(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951
darstellt. An ihren Wu rzeln steht eine Persönlichkeit wie der interessante Passau er Bischof Otto von Lonsdorf, ein Kind unseres Landes, der in Passau eine reiche Bibliothek zusammenbrachte und ihre Stücke oft und gern für Lektüre und Abschrift zur Verfügung stellte. An ihrem Höhepunkt re!!ierte dort ein anderer Oberösterreicher, der Bischof Be~·nhard von Prambach, fast zwei Menschenalter lang. Zu seiner Zeit blühte in Kremsmünster die berühmte Schreib- schul e des Abtes Friedrich von Aich, der gleichfalls 50 Jahre an der Spitze seines Kapitels stand. Von den Erzeugnissen seines Skriptoriums existiert in K r e m s m ü n s t e r eir:e eindrucksvolle Reihe stattlicher Bände, von denen die „ Aich - Bi b e 1" wegen der unvergl1eichlich gut erhaltenen Miniaturen am bekanntesten ist. Zur selben Zeit entstanden in S t. F 1 o r i an zahlreiche Mi s- salien und andere Handschriften, die alle mit Miniaturen, m.eist Kanonbildern, mit der Darstel- lung der Kreuzigung, geschmückt sind. Das ergreifendste und inner - lichste Werke dieser Reihe, der in der damaligen Zeit nichts Ahn- liches gegenübergestellt werden kann, befindet sich in W i 1 h e - r i n g , es ist das 1320 datierte Missale für den St.-Andreas-A !rar. In vielen Fällen sind di e Mönche und Kanoniker bekannt , die diese Handschriften schrieben oder verzieren ließen. Es sind fa st durchweo-s An°ehörige des klein en n b . Landadels, zweite und dntte auf allen Gebieten äugerte. Aud1 das Buch - und Bibliotheks- wesen war davon unmittelbar berührt, da eine Erneuerung des Schreibwesens und eine besondere Fürsorge für die Bibliotheken zu den Programmpunkten der Reform ge- hörte. Aus Mondsee und St. Florian besitzen wir Texte, die sich auf die Pflege und das Einbinden der Bücher, ihre Entlehnung und versd1iedene andere Maßnahmen im B i b 1 i o t h e k s b e t r i e b beziehen. Infolgedessen ist dies e Epoche für die alten Buchbestände die entscheidende geworden und weitaus der größte Teil der Pergamenthand- schriften tritt in dem Gewand des 15. Jahrhunderts vor un s. Neben ,dem Binden und Restaurieren hat man aber aud1 seh1· eifrig Bücher gesdu-ieben, von denen in allen Stiftsbibliotheken und deren Erben zahlreiche Beispiele er- Söhne , die ins Kloster gingen. Ihre Sitze sind teils verschollen, te,ils gingen sie in der Menge de_r Bat_1- ernhäuser auf, aus deren Mitte sie gekommen waren, und deren poli - tische, geistige und künstlerische A u s 1 e s e w-ir in ihnen erblicken dürfen. Von diesem Gesichts- punkte aus betrachtet ist jedes Denkmal dieser Gruppe für die historische Erkenntnis vom Wesen unserer Heimat und ihres Volkes von unverß leichl ichem Wert, um- somehr, als die st,illen Umwälzun- gen jener Zeit das Gesellschafts- gefüge schufen, das bis in die jüngste Vergangenheit maßgebend blieb. Kreuzigung, aus einem Missale v on St. Florian. halten sind. Den größten ge- schlossenen Bestand davon besitzt die S t i f t s b i b l i o t h e k i n L a m b a c h. Die Buchkultur :iußert sich außer in der wieder regeln;fßig gewordenen Schrift, in der Ausstattung und den reich ve rzierten Buchei n b ä n den . Die Klöst er ließen teils Mönme daran arbeiten, wie in Lambach , Mondsee und Kremsmünster, wo ganz bestimmt eigene Buchbinder täti :Y waren , die viel Geschmack uncC gutes Arbeitszeug besaßen und uns mehrere Hunderte von Einbänden hinterlassen haben. Teilweise zogen sie aber auch