(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, Heft 4, 1951
durd1 Jahrhunderte hin über Europa ver- breiten. Wohlstand und Pramt herrschen in ihren Mauern und die Handelshäuser 1.111d Lager der Steyrer stehen jetzt hinunter bis tief in den Süden, bis Venedig und Kon- stantinopel und weit in den Osten hinein bis Kiew! Allein die Götter sind neidisd1! In den Schlummer der Bürger schreit gellend die Glocke Feuer, ,das Horn der Wächter hallt durm die finsteren Gassen, die b,lld von lodernden Fackeln furchtbar erhellt sind. Dem großen Stadtbrand von 1727 fällt auch die alte Burg zum Opfer, deren neue Herren seit mehr als einem Jahrhundert die Grafen von Lamberg sind. Aus den verkohlten Mauern ersteht ein neuer Bau nad1 den Plänen des Passauer Architekten Domenico d'Angeli, aufgeführt von dem Linzer Jo- hann M. Prunner: Das große, barocke Schloß. Aber die malerische Vielfalt der Styrapurd1 mit ihren Umfassungsmauern, "Wehrgängen und Wad1ttürmen ist verloren, nur der Römerturm erfährt kaum eine Ver- änderung. \Vie das Schloß, so steht auch die Stadt wieder auf aus der grausamen Zer- ~törung, Fleiß und Tüchtigkeit bringen den Bürgern den Wohlstand wieder. \Vir heben den Blick und das Vergangene sinkt zu den Schatten vor der Helle des Tages, freilim nur, um wiederzukehren bei jedem Schritt und Tritt, den wir tun. Unter den blühenden Akazien gehen wir jetzt, den Tabor verlassend, .die sonnenwarme stei- J1erne Mauer entlang, hinter der die Stadt ihre Toten begräbt, und wenden uns bei dem niedrigen Torturm des Schnallentores, vor dem durch Jahrhunderte die Maut be- gehrende Wämter standen, hinab in das Steyrdorf. Die Gassen werden jetzt eng und die Giebel steil, das Wasser des Roten Brunnens fällt in ,das steinerne Rund, über dem die Jungfrau Maria in den Wechsel der Zeiten träumt. Durch die großen Rundbogen- fenster des Leibzelterhauses strömt das Sonnenlimt in die geräumigen Stuben und tanzt über Tische und Schränke und Truhen, über den uralten Hausrat der Leb- zelter, der unverändert hier aufbewahrt wird. Im Hofe der Apotheke „Zum Heiligen Geist", dem schönsten gotischen Hofe , flötet im Wipfel des Baumes die Amsel und hinter den Säulen, die mit prächtigen Kerbsd111itt- ornamenten gesmmückt sind, hörst du ein Kind in den Morgen singen. überall, wo du eines der alten Häuser betrittst, weht dir im Atem der Schönheit die versunkene Zeit und das wechselvolle Geschick, das sie er- füllte , entgegen. Unten am rasch strömen- den Wasser des Wehrgrabens aber hqrst du die Räder gehen und die Hämmer smlagen und in den grünsmäumenden Fluten spülei1 Frauen und Mädchen die Wäsche wie eh und je. Dicht an das Ufer der Steyr sind -die alten Häuser gebaut, so auch, wo sie brau- ,end und weiße Gischt hochstäubend über das \V- ehr fällt, um sim mit der Enns zu ve reinigen, stehen auf felsigem Grund das Bürgerspital und seine ehemalige Kirche. Das Spital reicht zurück bis in das zwölfte Jahrhundert und wurde nach dem Brande der Stadt im Jahre 1302 von Elisabeth, der Gattin Herzog Alibremts , samt der 1305 geweihten Kirche neu erbaut. Umbauten im sechzehnten Jahrhundert bestimmen die heutige Gestalt der spätgotischen Kirme , die in späterer Zeit wohnbar gemacht wird und heute das Pfarramt St. Michael beherbergt. Im Erdgeschoß tragen vier toskanisd1e Säulen das Gewölbe der dreischiffigen Halle der Kapelle des heiligen Antonius, die zurückreicht bis in die zweite Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts. Von besonderer Schönheit ist die zweischiffige, gratgewölbte Eingangshalle zum Bürgerspital, deren drei Säulen aus rotem Marmor reiche Basen und Kapitelle, Renaissance-N ambildungen manisd1er Formen verraten . ro- fi!! ~~~ i }~~ 1 ft') 1 ~ 1 1 ?~ ~{1/,'s. 'pi -I~ ffti 1 ~~ Die Michaelskirche, ein großer, weiträu- ~ ~ ~~ miger Barockbau, verwandt der Kirche Sankt tij ~, Michael in München, blickt von der Höhe i.\.:, des Platzes gegenüber dem Bürgerspital, fi dem sie den Namen aufprägt, gegen Süden 1 -~~ Oben: Hl. Elisabeth. Unten: Hl. Jakob. Photo: Harter-Hart, Steyr. isii ~ ~l ~, :{,'.>.,l
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