(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, 1951 , Heft 2

Kopf eines Bauern aus dem Bauernkriegkarton. bieten die Themen, denen der Schaffende neuen Sinn und neues Gesicht verleiht. Erfindung ist noch keiine Arbeit, sie kann daher zeitlich auch gar nicht gemessen werden; sie besteht im Gedanken, mehr noch in einer Folge von Gedanken und oft in deren langwieriger und unerbittlicher Ve.ifolgung, siie besteht, wenn es hiefür überhaupt ein Wort gibt, in Meditation - und deren möglichst bündiger Aufzeichnung. Zu diesem schöpferischen Vorgang kommt es dann nicht, wenn sich der Künstler begnügt mit der konvent,ionellen oder sonst eiiner bloß geschmacklichen Lösung. Es giibt hidür auch kein Gesetz, das s,ich aus einer Erfahrung, aus überlieferung oder Mode, ableiten heße. Bei Steinbüchler setzen sich .die poettischen Anfänge mit größter Schärfe gegen Studien und Ausformungen ab. Sie sind sein Eigenstes. Den Besucher werden sie zunächst am meisten befremden. So strenge er in der Zeichnung ist, so kühn ist er, muß man sagen, in der Dichtung seiner fülder. Dort zuckt der Snob mit den Achseln, hier empört sich der brave Bürger. Steinbüchler malt über eine 'l'ür– umrahmung ein Rasenstück und einen Hund, der mit der Schnauze darin schnüffelt; dabei zeigt das T.ier seinen Hin– terteil. Mancher fühlt sich davon unzart berührt, und doch ist es nur ein Geschehen, dessen der Mann in der Wirk– lichkeit täglich Zeuge wird. Der Künstler trägt .ihm dies·e Erinnerung in den Beratungssaal nach als eine Mahnung, s·ich falschen Ernstes, zur Schau gestellter Biederkeit zu entschlagen. Es kommt leider meistens zum Arg,ernis, statt zu erlösendem Lächeln. Nicht die Herausforderung i·st zu kühn, es ,ist in jeder Hinsicht umgekehrt: ,die Geradheit schreckt ab. An dem Rasenstück wäre nichts anders zu ersehen, als daß es zur echten Poesie nicht poetischer Mo– tive bedarf, daß di,e Wahrhe.it aUein schon ihre Größe und Schönheit hat. Angesichts dieser E ntwürfe ist es schmerz– lich zu denken, daß nichts dav.on sollte ausgeführt werden, weil es an Urbanität im Empfinden der Kunst, an innerer Freiheit fehlt. SchmerzLicher ist es aber beinahe, daß die Entwürfe kaum erkannt werden in ihrem Eigenwert als Kompositionen, weil die Schaustellungen immer noch ein– gestellt sind auf eine Parade durchgemalter fülder in sauberen Rahmen. JO Steinbüchfer hat es nie gelegen, eine neue Wiedergeburt der Antike mitzumachen. Darum spielt bei ihm der Akt auch kaum eine Rolle. Für ihn ist Kleid und Schuh le-ibhaft und s,eeletrag,end wie die Gliieder selbst. Er ist ,immer inner– halb der Substanz des Landes und des Zeitalters geblieben. Das müßte man ihm s,ehr hoch anrechnen; Gestalt des Menschen, Antlitz, Gebärde, Schritt, Fall des Kleides, Tier und Pflanze als seine Mitwelt, Gerätschaft aJs das Gemachte seiner Hand verdichtet s•ich ihm zur großen Einheit des heute und hier gelebten Menschentums. Er schildert uns ullS'ere Heiligen: ,einen Florian, Wolfgang, Leopold, und wenn die Zeit alles an ihnen verbraucht hat, so daß von ihren Bildern eins nur mehr der Abklatsch des andern ist, so 11ichtet er siie noch einmal anders vor uns auf, indem er ihnen ihre Ursprünglichkeit zurückgiibt. Wozu aber auch ihre Bloßheit gehört, denn um siich dem göttlich,en Rufe auszusetzen, haben sie gewiß alles abgelegt, was sie hätte menschlich schirmen und menschlich gefäUig machen können. Wir leben in einer Zeit, darin s,ich unter den Menschen die einen hint,er Formeln und Konventionen verbergen, di,e Studie zu einer Magd für den Bahnhof in Linz (1937) .

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