(Kulturzeitschrift) Oberösterreich, 3. Jahrgang, Winter 1936, Heft 2
GaRlhöhle, Vorhänge Lid1tbild : ßriider Lenz, Dobl bei (.;raz im Osten an des Mittagskogels Türe und ver– lassen ihn im Westen, stehen abermals in Licht und Griin! Ehe wir der Wunderwelt der Dachsteinhöhlen Lebewohl sagen, wandern wir iu Obertraun von der Koppenbriick.e am linken Ufer de r Traun durch. Bergwald ein kleines Stiickchen stromauf– wäds. Das klare, schöne Wasser rauscht, j enseits rast der elektrische Zug von Ort zu Ort, ein Tunnel verschluckt ihn. Diesem gegenüber bi egen wi!' in die romanti sche Sd1lucht des „Koppen– briillers" ein. Riesenbäume stehen an der Seite, Moose bilden Smarngdteppid1e an den Wänden, Wasser und Mahlsteine haben große m1d kleine Kessel gedrechselt. E in sd1warzes Portal gähnt. Heute kommt nur ein schwacher Wasserfaden heraus. Zur Schneeschmelze, nach tagelangem Regen kann er zum wilden Tier werden, das di e Koppenschlncht mit wahnsinnigem Briillen erfiillt. Aud1 hier i n der Koppenbri.illerhöhle be– wundern wi1' di e gigantisdie Kraft des brausen– den Wassers, wandern durd1 Gä11ge und enge Klammen, hören tief unter uns Brausen und Briillen, fühl en alles erzittern , stehen vor Tropf- 22 steinen, die in abenteuerlichen Gestalten Decke und Boden zieren, erschaudern vor dem ge– waltigen Tosen des unt erirdisch.en , aus dem Fels schießend en Wasserfalles, kommen in Hallen, die milchweißer und rostroter Sinter dedd, bewun– dern diese Höhlenkinder in Jugend m1d Alter , können uns kaum losreißen und atmen dann doch ·wieder die linde Luft des Trauntales. Doch nicht nur der Dad1stein birgt eine zauber– hafte Unterwelt, anch im st einernen Schofle der schlafenden Griedu:n , ehe übe.r den Trmmsee die Reisenden der elektrischen Salzkammergutbahn grüßt, wartet ein tmterirdisches Wunder auf unseren Besud1 . Entlang dem Rindbachgraben auf breiter Fahr– straße verlassen wir den smaragdgriinen Traw1- see und wandern zwischen Felswänden und dem rauschenden Bach allmählich höher und höher, dann folgen wir durch Wald und über Ahnen einem alten Jägersteig m1d stehen nach 2½ Stun– den vor einem wud1tigen Bogen aus wettergrauem Kalkstein, dem Portal der Gaßlliöhle, dieses bizarren Reiches der Sinterbildtmgen tmd der Tropfsteine. Wir sdireiten auf trockenen Wegen und nur zögernd gibt der Berg im Scheine . der Handlampe seine Geheimnisse preis. Säulen und steinern e Palmen wachsen hinauf zu einer Kuppelwölbung, aus der zauberhaft geraffte Vor– hänge aus Stein herniederzuschmettern scheinen. Seltsamste Gebilde geistern in den Labyrinthen derSeitengwtten. Da sieht man die Fittiche eines steinernen Adlers, ein e ganze Herde grotesk er Fa– belwesen, ze rfurchte Häupter von Bergdämonen, eine Schacykammer voll sonderbarer St einb il– dnngen, die halb Tiere, halb Pflanzen zu sein sd1einen. Ri esige Tropfsteinvorhänge wall en über finsternisumhüllte Abgriinde und wie ein schim– mernder Palast aus durchscheinendem Alabast er leuchtet im Sd1eine des Magnesiums diese ge– heinmisvolle Welt auf. Es wi:irde zu weit führen, alle diese bis 4 m hohen Tropfsteingeb ilde und Sinterbrücken aufzuzählen, welche dieSdtluchten, Gänge und Dome di eser Zauberwelt beleben. D er Himmel wölbt sich wieder über uns. Wir leben aber noch in der Unterwelt. Uns ist ihr Zaube r offenbar geworden, uns hat sie il1Te Schacykamrner geöffnet, w1s ihre wunderbaren Schäcye gezeigt, d ie wir nie vergessen könn en, die zu den lehrre ichsten und kostbarst en u nserer österreicluschen Heimat gehören !
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