(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 3. Jahrgang, Winter 1936, Heft 2

„womit also die J ahrtagsversamblung in Gottes Nahmen solle gescltlossen seyn". Hierauf folgte das Meistermahl. Bei strenger Strafe durfte „niemand fernbleiben (ausser Gottes gewaldt und gar erhöblichen Ursachen), auch niemand zu spath khomben oder ehend vor schhessung der Laad hinweggehen, auch kheiner mit einem Ge– wöhr (Gewere, Waffe, Anm. d. Verf.), sondern in Ehrbarkheit bey der Laad erscheinen". Nun wird man auch ermessen können (siehe oben) wie tiefgreifend bereits der Zwiespalt zwischen denTrattenbachern und derSteinbacher Messerer– Innung geworden war, da jene der Jahrtagsfeier sd1on zwei Jahre ferngeblieben waren. Für die straffe Zucht innerhalb der Zunft spred1en zwei Eintragungen in den Handwerksprotokollen. So wurde Bartholomäus Löschenkohl am 25. Dezem– ber 1685 „gestrafft wegen seiner üblen Reden beyn Meistermahl" und „Firmeister Andree Löschenkohll in Busse genommen am 2. Februar 1687 weill er fUT öffentlicher Lath (offener Zunft– lade, in übertragenem Sinne: vor versammelter Innung. Anm. d. Verf.) gescholten". In diesem Zusammenhang sei eine von vielen Eintragungen ins Handwerksbuch erwähnt, denen kulturgeschichtliche Bedeutung zukommt, da sie beweisen, wie die straffe Zucht der Zunft aud1 in das Privat- und Familienleben eingriff. Am 25. Dezember 1685 wm;den in Strafe ge– nommen: ,,Mathias Wendtner, ein Gsell und Stefan Leschenkohl, weil sie näd1tlicher Weill ohn Halsi.ud1 und Ybersd1lag aus dem Hauss gegangen ..." Nun aber wollen wir die Gegenwart in ihre Rechte einse~en; Herr Ludwig Hack jun., der uns in liebensv.rü.rdiger Zuvorkommenheit das Wesen seines modernen Betriebes näher bringi, verdient alle Aufmerksamkeit. Er ist heute Vor– steher der „Genossenschaft der Messerschmiede zu Trattenbach". Seine Vorfahren, seit dem 17. Jahrhundert im Tale ansässig, waren lange als Gehilfen tätig, bis es 1850 dem Franz Hack gelang, den Betrieb des Matthias Löschenkohl zu ersteigern und damit die heute weitbekaunte Firma Had<: zu begründen. Unter der zielbe– wußten w1d fachkundigen Führung des Ludwig Hack sen. und jun. erreichte der Betrieb seine heutige übenagende Form und Bedeutung. Er besteht heute aus Schmiede, Schleiferei, Hammer– werk, Drechslerei und Ffuberei (für den Holz– griff, das „Heft") und versd1iedenen Nebenbe– trieben . Uns, die ·wir heute historische Wege wandeln, hat am meisten das vollkommen stil– echt erhaltene Hammerwerk aus dem 16. Jahr– hundert mit seinem wuchtigen Schwanzhammer 1md die ebenso alte Schmiede zu sagen. 50 Mit Staunen vernehmen wir, daR es nicht weniger als 34 Erzeugungsvorgänge bedarf, um aus dem vom Böhlenv-erk kommenden Bessemer– stahJband und den klobigen Holzklö~en die ferti– gen Taschenfeitel herzustellen. Nahezu für jede dieser 34 Phasen gibt es teils größere, teils kleinere, meist aber handbediente Maschinen. Von dem erwähnten StahJband wird die Klinge in ihrer rohen Form herunter f?;estanzt, die sodann, nach Einprägung des Firmenzeichens, ins Ham– merwerk zur Breitung und sdiließlich in die SchJeiferei wandert, tun Sd1liff und Glanz zu erhalten. Daneben einher geht die Erzeugung des Heftes, das in seiner bunten Ffub1mg und ge– drechselten, gerillten Form dem Taschenfeitel seiIJ besonderes Gepräge verleiht. Je nach der erforder– lichen Länge werden vorerst mit der Kreissäge von Holzstämmen KJö~e heruntergesdmitten, diese dann zu Bretteln gekloben und aus ihnen die „Runclhözer" (rohe Fol'm des Heftes) heraus– gestanzt. In der Drechslerei erhalten sie ihre endgiiltige Form und den Falz zur Aufnahme der KJinge. Nun haben sie die im wahrsten Sinne des Wortes malerische Färberei zu durcheilen: sie versd1winden in einem riesigen, sd1wenk– baren Ffubebottich, den sie nach kurzer Zeit farbgesättigt verlassen - das weiche Holz nümnt die Farbe gierig und rasch auf- um sdiließlid1 auf gToßen Drahtrosten getrocknet und in einer - wieder sd1wenkbaren - Butte gescheuert zu werden. Wenn nun Klingen und Heft in säuber– licher Vollendung da liegen - bisher haupt– säcltlid1 Männerarbeit - tritt die ganze Familie auf den Plan, mn den Taschenfeitel zu „mon– tieren", d. h. die KJinge am Heft vermittels eines Ringes aus Eisenbled1 so zu befestigen, daR sie, um einen Stahlstift als Ad1se schwenkbar, nach fu.'t der Taschenmesserklinge, in den Falz des Heftes ei:ngTeifen kann. Herr Hack zeigt uns eiI1en Musterkarton, auf dem die verschiedenen heute gangbaren Arten der Taschenfeitel zu sehen sind. Kugel- , Obst– und Weiitlesemesser, der eigentliche Taschen– feitel, Preußisch- und Stierermesser (mit „Pfeifen– stierer" versehen), Bergstadtler, ja sogar Damen– messer. Sie untersd1eiden sich in Größe, in Form und Ffubun g des Heftes, Klingenbreite und - ausfi:ih.ruDg, werden ferner mit poliel'ien und unpolierten, glatten· und gerillten Heften bei-ge– stellt. - Zu viel fast und zu mannigfaltig ist das Gebotene für die heute bedeutend zugestutten Absa~möglichkeiten. Wm·en es doch ehemals neben der ganzen österreichisd1 - ungmischen Monarchie fast sän1tlid1e emopäischenStaaten und i:iberseeischen KuJturländer, die als Abnehmer in Betrad1t kan1en .Wenn aber dieser Verbraucher-

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