(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951
letzten großen Blütezeit des Bibliothekswesens über, die durch die Kulturepoch·e des Barocks gekennzeichnet ist. In der Übergangszeit finden wir auch die ersten Erzeug- nisse oberösterreichischer D r u c k e r p r e s s e n. Linz 1616, Wels 1635 sind die frühesten sicheren Daten, wenn wir von einer fraglichen Wiedertäuferdruckerei in Steyr etwa 100 Jahre früher absehen. Die genaue Durchforschung dieses Gebietes ist noch nicht abgeschlossen. In diesem Zusammen- hang ist auf die vorbildliche Sammlung Steyrer Drucke im Heimat haus in Steyr hinzuweisen, die für den Si:eyrer Buchdruck der Barockzeit eine reiche Fundgrube bildet. Die Entwicklung der b a r o c k c n K 1 o s t e r - b i b 1 i o t h e k e n in Oberösterreich beginnt mit dem Abt Erhard Voit von Kremsmünster (1571-1588), der eine Abteibücherei von über 1000 Bänden errichtete, welche ~päter in der Stiftsbibliothek aufgegangen ist. Diese selbst zählte damals nicht viel mehr als 500 Bände und war damit nod1 immer ei ne der größten des Landes. Wir sind über die Bibliotheksverhältnisse jener Zeit durch Kataloge unter- richtet, die mit dem Beginn des neuen Aufblühens um 1630 in fost allen Klöstern angelegt wurden. Für uns i~t di ts des- wegen von große r Bedeutung, weil dadurch die mittel- alterlichen Bibliotheksverhältnisse gewissermaßen ab- schließend zusammengefaßt worden sind. Unsere Vorstellungen von einer Barockbibliothek wer- den von den Höchstleistungen dieser Blütezeit bestimmt, etwa von dem Eindruck des köstlichen Büchersaales von Schlierbach, durch Gotthard Hay-bergers großartigen Bibliotheksbau von St. Florian und durd1 die eindrucksvolle, lange Flucht von Räumen in Kremsmünster. Wären Jakob Prandtauers Pläne zur Wirklichkeit geworden, so besäße dieses Stift den einzigen Einzelbau einer Bibliothek, der mit dem Gebäude der damaligen Hofbibliothek in Wien ve r- gleichbar wäre. Neben den beiden Mensd1enaltern um 1500 hat die Barockzeit das Bild unserer Bücherschätze maßgebend be- srimmt . Infolge der großen Büchermassen, die damals vo1: allem bei den Linzer Märkten, daneben aber auch durd1 Ankäufe in Wien , Salzburg und unmittelbar an den Bücher- metropolen, in Nürnberg und Frankfurt, erworben wurden, herrscht in allen alten Bibliotheken der braune I ederband mit Goldpressung oder der weiße Schweinsleder- band mit vert iefter, aber meist farbloser Verzierung bei weitem vor. Aus den Rechnungsbelegen der damaligen Zeit, die v011 Tausenden von Bud1enholzbrettchen berichten, die für die Bucheinbände verwendet wurden, erkennen wir sinnfälliger als aus allen Wanderungen durd1 die Bücher- räume, mit welcher Hingabe, mit welchem Fleiß und m it welchen Erfolgen dieses Zeitalter der Buchkultur ergeben war. Auch damals wieder haben die Klöster ihre Buch- . bindereien besessen und es kann als be-zeidmendes Beispiel gelt en, daß ein einziger Kremsmünsterer Laienbruder j 6.000 Bände gebunden hat. Daneben reiht sich auch der Qualitätsband, den man aus aller Herren Ländern sammelte. Vielleicht am berühmtesten sind die reichverzierten Maroquin-Einbände des Kardinals Eberhard Neid h a r t in der Studienbibliothek in Linz, die neben vielen anderen das Andenken der Jesuitenbibliotheken in diesem Rahmen ~ichern; aber auch jede andere der sch-on mehrfach genannten Bibliotheken kann auf Serien von Büchern hinweisen , die auf den Deckeln die Wappen und Monogramme vieler be- rühmter Persönlichkeiten tragen. So besitzt Kremsmünster, das sich die Pflege der Büd1er immer sehr angelegen sein ließ, ein paar Bände aus der Bibliothek des Prinzen Eugen in dessen kennzeichnenden, mit seinem Wappen verzierten Einbänden, sowie eine Einbandsammlung, die Musterstücke aus allen Stilen der letzten Jahrhunderte vereinigt. Nach der Bedeutung, die die einzelnen Büchereien da- mals erlangten, richtet sich im allgemeinen aud1 heute noch ihr Rang im Verhältni s untereinander, soweit sie die Prachteinband aus der 2. Hälft e des 17. Jahrhunderts fiir Kardinal Eberhard N eidhart, Studienbiblio thek Linz. Photo: 0. Kaiser. J osephinisd1e Epod1e mit ihren Klosteraufhebungen über- standen haben. Etwa ein Viertel der heutigen Bestände der Klosterbibliotheken geht auf das 17. und 18. Jahrhundert zurück, mehr als die Hälfte ist im 19. Jahrhundert er- worben worden . Di e Zuwad1szahlen, die sich dementspre- chend für die einzelnen Epochen ergeben, lassen sich aus den heutigen Beständen leicht errechnen, die sich jetzt etwa folgendermaßen verteilen : St. Florian 120.000, Krems- münster 100.000, Schlägl 60.000, Lambach 40.000, Wil- hering 35.000, Schlierbach 30.000, Reichersberg 25.000 und Kapuziner Linz 15.000 Bände. Von den aufgehobenen Stiften besitzen die Studienbibliothek, das Priest·erseminar und die Bischöfl iche Bibliothek nicht unerhebliche Rest- bestände, vor allem aus Garsten, Gleink, Mondsee, Rans- hofen und Baumgartenberg, ohne daß dafür auch nur an- nähernde Zahlen gegeben werden könnten. Mit diesen Aufzählungen ist den inneren Werten der Barockbibliotheken in keiner Weise Genüge getan. Der Geist, der aus ihnen spricht, entsprang einer katholischen Gesinnung, die im wahrsten Sinne dieses Wortes auf das Weltganze gerichtet war. Trotz s~iner Bindung im Glauben und seiner Zügelung in der Theologie strebte er bewußt über die Grenzen Europas hinaus. In diesen Bibliotheken sind nicht nur die europäischen Sprachen ,gepflegt worden, so daß diese Mönche Tagebücher in lateinischer, französi- scher und italienischer Sprache führen konnten, sie enthiel- ten die maßgeblichen Grammatiken der arabischen, syri- schen und hebräischen Sprad1e, man bemüht e sich um das Türkische und selbst die Sinica, Studien über das Chine- sische, wird man nicht vergebens suchen. Der Name Simon Retten p ach e r ist ein beredtes Beispiel für diesen Geist. In diesem Sinne hat St. Florian an eine alte Ober-
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