(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, 1951 , Heft 2

Ein in ·der Nähe von Landshaag gelegenes Schlößchen, das auf die Donau herabblickt, gemahnt mit seinem über– raschenden Namen „Fauststöckl" an manche heimische Sa– gen , die den volksbekannten Schwarzkünstler in die Aschacher Gegend kommen und ihn dort seine Zaubereien treiben lassen. So erzählt eine dieser Sagen, daß der Doktor Faust einmal auf der Donau eine spiegelglatte Kegelbahn anlegte, auf der er, festen Fußes stehend, die Kugel rollen ließ, während ihm der Teufel selbst die Kegel aufsetzen mußte. Die Bauern aber, die als erschrockene Zuschauer am Ufer standen, waren nicht zu bewegen, Faustens Einladung zum Kegel~piel zu befolgen. Es würde uns nicht. wunder– nehmen, wenn vom Aschacher Faust auch die Sage ginge, daß er ein paar Bauern oder Schiffsleute in eine Schenke einlade und dort aus dem Holz des Tisches Wein quellen lasse, um seine Gäste anderen Traubensaft verkosten zu lassen als den aus den heimischen Keltern kommenden. Denn auf den Hügeln um Aschach wurde schon im frü– hen Mittelalter, wie wir aus der Stiftungsurkunde des Klo– sters Kremsmünster wissen, die Weinrebe gepflanzt, und noch in den späten Jahren des 18. Jahrhunderts überklang hier Musik der Winzerfeste das leise Rauschen des Stromes. Das Bild der Traube, das der Markt Aschach in seinem Wappen führt, erinnert noch an die verklungenen Zeiten oberösterreichischen Weinbaus. Und die Rebe, die man an der sonnigen Hauswand so manchen Bauernhofes grünen sieht, scheint diesen Zeiten nachzuträumen. Doch nur in heißen, regenarmen Sommern wird hierzulande die Frucht des Weinstocks reif und bleibt auch dann noch ohne rechte Süße. So füllen sich die Krüge in den Bauernstuben und die Gläser auf den Wirtshaustischen statt mit Wein mit dem :zu Most vergorenen Saft der Apfel oder Birnen, die sich im Vorherbst vor den alten, oft schön geschnitzten und spruch– verzierten Hauspressen zu ganzen Bergen türmen. Und ob in Pausen heißer Feldarbeit, ob am J ausentisch im küh– len Hausflur oder auf sommerlicher Rast im Schatten einer Wirtshauslinde: immer läßt sich der Oberösterreich-er, in– sonderheit der Siedler zwischen Enns und Hausruckwald, seinen Most gut munden, dem Herrgott still im Herzen oder laut mit einem Landlergstanzl dankend, daß er die Obstbaumfluren Oberösterreichs so reich gesegnet hat. Den Blick in ein Stück „Landl", diesen Garten der Na– tur, der etwa eine Maienwallfahrt nach Maria-Scharten, dem alten Gnadenort bei Eferding, zu einer wahren Schöp– fungsfeier macht, verdeckt nun eine von Granitsteinbrüchen aufgerissene Waldwand, der entlang das Schiff gegen Neu– haus zieht, auch am anderen Ufer vom Steilhang des wieder an die Donau vorgerückten Urgebirgsmassivs begleitet. Zu Füßen des hoch auf einem Felsenkegel über der Ortschaft Untermühl thronenden Schlosses Neuhaus das mit seinem stattlichen, aus · der gotischen Bauzeit 'dieses einstio-en Schaunberger Sitzes noch erhaltenen Bergfried, einem der schönsten Burgtürme des ganzen Donautales, den Strom– fahrer schon von weitem grüßt, mündet die Große Mühl, deren Quelle in den Wäldern des Dreisesselbero-es verbor– g~1: is~, in dire Donau. Unweit der Mündung b deuten die machütgen Bauanlagen des Wasserkraftwerkes Partenstein auf den Dienst hin, den die Große Mühl dem Lande leistet. I~re N~mensschwester, di,e Kleine Mühl, erreicht nach einem emsamen, nur durch manche Dörfer unid Mühlen belebten Wanderweg den Donaustrom bei Obermühl dem Sitz einer der größten Papierfabriken Obe.rösterreich;, Der kleinen Ortschaft gereicht nicht nur e~n dem Linzer Bau– me~ster Johann Matthias Krinner zugeschriebenes Mariä– G~burts-Kii:chlein mit seinem geschwungenen Giebel und semem Zw~ebdtürmchen, sondern auch ein turmhafter, aus dem 17. Jahrhundert stammender Speicher mit seinem abgewalmten Satteldach zur Zier. Immer einsamer wird die Wälderherrlichkeit der zu den Ufern niederstürzenden Hänge, deren Büge das Band der Donau zwingen, sich zu Schleifen auszurunden bis es sich bei Schlögen als groß gezogene Schlinge um den Fuß des Berges legt, auf dessen fichtendüsterem Kamm die Trüm– mer der Burg Haichenbacli verwittern. In