(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 3. Jahrgang, Winter 1936, Heft 2

Frnuensteiner Madomrn, rechte Stifterfiguren Lidilbilcl: Josef 1'urz. S,h lierba,h mittelbar aufgezeigt. Schon früher hatte man eine gewisse Stilverwandtsc:haft zwischen der Frauen – steiner Madonna und denWerken des Meisters der Ulmer Schule und Mitsd1öpfers des berühmten Blaubeurer Altares Gregor Erhart (geboren mn 1465) festgestellt. Erhart weilte 1509 in Augsburg, wo er an einem Reiterstandbilde Maximilians arbeitete. Von diesemWerke fertigte Hans Burgk– mair damals einen Holzschnitt an, weshalb anzu- 11 ehmen ist, daß er mit Erbart in Verbindung war. So ist es aud1 leicht verständlid1, daß Erhart die gleicbzeitigen Holzsdmitte Burgkmairs zmn Haller Heiltumbud1, von denen nur Probedrucke ange– fertigt ,,vurden, kennen lernen und sie als Vorlage für die Frauensteü1er Stifterfiguren benüqen konnte. Erbart dürfte die Madonna direkt ün Auf– trage. des Kaisers im Jahre 1510 für Frauensteü1 angefertigt haben. Diese Annahme begegnet zwar heute noch manchemZweifel, doch findet sie in der Chronik von Frauenstein eine gewisse Stüqe. Es ist vor allem erwiesen, daß Maximilian wohl zur Jagd gemein der weiteren UrngebungvonFrauen– steü1 weilte. Sieber beurkundet ist unter anderem sein Aufenthalt in Spital am Pyhrn nach eiern Brcmde von 1502. Im Jahre 1511 befindet sich der Kaiser in Klaus, also in unmittelbarer Nähe von Frauenstein , wo scbon seit 1488 eü1 Kird1- lein steht. Weim Gregor Erhart die Madonna ein Jahr vorher gesdrnffen hat, wäre es naheliegend, dafl sie beim Kaiserbesud1 1511 in Frauenstein aufgestellt wurde. Jedenfalls hatte Ma,-x.irnilian ein großes persönliches Interesse an Frauen– stein, da er im Jalire 1514 m einer Urkunde cl ie hohen Einkünfte der Wallfahrtskirche regelte. Zur Reformationszeit reillt der gescbichtliche Faden vollständig ab, da die Kircbe verfällt. Später erhält die Wallfobrt Frauenstein durch die kleine, legendenumwobene Gnadenfigur, die .r eqt auf dem Hochaltare steht, einen neuen mäcb– tigen Auftrieb. Wie aber aus einem in der Kirche befu1dlid1en Votivbild vom Jahre 1?05 hervor– geht, dürfte die Erinnerung an die, wahrscheinlid1 urspriinglicbe, Gnadenfigur der Sd.rnqmantel– madonna zu dieser Zeit noch lebendig gewesen sein, da auf diesem Bilde ni.d1t die neue, sondern d ie alte Gnadenfigur wenigstens im Motiv fest gehalten ist. Seit nunmehr 50 Jaliren steht die Scbuqmantelmadonna wieder in der Kird1e, aus der sie lange Zeit verbannt war. Wir aber stehen heute voll Staunen und Ehr– furd.it vor diesem Wm1derwerk, aus dem der fromme Genius emes durd.1 und durch deutscben Meisters und mit ilim der Zeitgeist semes Jalir– hunderi:s herübergrüfü ü1 1msere Tage. Wie em Mahnmal erscheint uns diese Madonna. Der große Staatsmann und ,vackere Ritter Ma,"'\:imilian sam– melt in Notzeit seine Gefreuen 1mter dem Scbuq– mantel Mariens. Mögen wir Heutigen druin jenes wahTe „deutsd.1e Wesen" erkennen , ,,an dem die Welt genesen soll". Möge es dank dieser Er– kenntnis aud1 bald gelingen m1sere „Kaiser– maclomia", wie sie in ein@m Aufruf der „Christ– Jid.1en Kunstblätter" 1936 aud.1 genannt wird, vor dem drohenden Verfall zu bewahren m1d dem großen Werke durd.i die bereits geplante Neuaufstellung wieder _jene Geltung zu ver– scbaffen, die ihm auf Gnmd seiner überragenden religiösen, künstleriscben und historisd.1en Be– deuümg zukommt. 41

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