen. Hugo von H o f - mannsthal (1874-1929) betreut, nachdem die sechs- bändige Ausgabe des Berliner Fischer-Verlages (1924) längst vergriffen ist, der Stockholmer Verlag Bermann-Fischer. Von diesen „Gesammelten Werken in Einzelausgaben", die auf zwölf Bände berechnet sind, sind bisher drei Bände ( 1947, 1949, 1950) erschienen. Als Herausgeber zeichnet Herbert Steiner. Nach der ebenfalls nicht mehr greifbaren fünf- bändigen Staackmann-Edition der Gesammelten Werke (1930) von Anton Wildgans (1881-1932) haben sid1 der Wiener Bellaria-Verlag und der Grazer Verlag Anton Pustet mit Unterstützung des Bundesministeriums für Un- terricht, der Stadt Wien und der Wildgans-Gesellschaft ent- schlossen, eine historisch-kriti- sche Gesamtausgabe in acht Bänden unter der Leitung von Otto Rommel und Lilly Wild- gans herauszubringen. Vier Bände liegen zur Zeit vor. Und der Salzburger Verleger Otto Müller legt in drei Ein- zelbänden die Dichtungen Georg T r a k I s (1887-1914) wieder auf. Die Ausgaben der Werke von Schönherr, Suso-Waldeck und Hofmannsthal sind der Schriftleitung leider nicht zu- gegangen, daher ich im Fol- genden nur die der Handel- Mazzetti, Wildgans' und Trakls anzuzeigen habe. Die Schweizer Handel-Maz- zetti-Ausgabe hat, den „Mein- Ein österreichisches Volksbuch! Der bekannte österreichische Dichter und Lite- rarkritiker Rudolf Ho I z er schre ibt über den ,,Wundervogel" (,,Die Presse " vom 7. IX. 1951): ,, ... Der ,W,mdervogel' - ja - da s mutet heute wie eine literarische Summe aller feinen, zarten, listigen, grundgescheiten, lustig-ern sten Züge Ginzkey'schen Wesens an! Der , Wunder- vogel' Palitschari ist niemand anderer als der einst gar mächtige zweiköpfige österreichische Reichsadler. Es gibt keinen Dichter und Erle- ber, der, wohl blutenden Herzens, hoffnungs- los geworden, mit solcher Überlegenheit ,md Haltung des Herzens 1md Geistes auf die Ver- gangenheit zurück-, in die Z1,kunft voraus- blickt, wie Ginzkey in diesem Buch köstlichsten politischen Witzes . .. !" Die „Furche" sch reibt über den „Wundervogel": ,, Neben dem ,Vogelweider' ist der ,W1mder- vogel' wohl das ech teste, wesensgemäßeste der Prosawerke des großen Österreichers Ginz- key . . . Der Roman ist 22 Jahre alt, aber seine herbe Zeitkritik ist nur noch gültiger gewor- den. Die Nrnausgabe, wertvoll /'Jereichert durch Kurt Vancsas erschöpfende Einleitung und den wahrhaft f estlichen graphischen Schmuck, ist eine splendide Geburtstagsgabe - des 80jähri- gen Dichters an uns!" FRANZ KARL GINZKEY 204 Seiten, 8 ganzseitige I llustrationen, Porträt- skizze des Dichters, vierfarbiger Schutzumschlag, Ganzleinen, Goldprägung . S 48.60 OBE ROSTE RRE ICH ISCH ER LANDESVERLA(i 61
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