geheimnisschönes 24 Traumland glauben wir von unserem Schiff entführt zu werden, da es, um die Spitze der Berghalbinsel biegend, wie zeit- und zielvergessen in den Frieden derselben Wälder heimzukreisen scheint, die vorerst seine Fahrt begleitet haben. Aus dem tiefen Sinnen, zu dem die große Donau– schlinge wohl jeden ihrem Zauber hingegeb enen Betrachter stimmt, ruft uns der überraschend eind rucksvolle Anblick des vom Glanz der Mittagssonne erhellten Höhendorfes Waldkirchen am Wesen wach. Auf einem Wiesenstreifen des Mühlviertler Ufers ziehen sich die Häuser und Hütten von Freizell, einer alten Siedlung handwerkstreuer Donau– zillenbauer, gegen den steil an den Strom vorspringenden Waldberg hin, auf dem Schloß Marsbach, einst wie Haid1en– bach als Raubritternest gefürchtet, in die Lüfte ragt, mit Bergfried und zwei Rundtürmen bewehrt. Der Dampfer 8ber steuert der anderen Stromseite zu, um im Anblick des lieblichen Kirchleins von Wes-enufer zu landen. Dieses Dorf, gleich Freizell und Innzell bei Schlögen ein Ort des Zillenbaues, bezeichnet, wie der frühere Name Wesenurfahr bezeugt, die Stelle eines alten Donauüberganges. Dem Weiterfahrenden zeigt sich auf dem Höhenzug, der das jenseitige Ufer bei;deitet, die alte, wohlerhaltene Burg Rannariedl mit ihren festen Mauern, ihren Bastionen und Wehrgängen, ihren Wacht- und Streittürmen. ,,Ein Nest der Alten, auf Felsen erbauet", wie der Chronist sie nennnt, schwebt die Burg hoch über der W ald~chlucht, aus der die Ranna, seit jüngster Zeit zu gleichen Diensten wie die Große Mühl berufen, ihren Weg zur Donau nimmt. Und wieder wendet sich das Schiff dem südlichen Ufer zu, von wo ihm, auf einem langgestreckten, gegen Westen hin ein wenig auf~ewellten Wiesenplan gelagert und die lichten, himmelhaften Klänge ihrer Namen zu inniger Ge– schwisterschaft verbindend, Engelszell und Engelhartszell, das Kloster und der Markt, mit den Türmen ihrer Kirchen entgegengrüßen. Fast wäre man versucht, Engelszell, das einstige Zisterzienserstift und heutige Trappistenkloster, um so eher ein kleines WiJhering zu nennen, als auch hier Bartolomeo Altomonte und der Wessobrunner Künstler Johann Georg übelherr an der A!usgestaltung des Kirch,en– raumes zu einem feierlich besd1wingten Mariensaale wesent– lichen Anteil haben. Wer an der Engelhartszeller Lände das Schiff verläßt, um etwa den Haugstein, den höchsten, eine erhebend weite Sicht verheißenden Gipfel des Sau– waldes zu ersteigen, soll den Besuch der Engelszeller Klo– sterkirche nicht versäumen, soll es aber aud1 nid1t unter– lassen, zur Engelhartszeller Pfarrkirche emporzuschreiten, die sich mit den wirkungsvollen Rundbogen einer Vorhalle in die wäldergroße, stromgeweihte Landschaft öffnet. Wenn sich der Blick dem jenseitigen Ufer zuwendet , trifft er auf die Turmruine Riedl, die schon dem bayrischen Donau– lande angehört. Der sagenumspielte Jochenstein, der ober– halb von Engelhartszell als Felseninsel aus den Wassern aufsteigt, bezeichnet die alte Stromgrenze zwischen Ober– öst·erreich und Bayern. Im Anblick der prächtigen, mit Bergfried und drei– türmigem Pahs hoch über dem kleinen Dorfe Kasten ragen– den Burg Viechtenstein legt das Schiff noch einmal am oberösterreichischen Ufer an, bevor es seinen Kurs gegen den bayrischen Markt Obernzell nimmt, dem ein ehemals bischöflid1 paussau,isches Schloß und die Türme zweier Kirchen zu schmuckhafter Stattlichkeit verhelfen. An die Burg Krempelstein, die sich mit Wehrturm und ange– schlossenem Wohnbau an einem Steilhang des südlichen, noch immer oberösterreichischen Ufers zeigt, knüpft sich eine tragikomische, von Platen besungene Sage, nach der dieser einstige Sitz passauischer Pfleger im Volksmund als „Schneiderschlösse!" bezeichnet wird. Zwischen sanften Waldhängen dahin- und an kleinen Inseln vorüberziehend, nähert sich das Schiff dem Ziel seiner Bergfahrt. Breit st römt der Inn, vor dessen Mündung die oberösterreichische Grenze vom Ufer abbiegt, der Donau entgegen und zwi– schen seinem grünen Glanz und dem schwarzen Schimmer der Ilz zieht das Schiff in die alte Herrlichkeit der Drei– füissestad t ein.

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