(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 1. Jahrgang, 1950/51 , Heft 1

Symphonie einLlf. ~eha,/1 VON ARTHUR FISCHER-COLBRIE Präludium Die ewigen Wanderklänge, die die Donau bald durch waldfeierliche Talengen, bald durch ausgedehntes, weiter Schau ins Land geöffnetes Augelände trägt, durchziehen wie ein Orgelpunkt die Symphonie der Landschaft Ober– österreichs. Die Wellen des großen, sagenüberwehten Völ– kerstromes, vorübergleitend an Klöstern, Märkten, kleinen Städten, überträumt von Burgen und Ruinen, singen der Landeshauptstadt das geheime Urlied ihres Lebens. Und so sei das Bild von Linz, wie es sich im Rahmen seiner Landschaft bietet, als Präludium dieser Symphonie voran– gestellt. ·1 über massige Uferbauten, auf die der gewaltige, mit dem Granit des Römerberges wie verwachsene Vierkant– bau des Linzer Schlosses blickt, hebt die Stadt aus den Fluchten ihrer Dächer den hoch aufstrebenden Turm des neugotischen Mariendomes und als Wahrzeichen ihres älteren Lebens die heiter-feierlichen Turmgestalten barok– ker und barockisierter Kirchen. Der schlank aufragende, mit hochbeschwingtem Helm gekrönte Landhausturm ge- 3ellt sich als ein weltlicher Bruder der Runde der geschwi– sterlichen Kirchentürme zu, die mit dem Schwung der altersgrünen Helme in die Melodie der Donau-Hügelland– schaft einzustimmen scheinen, in jene innere Musik der breit gerundeten, sanft auf- und niederwogenden Kuppen der waldbegrünten Uferberge, die dem Lauf des Stromes in weit gezogenem Bogen folgen und so als lieblich schö– ner Halbkranz, von der Natur gewunden und gereicht, das Dasein der alten Donaustadt umfeiern. Als schönster Schmuck, den Menschenhand in dieses Kranzgebilde der Natur gefügt, grüßt die Pöstlingberger Wallfahrtskirche mit dem Gnadenschimmer ihrer Zwillingstürme auf die Stadt am Strom herab, ihr noch angehörend, ja ihr als sichtbarstes, in weitestem Umkreis erkennbares Wahr– zeichen dienend und ihr doch schon halb entrückt in das ländliche Jahr der Hügelwelt. Dieses Mühlviertler Hoch– land ist die vertraute Umwelt der Stadt, die sich nicht nur mit ihrem festsaalhaften Hauptplatz, sondern auch mit vielen ihrer Straßenzüge in die Donau-Hügelland– schaft öffnet. So weht ein Hauch vom großen Atem der Natur an die Stirnen ihrer Häuser, so schwingt das Jahr der Landschaft mit dem reinen Wandel seiner Zeiten in die Stadt herein. Wie von mütterlicher Liebe der Natur fühlt sie sich vom Dasein dieser Hügelwelt umhiitet und das Gefühl der innigen Nähe geht ihr auch nicht verloren, wenn herbstliche Nebel, von der Donau dicht gewebt, das vertraute Bild verschleiern oder wenn es hinter dem grauen Vorhang einer Regenfront verschwindet. Ist das altersfriedliche Hochland des wälderübergrünten Urgebirges, das angesichts der Stadt zum .Strom hernieder– steigt und ihn noch einmal überschwingt, bevor ·sich ihre Türme in ihm spiegeln, ist dieses Hochland das ihr Nahe und Vertraute, so erlebt sie das meerentstiegene Reich der Alpen, dessen zinnenschimmernder Wall über die Stufen eines weitgedehnten Vorgeländes aufragt, als das Entfernte und Entrückte, als das Ersehnte und Erträumte. Von Zeit zu Zeit rückt sichtige Luft föhnüberwehter Tage den groß gespannten Bogen des Alpenwalles so nahe an die Stadt heran, daß Licht besonnter Gipfelsteine, Schattenblau auf Felsenschroffen und Leuchten ewigen Schnees sie zu dem flüchtigen Traum beschwingen, eine Alpenstadt zu sein. Wenn aber dann das Bild des Hochgebirges ins Dämmer– blau der Ferne heimtaucht oder, wie von Geisterhand hin– weg gelöscht, ganz verschwindet, als sei es niemals da- Dreifaitigkeitssäule auf dem Linzer Hauptplatz. Lichtbild: H. Wöhr!.

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