(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951

gegessen, sondern — welche Wandlung vom einstigen Kult zum heutigen sozialen Brauchtum! — dem Pfarrer für die Sammlung der Karitas übergeben, die sie dann an die Gemeindearmen austeilt. Und diese Maschkerer werden auch viel lieber in den Bauernhäusern gesehen als die einst so gefürchteten „wilden", die, wie um Altheim, waldzell, Mettmach und Schildorn, gewaltsam in die Häuser ein- drangen, Kinder und Erwachsene aus den Stuben trieben, die Mädchen fesselten und eine weile mit sich fortschlepp- ten und das Geschirr zu zerschlagen begannen, wenn die Bäuerinnen nicht schnell genug mit den gewünschten Lebensmittelspenden daherkamen. Nicht weniger lärmvoll und formenreich, aber auf ein viel kleineres Verbreitungsgebiet beschränkt und wegen der manchmal geübten Gepflogenheit, die Aufzüge nur alle drei, vereinzelt sogar nur alle sieben Jahre zu ver- anstalten, auch viel seltener zu beobachten, vollzieht sich das Rauhnachtsingen im westlichen Mühlviertel. Gleich dem Ausschreier des Faschings, wie etwa vor dem berühmten Ebenster Fetzenzug, erscheint auch hier schon am Morgen des 5. Jänners eine Gruppe von Reitern, denen der „Verschreier" in Frack und Zylinder mit einer Schar zerlumpter Hexen, Rastelbinder und Scherenschlei ­ fer folgt. Feierlich wird nun von ihm die Rauhnacht aus ­ gerufen: „Habt acht! Heut is d' Rauhnacht! wer heut Krapfen bacht, dem wird g'sunga af d' Nacht! Der Anfang is beim (Hausname), Hirtngassn Numero oans!" So ist die Stimmung vorbereitet für den abendlichen Aufzug, bei dem sich als erster der „Auspritscher" zeigt, der, seine lange peitsche schwingend, dem Zuge Platz schafft und dafür zu sorgen hat, daß sich niemand an die Masken heranmache und zu erkennen versuche, wer sich hinter ihnen verbirgt. Ihm schließt sich, in Feuerwehr ­ und Wachmannuniform, der „Platzmacher" an, der als erster in die Häuser tritt und dem „Doppelten" voran- schreitet, der mit janusartigem Zweigesicht in eindrucks ­ voller Symbolik sowohl vorwärts in das neue, wie rück ­ schauend in das alte Jahr zurückblickt. An weißem Ge ­ wände tritt hinter ihn: der „Vorangeher" mit einem „Glück herein, Unglück hinaus!" in die Stube und kün ­ digt die „Fremden Singer" an, die jetzt „um a Schnittl Fleisch" oder „an Krapfen oder zween" ihre Sprüche und <3 muu 0 cM UnE 5, lelston 1^. 157 Lieder vortragen werden. Und nun entfaltet sich — im Gegensatz zum Innviertler Brauchtum, bei dem sich die Handlung in eine Reihe kleiner dramatischer Szenen auf- löst — ein Hereinrufspiel, in dem jeder Sprecher, wäh ­ rend seines monotonen Vortrages unablässig in der Stube auf und ab schreitend, seine Maske ausdeutet und den Nachfolger ankündigt und hereinruft. So nahen hinter dem Vorangeher der „Sterntreiber", den drehbaren Stern in der Hand, vor allem aber die beiden Hauptgestalten, der dicke „Karizogn" (eigentlich: der Magere) und -er ­ mächtige „Hans von Feffakern". Mit ihren reich mit Ähren besetzten Mänteln und Röcken und den mit Ähren- büscheln umwundenen Stäben, die sie gern vor die Türen der besuchten Häuser lehnen, und dem Namen Hans von Feffakern, der (Fesel — Dinkel, eine früher weitverbrei ­ tete Weizenart) dem schottischen „Hans Gerstenkorn" ver ­ wandt, „Hans Weizenkorn" bedeutet, bilden sie genau so markante Verkörperungen der Ackerfruchtbarkeit wie die „Strohmandl" der Maschkererzüge im mittleren und oberen Annviertel. Noch haben sie ihre Verse mit ihren wünschen nach „Kaltem Koch", Krapfen und Fleisch nicht beendet, als auch schon die Sammler solcher Genüsse, der „Fleischnazl" und der „Krapfentrager", mit ihren Buckelkörben eintretcn und der „Lippl" mit seinen Musi ­ kanten anrückt, die auf abenteuerlichen Holz- und Blech ­ instrumenten ein komisch ausstaffiertes „Brautpaar" hereinblasen, das der „Schulmeister" zur Kopulation führt. Mit ihnen dringt auch das übliche Rauhnachtsvolk der Salben- und wurzelkramer, Teufel und Hexen, Rastel ­ binder und Rauchfangkehrer in die Stube, die lärmend und gestikulierend ihre waren anpreisen und ihrer lärm- vollcn Tätigkeit nachgehen, bis endlich mit dem letzten Vers eines gemeinsamen Liedes: „Und wann ma af's Jahr wieda kemma, dann müaßt's uns halt wieda an Krapfn schenka!" die Zeit des Aufbruches herannaht und langsam sich eine Maske nach der anderen zurückzieht und dem Haupttrupp nacheilt, der oft schon das nächste Bauernhaus erreicht hat. Von ganz anderer Art und erfüllt von einer den Mühl- viertler Aufzügen unbekannten Feierlichkeit und Schön ­ heit vollzieht sich das Geschehen beim dritten großen Maskenbrauch der Dreikönigsrauhnacht, bei dem nur auf wenige Orte am Gmundner See, um Bad Aschl und am Gstufer des Wolfgangsees beschränkten Glöckler- laufen. Lange Zeit, ehe die ersten „paffen" (fünf, zehn und mehr Personen umfassende, von verschiedenen Siedlungs- oder Arbeitsgemeinschaften, Knaben- und Durschenver- bänden, Trachtenverein und Feuerwehr gebildete Grup ­ pen) auf den Plätzen und Straßen erscheinen, wo sie die Bevölkerung schon erwartet, kündet der weiche, melo ­ dische Klang ihrer großen Glocken die Ankunft der „Glöckler" an, bis sie endlich in langer Reihe, einer hinter dem anderen, in ihren weißen Hemden und Hosen, den mächtigen, von innen erleuchteten Kopfputz, die „Glöck- lerkappe", auf dem Haupte, angelaufen kommen. Ein un ­ vergeßliches Bild von überwältigender Schönheit, wenn sie mit ihren transparenten Hauben: den Sternen, Halb ­ kreisen (den sogenannten „Sturmkauben"), Pyramiden, Trommeln und Kreuzen, aus denen die Ornamente und Bilder in wundervollen Farben schimmern und leuchten, ihre Kreist, Achter und Spiralen ziehen!

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