Künstler und Handwerker aus den benad1barten Städten heran. Der Salzburger Miniator Ulrid1 Sd1L"eier hat für Mondsee gearbei - t et, das anscheinend a·uch Salzbur- ger Buchbinder beschäftigte. Stey- rcr Buchbinder haben für alle um- liegenden Stifte gebunden, wie ihre erhaltenen Werke in den Be- ständen von Kremsmünster und Linz (aus Garsten und Gleink) be- weisen. Berühmte Werke der B u c h m a 1 e r e i , die daniäls vorübergehend wieder aufb lühte, sind das M o n d s e e r A n t i - p h o n '.:l r (Linz, Landesmuseum) und die S c h o p p e n z a u n - Photo: 0 .-ö. Landesm1-1se11m, Lichtbildarchiv . Mit dem Niedergang dieser frühen gotischen Buchkultur fällt auch die Alleinherrschaft des Mönchstums auf -diesem Gebiete. Im 14. Jahrhundert sind in zunehmender Zahl h an d w e r k 1 i c h e S c h r e i b m e i s t e r in den Städ- ten, Märkten und Edelsitzen nachzuweisen. Ein Jahrhundert später treten sie schon merkbar in den Vordergrund und ebenso die Auftraggeber aus den weltlichen adel-igen Schichten, für die das Bücherverzeichnis der Elsbeth von Volckersdorf aus dem 15. Jahrhundert am bekanntesten geworden ist. Eine Bibel, ein Psalter, ein Epistel- und ein Evangelienbuch, ein Landrecht und ein Lehensrecht, Pre- digten und Legenden, vieles davon in deutscher Sprache, Gebet- und Liederbücher, Werke der Hof- und Volkspoesie, ein Haus- und Arznei-, ein Roß- und ein Jagdbuch, mit dieser Aufzähl-ung ist d er Kre is ihrer wichtigsten Int eressen umschrieben. Neben diesen Anfängen, die die Entwicklung des 16. und 17. Jahrhunderts vorbereiten, in denen dieser weltliche Zweig des Bücherwesens vorübergehend der führende wird , tritt im 15. Jahrhundert noch einmal eine große Anzahl geistlid1er Bücherliebhaber ins Licht. Neben dem Regular- klerus ist auch die Weltgeistlichkeit mit zahlreichen Namen vertreten. Die K 1 ö s t er, die seit längerer Zeit ohne be- sonderen Schwung dahinlebten, erhielten durch die M e 1 k er Re f o r m einen gewaltigen Auftrieb, der sich 22 Psalterien in Kremsmünster , nach dem damaligen Abte so benannt , der an der Univer- sität Wien graduiert war. Der Großteil der mittelalterlichen Bibliotheken, deren Anordnung infolge der erwähnten Reform überall gleich- artig war, wurde in Form von Pu 1 t b i b l i o ~ h e k e n aufo-estellt, wobei die Bücher auf Pulten und 111 deren Fächern lagen. Man kennt dies erstens daran, daß die Vorderseite durch das jahrzehntelange Liegen viel stärker verschmutzt ist, als die Rückseite, und zweitens an den Ketten, mit denen die Bücher ursprünglich an den Pulten befestigt waren. Obgleich die Ketten selbst nur mehr :n Ausnahmefällen vorhanden sind, sind die Osen am Rück- deckel, oder mindestens deren Spuren, in fast allen Fällen e. rkennbar. Di.:! Schicht der bürgerlichen Buchbinder tritt bei einer anderen Gruppe von Bücherliebhabern noch stärker hervor: es sind dies die W e 1 t ,g e i s t l i c h e n , Pfarrherren und Kooperatoren. Schon mit dem 13. Jahrhundert beginnt die Reihe der Namen von solchen, die Bi.ich-er gesammelt und .gestiftet haben. An der Spitze stehen die pfarrer Otto v o n \V/ e 1 s (gest. vor 1300, Schenkung an Kremsmünster) und U 1 r i c h , Dechant von T a v e r s h e i m (Stey regg, Stiftung an Wilhering) sowie A l b e r t v o n A s c h a c h , I'farrer in Gmunden, der ein ausführliches Testament über seinen Büchernachlaß hinterlassen hat. Im J 5. Jahrhundert
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