(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 3. Jahrgang, Winter 1936, Heft 2

Die Schu~mantel– Madonna von Frauenstein Ein verborgenesWunderwerk deutschen Kunstschaffens in Oberösterreich Von Josef Kurz, Fachlehrer, Schlierbach Eine gute Gehsttmde von der an der Strecke Linz-Selztal gelegenen Station Klaus, unweit der ersten Haltestelle der Steyrtalbahn und mit dem Auto von allen Richtungen her leicht erreichbar, liegt die weithin verstreute Ortschaft Frauenstein. Vom Gipfel eines der vielen grasüberwucherten Hügel grüßt schon von weitem das gotische, spiQ– üirmige Kirchlein „Unserer Lieben Frau am Stein" Kaiser Maximilian I. und Ritter Florian Walclauf Lichtbild: Josef Kurz, Schlierbad, üher die abweisend ,vilde Steyrschlud1t heriibei·. Hinter dem Kranz dunkelbewaldeter Berge, der sid1 um das helle Hügelgelände des Vordergrundes sdilingi, ragen im Süden die Felsgehänge des Sengsengebirges und weit im Hintergrund das stolze Haupt des Geoßen Priel empor. VonWesten dräut die wuchtig aufstrebende Kremsmauer her– über. Die Anmut der freundlichen Hügelland– schaft steht im wirkungsvoll en Kontrast zur Er– habenheit der mnliegenden Gebirgswelt tmd nicht ganz mit Unrecht wird der Anblid< von Frauen– stein gegen den Großen Priel sogar mit dem klassischen Landschafisbild von Heiligenblut mit dem Großglockner verglichen. Diese herrliche Landschaft ist so recht di e würdige Fassung· für das einzigartige Kunst,juwel, das im sdunucken Wallfahrtskiedilei.n von Frauenstein wohlgeborgen ruht - das hehre Bild Unserer Lieben Frau - die Schu4mantel– mad01ma von Frauenstein. Man mag landauf und landab gehen, nirgendwo findet sich ein MaTienbild von so großer Vollkommenheit und mitRecht verdient es denEhrentitel des „schönsten Liebfrauenbildes von Oberösterreich". Wenn man noch darüber hinaus das Frauensteiner SchniQwerk als Einzelplastik den SpiQenwerken deutscher Kunst dieser Art überhaupt an die Seite stellt, so hat man ihm nur den Rang eingeräumt, der ihm eigentlich gebührt. Wenn die breite Offentlichkeit dennoch von der Existenz dieses \Verkes und seiner Bedeutung so überrasd1end wenig Kenntnis besiQt, so mag dies zunächst in dem bescheidenen Aufstellungs– orte, einem etwas abseits gelegenen Bergkird1lein liegen, dod1 wäre aud1 zu bedenken, dafl die Figur eigentlid1 erst vor wenigen J abrzehnten von den Kunstkennern sozusagen wiederentdedct wurde. Bis 1886 stand sie in völliger Vergessenheit auf einem Kasten der Sakristei. Der kunstsinnige Pfarrherr Paul Radauer stellte sie gelegentlich einer Krrd1enrenovierung auf ihren jeQigen Pla4 links vom Hochaltar, wo sie infolge geringer Zugänglichkeit leider nod1 immer wenig beachtet wird. Die km1stliebenden Kreise Oberösterreichs wurden erst durd1 eine Shldie von Dr. Gustav Gugenbauer im Jahrgang 1925 der „Christlichen Kunstblätter" auf das Werk so recht aufmerksam. In der Folge befaßten sich dann Karl Feuchtmayr ]5

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