(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951

während in Ebenste meist diese strengeren Formen der Kappen gebräuchlich sind, haben sich in Bad Ischl und Gmunden seit Jahrzehnten auch andere, neuere einge ­ bürgert: dort ist es nämlich auch üblich, große Modelle von Kirchen, Häusern oder ganzen Almwirtschaften eben ­ so als Kappen zu tragen wie die Modelle von Dampf ­ schiffen und Flugzeugen oder Heiligenfiguren von erstaunlicher Größe. So kann man z. B. in Bad Ischl neben der Darstellung der Krippe von Bethlehem den heiligen Georg oder die monumentalen Gestalten der Hei ­ ligen Drei Könige, alle hoch zu Roß, als hellerleuchtete Glöcklerkappen über den Köpfen der Zuschauer dahin- ziehen sehen. Auch dem Glöcklerlauf muß eine oft wochenlange Bor- bereitung vorausgehen, ehe von den kunstfertigen Händen ihrer Träger die aus dünnen Holzstäben hergestcllten Ge ­ rüste angefertigt und mit dunkler Pappe überzogen sind. An diese werden die vielen, sorgfältig mit durchscheinen ­ dem buntem Papier beklebten Ornamente und Bilder ge ­ schnitten, die dann am Abend durch Kerzen- oder Batterie ­ beleuchtung im Innern der Kappen in farbenprächtiger Wirkung erstrahlen. Ebenso beträchtlich wie die Kunst ­ fertigkeit der Erbauer ist aber auch die körperliche Lei ­ stung der Glöckler, denn nicht selten weisen die Kappen eine Länge von ein bis zwei Metern und eine Höhe von einem Meter und darüber auf, während ihr Gewicht oft ­ mals )o Kilo überschreitet. Da ein noch vielfach eingehal ­ tenes Gesetz verlangt, daß die Glöckler bei ihrem Lauf nicht stillestehen dürfen, haben sie ihre oft stundenweiten Wege bei solch schwerer Belastung in ständigem Lauf zurückzulegen. Kein Wunder, daß sie, wenn sie nach dem heutigen Brauch mit dem Abendläuten ihren Lauf be ­ enden, müde und erschöpft in ihr Heim zurückkehren. Einst aber dauerte der Lauf die ganze lange „Freinacht" des Glöcklerabends, in der nach allgemeiner Auffassung „alles erlaubt" war. Nicht selten finden sich Berichte darüber, daß sich bei diesen Glöcklerläufen zwei und mehr passen auf freiem Feld begegneten, zwischen denen im Nu, wie bis vor kurzem noch zwischen den Gruppen der Schwerttänzer und heute ab und zu noch den Maschkerern verschiedener Zechen, ein heftiger Kampf entbrannte, bei dem mancher Glöckler sein Leben lassen mußte. Da für keinen in der Maske Erschlagenen ein kirchliches Begräb ­ nis gestattet war, verscharrten ihn die Seinen gleich an der Stelle, wo er verschied. Noch heute wird mancher Platz gezeigt, unter dessen Rasen ein erschlagener Glöckler liegen soll. Bis vor einigen Jahrzehnten bestand, zumindest in Bad Ischl, als schöner Abschluß des Glöcklerlaufens der Brauch, die Kappen sorgfältig abzunehmen und sie den Wellen der Traun anzuvertrauen, so das junge Licht des neuen Jahres, das sie symbolisch durch die Landschaft trugen, mit dem Element des Wassers vermählend, aus dessen Schoß vielen alten Mythen nach alles Leben auf- steigt und wohin es wiederum zurückkehrt. Und damit haben auch wir unsere nächtliche Wande ­ rung durch die Hauptstätten des Brauchtums der Großen Rauhnacht beendet und einen Einblick in die Bielgestal- tigkeit ünd Urtümlichkeit, aber auch in die Schönheit gewonnen, die es vielfach auszeichnen und seine Erfor ­ schung, Erhaltung und sinnvolle Pflege rechtfertigen.

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