(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, 1951 , Heft 2
Hötlengebirge vom Weißenbachtal. Städelsches Museum in Frankfurt. land helle Wolken unter dem blauen Himmel lagern, hängt im Museum in Winterthur, das andere Bild mit den kulis– senhah sich aufbauenden Wäldern und Bergen unter lich– tem, wo1kendurchzogenem Himmel befindet sich in bayri– sdiem hivatbesitz. Waldmüller hat in diesen Bildern die Nahsicht aufgegeben. Der Blick geht in die Weite und in die Höhe. Ist m dem Schweizer Gemälde der Fernblick über Wiese und Dach auf die .blaugrünen Berge kühn der dichten Laubwand der Ahorngruppe entgegengesetzt, so stehen aut dem anderen B,i1de Wiese, Baumreihe und Berg– gebiet in gleichsam frontalem Aufbau vor dem Maler. Die ~onne steht hoch, die Luft entwirklicht mit ihrem blauen Duft die übereinander aufsteigenden Höhenzüge und auch der Himmel entbehrt des reinen tiefen Blaus. Ungewöhn– lich atmosphärisch gestaltet Wa1dmüller die unverändert aus der Natur genommenen Ausschnitte. Der malerische Zusammenhang, das Verbindende der Luft wird wichtiger als die für sich stehenden Einzelformen, die in ihrer nah– sichtigen Zusammenfassung auf den Bildern aus den Wild– bachgräben triumphiert hatten. In dem Gemä1de mit dem Höllengebirge von dem \X' eißenbachtal, das vom Städelmuseum in Frankfurt ver– wahrt wird, kehrte Waldmüller wiieder zur Gestaltungs– form des Sommers 1831 zurück, doch ist trotz der Füllung des Bildfeldes mit einem Waldhang; vor dem im Vorder– grunde einzelne helle Bäume aufragen, die Gesamtheit der grünen Töne von entschiedenerer Bedeutung für die Bild– wirkung als der Einzelteil. Der zusammenfass·ende Blick gestaltet die malerische Einheit. Ein Jahr später, 1834, hat Waldmüller das Höllengebirge durch die lotrecht aufstre– benden Fichtenstämme des W eißenbachtales gemalt und besonders eindringlich die Stille der grünen, in blaue Tie– fen übergehenden Waldlandschaft zu geben vermocht. In dem Jahre 1834 entstanden auch die Bilder einzelner Berg– stccke. Von der Postalm aus malte Waldmüller das Gams– feld, mehrgipfelig als mächtigen Körper in den Himmel aufragend, und den Sandling bei Altaussee, an einem nebe– ligen Tag, an dem das Berghaupt von den tiefen Wolken umzogen wird. Das em..e .Bild, in St,-Gallen~ Privatbesitz, gibt das Felsenmassiv ·in seiner wud1tig zusammengefaßten Größe, dunkel vor dem lichten Himmel, das andere die Figur des breitschulterigen Sandling, noch unmittelbarer mit Wasser, Wiiese und Bäumen aus seiner Umgebung herausgehoben als das Gamsfeld über der Postalm. Unübertroffen in dem Glanz eines sonnigen Sommer– tages ist das Bild des Dorfes Ahorn mit dem Loskogel und dem Rettenkogel über dem strahlenden Grün der Wiesen und Wälder, das vom Museum in St. Gallen verwahrt wird, und am neuartigsten malte Waldmüller in dem Bilde des Wi·ldenkogels (Schönberges) von der Hoisenradalpe einen einzigen Waldhang, der über einem hellen Wiesenstreifen aufsteigt und mit der krönenden Bergkuppe fast an den oberen Bildrand reicht. Es sind ungewöhnliche Landschafts– ausschnitte, die Waldmüller in den Bildern vom Dorfe Ahorn und von der Hoisenradalpe malte. Die zeitgenös– sische Kritik in Zellners Blättern für Theater, Musik und Kunst stellte bereiits fost, daß W aldmülle·r „Landschafts– bilder in jenem Sinne, wie wir es gewohnt sind, nicht malte, sondern zumeist Naturstudien von bedeutenderer Größe, als Landschafter von Profession zu thun pflegen, und sich solche Gegenstände zu wählen liebte, welche ohne wesent– liche Beigabe schon ein ganzes Bild formiren". Die schein– bare Kompositionslosigkeit, die kühne Unmittelbarkeit des gleichsam unverändert in das Bild herübergenommenen Naturausschnittes überraschte die Zeitgenossen, die an die ,, verschönernden" Kompositionsgesetze klassizistischer Ma– lerei gewöhnt waren. Der Ruf Waldmüllers „Ohne Natur keine Wahrheit" fand in der radikalen Behauptung der Naturwirklichkeit auf Bildern von einer kompromißlosen Neuartigkeit ihren Niederschlag. Sie war in ihrer staunens– werten Unabhängigkeit nur möglich, weil Waldmüller eine unvergleichliche Kraft der zeichnerischen und der unmittel– bar durch sie gegebenen malerischen Charakterisierungs– fähigkeit zur Verfügung stand, die alles an Naturtreue überbot, was seit den Tagen der altdeutschen Malerei an Alpenbildern gemalt worden war. Die Landschaften aus dem Salzkammergut offenbaren Waldmüllers neue Natur- Wildenkogel von der Hoi:ienradalpe, Privatbesitz.
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