(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951

den Anbruch der Großen Rauhnacht anzcigten, ist das Zentrum des urtümlichsten und buntesten Maskenbrauch- tums dieser Zeit. Uralte, langst nicht mehr verstandene, durch Jahrtau ­ sende vererbte religiöse Handlungen, wie der Einzug eines festlich ausgestatteten Königs oder eines göttlichen Braut ­ paares, dessen Bereinigung auch das Wiedererwachen und Fruchtbarwerden der Vlatur anregt, und das Auftreten der wichtigsten Vegctationsmächte in Acker und Wald achs strohgewandete und in Tannenreisig gehüllte Masken verbinden sich hier mit Darstellungen des sagenhaften Toten Heeres, dessen oft beschriebene Spukgcstalten des „Schimmelreiters", des Teufels oder der abenteuerlichen Tiere in den Rauhnachtsmasken wiederkehren. Zu ihnen gesellt sich, in mancher eindrucksvollen Handlung und Maske bewahrt, auch noch die Erinnerung an ein wahr ­ scheinlich zur selben Zeit und von denselben Masken- trägern ausgcfübrtes Zeremoniell der Aufnahme eines Initianden in die (bäuerlichen) Burschenschaften, bei der sich der Auszunehmende einer schmerzhaften Dartschur, - nicht umsonst läuft der „Rasierer" mit großem Messer im Zuge — und einer symbolischen Tötungs- und wie- derbelebungsszene unterziehen mußte, die noch setzt häufig an einem „Wurst!" oder „Landstreicher" ausgeführt wird, bei der sich dann ein zweiter Wurst! oder der „Bader" um das Zurückrufcn der Lebensgeister des angeblich Er ­ schlagenen bemühen. Gemeinsam mit der Vorliebe des Volkes für dramatische und prunkvolle Darstellungen er ­ gibt sich aus der innigen Verquickung dieser einzelnen Motive das heutige Bild der Rauhnachtsumzüge. Ihre Veranstalter sind überall die in ihrer Institution uralten Burschenschaften, die sich im Innviertel als „Zechen" zu ­ sammenschließen. wochenlanger, meist unter größter Ge ­ heimhaltung und mit nicht unerheblichen finanziellen Gpfern durchgeführter Vorbereitungen bedarf es, ehe die Ausstattung für die zwanzig, dreißig und mehr Personen umfassenden Maschkererzüge herbcigeschasst und in vor ­ sichtigen Verhandlungen mit den Bauern, die man zu besuchen gedenkt, der weg des nächtlichen Umzugs fest ­ gelegt ist. Trotz zahlreicher Übereinstimmungen in den Haupt ­ typen der Rauhnachtsmasken prägt jede landschaftliche Einbeit des Innviertels auch ihre eigene Form in Auf ­ treten und Zusammensetzung der Maschkererzüge. Aber jede bietet für den Beobachter in ikrer Art ein gleich ein ­ drucksvolles und unvergeßliches Erlebnis: So, iin Waldgebiet des unteren Innviertels, wo die Masken sich oft weither durch den hohen Schnee selbst ihren weg zu den einzelnen Gehöften bahnen müssen und ernst und fast gespenstisch in die Stube treten, in der man sie mit scheuer Erregung erwartet — große, ganz in weiße Klei ­ der gehüllte Gestalten, das Gesicht mit anliegenden wei ­ ßen Tüchern verhüllt, auf die Mund, Vlase und Augen ­ höhlen mit blauschwarzer Farbe totenkopfähnlich gemalt sind. Schweigend treten sie an den großen, für sie bereit gehaltenen Tisch, an dem ihnen ein Krug Most zum Will ­ komm gereicht wird. Langsam Hebt eine Maske nach der anderen das Gefäß zum Munde, ehe sich der Ziehhar ­ monikaspieler zu einem kurzen Ländler anschickt, bei dem die Masken miteinander, selten mit anderen Anwesenden, ein paar Takte tanzen und sich dann ebenso geräuschlos und feierlich zurückziehen, wie sie kamen. wesentlich lauter, aber ebenfalls mit den Figuren der weißen Tänzer im Mittelpunkt, entfaltet sich der Masch- kererzug in den getreidereichen Gegenden des mittleren Innviertels. Von weither schon künden die Klänge von

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