(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951

Berufszählungen, gewerbliche Betriebszählungen, Fremden- verkehrsstatistik, Viehzählungen und landwirtschaftliche Er- hebungen. Ein gut organisiert-es stä,dtestatistisches Amt ver- mag aus dieser Auftragsstatistik auch für die -eigene Verwal- tung noch wichtiges Informationsmaterial zu gewinnen. So hat z. B. das Statistische Amt der Stadt Linz die Volkszäh- lung und die Erhebung über die Häuser und Wohnungen dazu benutzt, eine repräsentative Auszählung nach der Sampling-Technik (Stichprobenauszählung nach wissen- schaftlicher Methode) durchzuführen. Die Ergebnisse dieser Auszähh1ng lagen für die Stadt Linz schon am 15. August, also knapp 10 Wochen nach dem Stichtag der Erhebung (1. Juni 1951), vor und sind aktuelles Informationsmaterial für die städtische Verwaltung. Sie behandeln vorzugsweise die berufliche und soziale Struktur der Bevölkerung, geben aber auch bisher noch niemals in Österreich festgestellte Ziffern über die Erwerbstätigkeit der Bevölkerung nach Altersstufen, der sozialen Stellung und der Stellung im Haushalt. Damit ist eine völlig neue Betrachtung des Ar- beitsmarktes möglich, insbesondere auch ein Einblick in die Arbeitsmarktreserven gegeben. Es liegen auch exakte Zah- len über die Kumulierung von Löhnen und Gehältern in Familien, wenn zwei oder mehrere Familienangehörige er- werbstätig sind, wiederum nach sozialen Gruppen (Selb- ständige Gewerbetreibende - Beamte - Angestellte - Arbeiter - Sonstige) gegliedert, vor. Die Sonderauszählung hat auch die beruflichen und sozialen Verhältnisse der Mie- terschaft untersucht, die bisher ziemlich vernachlässigt wur- den . Es liegen jetzt exakte Zahlen vor, wieviele Mieter- schutzwohnungen im Besitz von selbständigen Gewerbe- treibenden, Pensionisten und Rentnern sind, wie wenig Mieterschutzwohnungen von Angestellten und Arbeitern bewohnt werden, jeweils auch nach der \Y/ ohnungsgröße 52 und der Miete kombiniert. Eine Fülle von Zahlenmaterial der Mieterschaft ist damit zu einer ganz neuen Beurteilung der ·w ohnungswirtschaft zur Verfügung gestellt . ~a!1 er- sieht aus diesem Beispiel deutlich, daß ein städtestattmsches Amt ohne besonderen Aiuftrag das Bedürfnis der Sta-dtver- v.raltuno auforeifen und nach dem Stande der wissenschaft- lichen incl 1;ethodischen Fortschritte befriedigen muß. Die a u t o n o m e S t ä d t e s t a t i s t i k befaßt sich mit den Grundelementen, in denen sich die städtische Ver- waltung bewegt, der natürlichen und politischen Lage, Ge- biet und Gebietseinteilung, Bevölkerung, Gebäude und Wohnungen und der wirtschaftlichen Struktur. Gelegent- lid1e Überschneidungen mit der Auftragsstatistik kommen vor, namentlid1 in dem Sinne einer besonderen Auszählung des Erhebungsmaterials. Einen wesentlichen Teil der auto- nomen Städtestatistik bildet die Statistik der städtischen Verwaltung, ihres Personalstandes, Pensionistenstandes, Ge- halts- und Lohnstatistik des städtischen Personals, die Be- triebsstatistik der städtischen Verwaltungszweige usw. Be- sonders fruchtbar wird die Arbeit des Statistischen Amtes, wenn es sich mit anderen Dienststellen zu einer gemein- samen Erhebung und Ausarbeitung verbinden kann. Ein gutes Beispiel dieser Art ist die Statistik über den Gesund- heitszustand der Schulkinder in Linz , eine Gemeinschafts- arbeit des Städtischen Jugendamtes und des Statistischen Amtes. Zu einem modernen Statistischen Amt gehört eine um- fr.ngreiche Fachbücherei, welche über zahlreiche Quellen- werke und Fachzeitschriften verfügt. Sie sind nur zum Teil im Buchhandel erhältlich und werden meist im Wege eines Austausches der Veröffentlichungen von Statistischen Am- ter erworben. Dieser Austauschverkehr der Statistischen Amter vollzieht sich völlig zwanglos und formlos auf kolle- gialer Grundlage und internationaler Ebene. Es ist ein Prüf- stein für die wissenschaftlid1e Leistungsfähigkeit eines Stati- stischen Amtes, ob . es von den auswärtigen Kollegen aner- kannt und der Einbeziehung in den internationalen Aus- tauschverkehr gewürdigt wird. Für den Statistiker ist die genaue Kenntnis der statistischen Arbeiten in anderen Am- tern lebensnotwendig, wenn er mit den wissenschaftlichen und methodischen Fortschritten in aller Welt vertraut blei- ben will. Der Wert einer statistischen Arbeit ist in der Richtig- keit und Unantastbarkeit ihrer Ergebnisse und der Konti- nuität ihrer Publikation begründet . Das Statistische Amt der Stadt Linz gibt deshalb (ähnlich wie die Statistischen Amter in der ganzen Welt) periodische Berichte heraus, und zwar den „Statistisd1en Vierteljahresbericht der Landes- hauptstadt Linz". Ferner erscheint das Statistische Jahrbuch der Stadt Linz seit 1946 regelmäßig. Es ist den Bedürfnissen der Stadtverwaltung, den am politischen und w.irtschaft- lichen Leben der Stadt Linz beteiligten Persönlichkeiten an- gepaßt, wendet sich also an die gesamte Bevölkerung und nicht an Fachstatistiker. Deshalb erfolgt die Veröffent- lichung der Jahresstatistik in allgemein verständlicher Form. Es ist eine oft besprochene Streitfrage, ob ein Stati- stisches Amt die Ergebnisse der statistischen Erhebu~gen selbst wissenschaftlich ausarbeiten und in leicht verständlicher Form publizieren oder ob diese Aufgabe besonderen wis- senschaftlichen Instituten überlassen werden soll. In Linz hat die wissenschaftliche Auswertung der statistischen Er- hebungen dem Statistischen Amt erst die Beachtung ge- bracht, die für das Gedeihen eines Amties unerläßlich ist. Dagegen wurde immer wieder beobachtet, daß ein Statisti- sd1es Amt, welches auf die wissenschaftliche Auswertung und Publikation der statistischen Erhebungen verzid1tet und anderen Stellen überläßt, Gefahr läuft, ein Sd1atten- dasein zu führen und zur Bedeutungslosigkeit herabzu- sinken. Es -ist eben ein lebendiger Kontakt zwischen wissen- schaftlicher Forschung, Städtestatistik und kommunaler Verwaltungspraxis erforderlich, damit ein städtestatistisches Amt zielbewußte, dem wirklichen Verwaltungsinteresse dienende, ohne dem zufälligen Tagesbedürfnis sich unter- ordnende, in Ruhe und Zeit ausgereifte wissenschaftliche Arbeit leisten kann.

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