(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 3. Jahrgang, Winter 1936, Heft 2

Der St ie r als Trinkgefä f!. Ilerbergzeiche n ein e r F leischh aue rgilcl e in Oberösierrei d1. JS. Ja hr– hund ert Lid11bild : A. Sd,wa rz. Li11 1. F igu ra les Zunfi-Z irrngeräi au s Ob erösterreid1. O ben : Webersch iffchen von Sd1ö rflin g, 1716 ; links trnten: Halbsdrnh der Sd1u ster in Bad lsd1I: 1·edits unten: tiirkisd1e r Pan to ffel H>n 1692 Lichtbild : A. Sd 11,ar,. Li11 z der Römerhelde n Horatius Cod es und Matcus C urtius, dazwisch en Kampfüzenen und ein T riumphzug (nach Georg Pencz, Hai1s Sebald ßeham und Virgil Solis). Das Ni mbergerH.eli efzinnset}te sich noch in den ersten Jah.rzehnten des 1. ? . Jahrlrnnderts in charak– teristisch en Aibe iten fort, die j edem Zinnsamm– Le1· wohlbekannt sind , bis die im Gefolge des Drei.fügjährigenKr ieges einhergehendeVerarmung der kostspi eligen Produktion e in Ende machte. Ich meine all di e Schöpftmgs-, Verkündigungs-. Aufers tehungs- und Apostelteller, dann die Kai– ser- , Kmförst en-. Gustav Adolf- und Schii~e n– tellei-. die im Rund des Fond und auf den flachen Rändern Reliefdarstellungen von biblischen Sze– nen und Persönlichkeiten, oder aber Reiterbild– nisse de r deutschen Kaiser, der Kurfürsten und zule~t aud1 Gustav Adolfs und seiner Geneüile aufwe isen. Das Landesmuseum darf sich des Besit~es einer ganzen Reihe bemerkenswertet und schön e rhaltener Arbeiten der hi er hauptsächlich in Betracht kommenden Nürnberger Ziimgießer Paul Oham d. A. , Paul Oham d. J., Georg Schmauß. Hans Spa~ II. und des „Meisters mit dem Dolche" ri.ihmen. In der Barod<e, also in der zweiten Hälfte des J? . und ersten I-fölfte des 18. Jalufamderts, tritt als Fläch enverzierung der Zinngeräte an die Stelle des kostspieligen Reliefgus ses aus gestochenen Formen di e einfad1e oder „gefledielte" Gra– v i e rung. Das Musterbeispiel einer stilvollen Geavierung ist die mächtige Barockschüssel mit flach em Rand aus dem Jahr J692 von dem H. e g e n s burg e r Zinngießer Daniel lJberschai·. Der Rand ist mit stilisierten Ranken aus den beiden Lieblingsblumen det Ba1:0ck:e, Nelke und Tulpe, iiberzogen, di e Darstellung im Fond ver– herrli cht symbolisd1 di e Elte rnli ebe : ein Pelikan. dei· si c-h mit dem Schnabel di e l3mst aufre ißt, um mit dem Blut seine Jungen zu niibren. Wir haben es also be i dieiier Schüssel vermutlich mit der Widmung dankbarer Kinde1· an ihre Eltern zu tun. Eine kle inere, um clreifügJabre ältereSdüi ssel vo n dem R.egensburger Zinngießer Andreas Prun stere1· zeigt in ihrer Rankenomamentik zierlid1ere, der Renaissance näher stehend e Formen ; die DaT– stellung eines im Feeien si~enden, kosenden Liebespaares in vornehmer TracM deutet auf die Verwe ndung als Brautschiissel. Ein mächtige r N iir nb er g er Barodchmnpen von Joharm Wolf– gang Pin~, der 1?21 Meist e r ·wm·de, ist mit der Darstellung der hl. Jungfrau als 1-ümmelskönigin und Patrona Bavariae an der Vorderwand ge– sdunückt. All e übrigen Fläch en sind mit reichem barockem Blumenrankendekm: überzogen, der hier ab und zu vom Muster des bayrischen Rautenschildes unterbrochen wird. In der zweiten Hälfte des 1 ?. Jahdmnderts war das Zinn im Hausgerät des deutschen Bi.Lrgers vorhen schend. Einen anschaulichen Beleg dafür liefert der voi- 16?0 anzuse~ende „Schwanen– städter Fund". Hier sind nidit blofl di e Suppen– und Fleisditeller und die reid1 gravierten Krüge und Sdnaubflaschen (darunter e in e in der Spät– renaissanceform der Handlaterne), sondern auch Nadittopf und Mil chsaugfläschch en aus Zinn! 2?

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