(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 3. Jahrgang, Winter 1936, Heft 2

Aber auch Waschbecken und Salznäpfe, Leuch– ter, AmpeL1, Löffel, Vasen, Schreibzeuge, Essig– und Olgestelle, Kaffeegese:hirrc, Rats- und Meß– kannen, Pulvedlaschen und Ziborien wurden aus diesem biegsamen und in seiner Erscheinung so blanken Material hergestelJt, so daH man sagen kann, daß dieses damals den Menschen vom zinnernen Kinderspielzeug bis zum Zinnsarg durch sein ganzes Leben geleitete. Während die Renaissance und das Barock die Oberfläche der Zinngeräte durch den Reliefguß sowie durch die Gravierung zu beleben trachteten , bringt das Rokoko wieder den glatten Guß mit muschelförrnigen, gedrehten und geschwun– genen Flächen zu Ehren und verhilft dadurd1 dem schönen Silberglanz des Materials zu seiner vollen Wirkung. Wie stattlich nahm sich die gesd1weifte Suppensd1üsseJ, der Teller mit ge– schweiftem Rand und der vielfad1 gebuckelte Rokokoleuchter auf dem leinenen Tischtuch aus! Vornehmlich wru:en es böhmische Zinngießer, und zwar vor allem die Meister von Sd1laggenwald und Karlsbad, die das effektvolle Rokokozinn– gerät herstellten und auch in 1rnseren Gegenden vertrieben, wie sein reiches Vorkommen bei uns b eweist. Noch im Zeitalter des Klassizismus behauptet sich das Zinn, und zwar vor allem in den beliebten , vasenartigen Kaffee- m1d Mild1kannen mit den mit grünen Lederstreifen überzogenen Henkeln, in den Zuckerdosen von antiker Form, in den Kerzenleuchtern und Schreibzeugen . Aber als Trinkgerät muß jei~t der alte Zinnhmnpen dem Glaskrügel (zunächst 11och mit Zinndeckel) und dem birnförmigen Majolikakrug weichen, und das Tisd1gesdürr wie Teller und Schüsseln wird nicht mehr aus Zinn sondern aus PorzeHan und Stein– gut hergestellt. Im l 9. Jaluforndert begann die Produktion sich auf die Erzeugung von Zinn– deckeln fiil· Trinkgläser und Mostkrüge zu be– schränken; und heute sind die alten ZinngieHer von den Verkäufern der Fabrikware abgelöst. Die Meister des Zinngießerhandwerks in Ober– ö s t erreich hatten in Linz ih re Lade. Das oberösterreichische Landesarchiv besi~t zwei von dieser Lade henührende Protokollbiicher mit Meisterverzeichnissen und Einschreibungen und Freisprechungen der Lelujungen, die sich von l 596 bis 1. ??3, also über die Zeitalter der Renaissance, des Barock und Rokoko erstrecken. Mit Rüfe dieser Aufzeidmungen war es möglich, 28 die Meistermarken der S am m 1 u n g ob er– ö s te rr ei c hi sehen Zinns im Landesmuseum, und zwar sowohl der Linzer Meister, als auch der „Landmeister" aus Eferding, Enns, Gmun– de11 , Lambach, Steyr und Wels aufzulösen, zumal _ja die „Besdrnuzeichen" (womit die geschworenen Meister den Vollgehalt der eingereichten Ware bestätigten und sie für den Verkauf frei machten) mit ihren Ortswappen die jeweilige Produktious– stätte angeben. Nicht hloR im oberösteneichischen Landesmuseum sind Werke dieser alten ober– österreidnschen Zinngießer erhalten, sondern auch n anderen österreichischen und dentschenMuseen sowie in Privatsammlungen. Aber die weitaus größte m1d wertvollste Aufsarnmhmg vonArbeiten des alten Zinngießerhandwerks in Oberösterreich befindet sich als Ergebnis einer über mehr als hundert Jahre sich erstreckenden Sammelru·beit im Linzer Landesmuseum. Naturgern.äß sind die L in zer Zinngießer am reichsten vertreten. Das älteste und wertvoHste Stüd(, die groRe „Sdileifkanne" der L inzerRiemer vom Jahre 1512, haben wÜ' bereits erwähnt. Welcher Meistername sich hinter dem „W" ihres Meisterzeichens verbirgt, können wir nicht sagen, da die oben erwähnten Protokolle nicht so weit zurückreichen. Während sie noch spätgotische Formen aufweist, zeigen die Trinkkfümchen der gleichfalls dem 16. Jahrhundert angehörenden Linzer Zinngießer Leopold K a 1 c her m1d Isaak Widemanu die typische, elegante Trompeten– form der Renaissance. Georg H ä m b 1 wird 1634 Meister, arbeitet also anfangs gleichfalls nod1 im Stil der Spätrenaissance. Von ibin besi~t das Musemn einen Altarleuchter von schnittiger Form und schön er Patina. Der Friihbarocke gehört Georg Voglma yr an , von dem die Zinnmon– tierung einer vieledci.gen Serpentinflasche mit Sduaubenverschluß herriihrt. Ferner Anton i. Pamb erger, der im Fund von Schwanenstadt mit einer originellen sechskantigen Schraub– flasd1e mit Januskopf vertreten ist. Von ihm stanunt auch die reich gravierte Schi:issel mit flachem, breitem Rand, die im Grunde eine Dar– steJlung des „Ecce homo" und am Rande solche der Verkündigung und der Kreuzigung zwischen stilisierten T1ilpenranken m.it Cherubim aufweist (Datierung der Gravierung: 1683). In dem leQt– genanuten · Jahre wurde Jacob Maufhieder Meister, von dem ei ne schwere Kanne mit dem typischen kraftvollen, schnauzenförmigen Ausguß und eine schön e „Stegkanne" da s ind ; die le~tere

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